"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Samstag, 5. September 2015

Backpacking im Balkan – 3. und letzter Teil: Montenegro und Kroatien

Laaang laaaang hat es gedauert, bevor ich die Zeit und Muße fand, diesen finalen Teil meines Balkan-Backpacking und per-Anhalter-Abenteuers zu verfassen. Aber ich kann keine neue Sache anfangen, bevor ich nicht die alte beendet habe. Neue Reispläne sind bereits geschmiedet und werden hier bald verraten! Kleiner Tipp: es geht in ein mir bereits bekanntes und sehr lieb gewonnenes Land zurück.
Doch vorab möchte ich gern noch von meinen Erlebnissen in Montenegro und Kroatien berichten.

Zur Erinnerung: Mit Momo, dem montenegrinischen Polizeichef war ich in die Hauptstadt Montenegros, Prodgorica, getrampt. Nach einem Getränk und Plausch mit seinem Neffen und ihm, fuhr mich der Neffe dann zu meiner Gastgeberin für diesen Abend.

Podgorica (27.-28. August 2015)

 

Für die Hauptstadt hatte ich nur einen Tag und eine Nacht eingeplant. Ich wusste, dass sie nicht sonderlich viel zu bieten hat, und dennoch wollte ich sie sehen, weil sie doch so anders ist als die touristische Küstengegend. 

Am Abend traf ich mich mit Roya. Sie ist ursprünglich von den Virgin Islands - das an sich war schon super spannend. Darüber hinaus machte sie in Podgorica einen Freiwilligendienst mit einheimischen Jugendlichen. Und sie fällt im Stadtbild auf, weil Roya dunkelhäutig ist. Und das ist in Podgorica eine Seltenheit. Die Leute reagieren entweder unsicher oder mit Neugier auf sie. Die Männer sind entweder zu schüchtern sie anzusprechen oder sind zu offensiv. Jedenfalls war es sehr interessant, mir ihre Erfahrungen anzuhören. 

Wir sind am Abend zu einem "cultural evening" gegangen. In einem Kulturzentrum präsentierten internationale Studenten ihre Länder mit Info-Ständen und landestypischem Essen. Wir waren leider etwas spät dran, da war das Beste schon weg. Aber es war eh mega heiß und so hielt sich der Hunger in Grenzen.
Im Anschluss sind wir noch etwas trinken gegangen. Ferne Bekannte von Roya gesellten sich zu uns und wir hatten einen netten Abend. In Montenegro ist es noch so, dass der Mann die Rechnung übernimmt. Da konnten wir noch so viel protestieren, da ließen sie nicht mit sich verhandeln. Wir zogen dann mit den Jungs noch in eine andere Lokalität. Sie luden uns noch auf einen Umtrunk zu sich nach Hause ein, aber Roya und ich wollte da nicht versacken. Weil Roya etwas außerhalb wohnt (und zudem auf einen Hügel), entschieden wir uns, ein Taxi zu nehmen. Das konnten wir super modern über die App "Viber" bestellen, es kostete entspannte 1,50 Euro und war jeden Cent wert :D Dann hieß es die verdammt heiße Nacht ohne Klimaanlage auf der Couch von Roya zu überstehen. 

Am nächsten Tag sind wir noch etwas durch die Stadt geschlendert. Ich habe gleich meinen Rucksack mitgenommen, weil ich an diesem Tag gleich in den nächsten Ort ziehen wollte. Den durfte ich zum Glück kostenfrei bei einem Hotel abstellen. 
Ausblick von Royas Haus
zentraler Platz in der Stadtmitte

Wir aßen traditionell Chevapi und danach ein Eis. Ich war mal wieder ein Glückskind: Mein künftiger Gastgeber in Bar, Cihan, war an dem Tag geschäftlich in Podgorica unterwegs und sackte mich zusammen mit seinem Kollegen gleich ein. Ich drückte Roya ganz doll und freute mich doch schon sehr auf die Küste, Strand, Meer und auf eine Abkühlung.


 

 

Bar (28.- 30.August 2015)


Cihan war ein absolut toller Gastgeber. Nicht nur, dass er mich 50 Kilometer aus der Hauptstadt abgeholt hat...bei ihm zu Hause erwartete mich eine schicke klimatisierte Wohnung und ein kühles Getränk. Cihan ist türkischer Herkunft und arbeitet seit ein paar Jahren im Hafen von Bar. 

Am Abend besuchten wir gleich noch eine der Sehenswürdigkeiten von Bar: die alte Festungsanlage bzw. Altstadt (Stari Bar). Cihan und ich fuhren auf seinem Motorrad dahin. Dann gab es einen kleinen Abendsnack vom Bäcker unter der Wohnung, die super zentral gelegen war. 















Cihan ist ein sehr unternehmungslustiger Mensch und so sind wir am Abend noch zu einer Salsa/Lateinamerikanischen Nacht gegangen. Gegen 22 Uhr war noch nicht allzu viel los. Doch peu á peu
kamen die Tanzwütigen zusammen und zeigten, wie man die Hüfte schwingt. Ich bestellte einen Campari-Orange und wie in Montenegro üblich, bekam ich beide Sachen separat voneinander serviert.

Die Musik und Stimmung steckten mich an und ich hatte gehofft, zum Tanzen aufgefordert zu werden. Aber dann kam es noch viel besser: Ein paar der hervorragenden Tänzer stellten sich in die vorderste Reihe und alle Leute konnten ihnen dahinter nachtanzen. Da musste man mich nicht mehr bitten.
Cihan war erst reserviert, konnte sich dann aber auch aufraffen und so hatten wir einen tollen Abend.

Am Samstag wollte ich dann gern ans Meer. Zuvor hatte mich Cihan mit einem sehr üppigen Frühstück
glücklich gemacht. Bar hat nicht sooo schöne Strände. Der Schönste Montenegros soll an der Grenze zu Albanien, in Ulcinj, liegen. Das waren ca. 26 Kilometer Küstenstraße, die wir wieder mit dem Motorrad zurücklegten. Cihan hatte leider nur einen Helm, den er mir anbot, aber ich vertraute ihm sehr und überließ ihn ihm. Die rasante aber dennoch sichere Fahrt zerzauste mein Haar und ließ meinen Körper kribbeln, als wir ankamen, so flink waren wir unterwegs.

Der Strand gilt von den Einheimischen deshalb als schönster, weil er einen sehr feinen Sand hat. Das Wasser war sehr lange sehr flach, sodass das Schwimmen etwas schwer war. Und dann war da noch der Wind. Sehr starker Wind in Kombination mit sehr feinem Sand ergibt sehr schlechte Laune bei mir, weil der Sand überall war. Ich hatte mein Gesicht auf der Liege immer vom Wind weggedreht und so ließ es sich dann doch etwas entspannen.

Am Abend hielten wir noch am Supermarkt an, weil Cihan mir ein typisch türkisches Abendmahl bescheren
wollte. Er hatte dazu noch einen Freund eingeladen. Ich hatte mir die Haare gewaschen und selbst dann war Cihan der perfekte Gastgeber, weil er tatsächlich einen Fön hatte, obwohl er selbst keine Mähne hat :D
Der perfekte Gastgeber!
Das Problem war nur, dass es im Bad keine Steckdose gab. Das war auch nicht das erste Mal, dass mir das auffiel. So föhnte ich sie mir in meinem Gästezimmer. Ich hatte eine Haarspange dabei, deren Spannscharnier rausgesprungen war. Ich wollte es wieder reinpressen, war aber nicht erholgreich. So bat ich Cihans Freund, ob er sich das mal anschauen könnte. Er hatte sie keine Minute in der Hand, machte einen Griff und dann hatte ich zwei Teile. Er entschuldigte sich überschwänglich für das Zerbrechen aber ich musste nur lachen und meinte, dass sie so oder so kaputt war. Doch Cihans Freund konnte das nicht auf sich sitzen lassen, stürmte aus der Wohnung und kaufte mir in einem Schmuckladen ein ganzes Set neuer Spangen. Wie kann ich denn jemals solch einer Gastfreundlichkeit gerecht werden?

In der Nacht sind Cihan und ich ins 40 Kilometer entfernte Budva gefahren, um dort an der "Closing party" von der Disco "Top Hill" teilzunehmen. Dieses Mal waren wir aber mit dem Auto unterwegs. Die Location vom "Top Hill" ist eigentlich recht schön. Halb oben offen, große Bühne, gute Soundanlage und Lichttechnik. Nur störte mich dort, dass es keine richtige Tanzfläche gab, sondern nur Stehtische, um die man sich versammelte. Das kannte ich noch aus Laos. Deshalb kam auch leider keine übermäßig kochende Partystimmung auf. Jeder steht an seinem Tischlein und tanzt dort. Schade drum! Eine Erfahrung war es allemal. Noch viel mehr der kurze Halt im Casino. Innerhalb von ein paar Minuten verzockte mein Gastgeber 100 Euro beim Roulette. Er nahm es mit Humor, ich war erstaunt.

Auf dem Rückweg wurden wir von der Polizei kontrolliert, vor der wir schon durch eine Lichthupe gewarnt worden sind. Cihan musste eine Alkoholkontrolle machen, seine Papiere wollte aber niemand sehen. Und so durften wir dann weiterfahren.

Am Sonntag schliefen wir aus. Das konnte Cihan besonders gut. Ich wollte noch den Tag ein bisschen nutzen und zu dem Steinstrand in Bar schauen, doch Cihan schlief noch, sodass ich allein loszog. Das war gut so, weil mein Gastgeber nicht vor 14 Uhr ansprechbar war :D Ich kam zurück zur Wohnung, machte mich frisch und packte meine Sachen, bevor ich weiterzog.

Budva, Kotor und Perast (30.-1.September 2015)

 

Nun galt es, die Anhalter-Qualitäten Montenegros herauszufinden. Es wäre eine Leichtigkeit gewesen, mit dem Bus ins 40 Kilometer entfernte Budva zu fahren. Aber mein Plan war es ja mittlerweile, den gesamten Trip zu trampen und so war Cihan so lieb, mich bis zu einem guten Anhalter-Punkt zu fahren und ich hielt mein Schild hoch. Die Autos fuhren an mir vorbei.

Es dauerte ein Weilchen und ich zweifelte schon wieder etwas, weil die Sonne am Untergehen war, da nahm mich dann ein junger Bursche mit nach Budva. Er ließ mich an einer Seite der Uferpromenade raus und ich musste zur anderen. Mit meinem Backpack bei 30 Grad lief ich im Slalom durch die Menschen und war froh, als ich endlich Micky traf.

Micky war mein Gastgeber in Budva und ich war mehr als froh, dass er mich akzeptierte. Budva ist eine Touristenhochburg, es gibt zwar einige Hosts bei Couchsurfing, aber die erhalten alle immer so viele Anfragen, dass die Chance schon sehr gering ist, dass man einen Schlafplatz erhält. Dazu kam Micky auf seinem Profil sehr streng rüber. Er erhält Meeeengen von Anfragen jeden Tag und ist verständlicherweise mehr als genervt von irgendwelchen kopierten Standard-Floskeln, die Couchsurfende ihm schicken. Deshalb hat er ein sehr ausführliches Profil, das der Gast schon sehr genau lesen musste, weil es quasi preisgab, wie man die eigenen Chancen erhöhen konnte.

Und so landete ich bei Micky. Ein super extrovertierter, easy-going Typ, Tourguide und homosexuell. Welch interessante Mischung! Gentleman-like trug er mir den Rucksack zu seiner Wohnung. Diese war klein und dunkel, sein Herz groß und warm. Micky und ich scherzten miteinander. Er stellte mir einen Schnaps als Begrüßung auf den Tisch und zückte seine kleine Gitarre. Dann sang er. Und er sang gut. So gut, dass ich meine Scheu überwand, mir eine Rassel schnappte, ihn im Takt begleitete und die Refrains mitsang. Das ging ein Weilchen so. Dann kochte Micky für uns. Fisch. Großartig. Und weil wir uns so gut verstanden, schlug mir Micky vor, mich am nächsten Tag mit nach Kotor zu nehmen. Dort würde er eine Kreuzfahrtschiff-Touri-Gruppe durch die Stadt führen. Ich wollte sowieso dahin, also stimmte ich freudig zu.

Allerdings mussten wir 7.30 Uhr in Kotor sein, d.h. 7 Uhr Abfahrt in Budva. Aber besser hätte es mich nicht treffen können, so sah ich diese imposante Stadt, als sie noch Schlafsand in den Augen hatte. Die Straßen waren leer, die ersten Geschäfte öffneten ihre Türen. Kotor erwachte.



Mittags wollten wir uns wieder vor Ort treffen, dann durfte ich Mickys Stadtführung mitmachen. Da ich unbedingt auch noch das Örtchen Perast sehen wollte (12 Kilometer von Kotor entfernt), entschied ich mich da erst einmal hinzufahren und Kotor dann später mit Micky anzuschauen.

In Kotor selbst musste ich schmunzeln, weil ein junger Franzose mit einem Hund rumalberte, der Micky und mich am Morgen auch schon von oben bis unten beschlabbert und bespielt hat. Jetzt war der Franzose ihm verfallen. Ich stellte mich an die Straße und hielt den Daumen hoch, da hielt ein Auto und eben dieser Franzose war es, der mich dann mitnahm. Olivier war Anfang 20, verbrachte seinen Urlaub in Montenegro und war auf den Rückweg nach Frankreich. Alles mit dem Auto. Da er aber noch Zeit hatte, bevor er erste Mitfahrer in Kroatien einsammeln wollte, ließ er sich von meiner Beschreibung von Perast so entzücken, dass er sich kurzerhand entschied, mitzukommen. Es lag ja eh auf dem Weg.

Perast 

Wir liefen durch das kleine Örtchen und es war richtig schön: Meer, Berge, Idylle. Im Meer zwei kleine Inseln. Es gab Shuttle-Boote dahin, aber eigentlich wollte ich gar nicht unbedingt auf sie rauf. Auf der einen gab es nämlich einen Park mit einem Haus - diese Insel war aber nur teilweise zugänglich, und auf der anderen eine Kirche. Mich reizte viel mehr das Paddeln im Meer zu den Inseln. Olivier holte seine Schnorchelausrüstung und wollte so lange im Meer schnorcheln. Gesagt, getan!

Ich paddelte eine halbe Stunde auf dem Meer herum, was auch genug war, weil die Sonne sich immer stärker bemerkbar machte. Es war mittlerweile 10 Uhr morgens. Olivier und ich haben noch ein bisschen geschnackt. Er wollte sich zum Wasser bücken, rutschte auf der mit Algen belagerten Stufe aus und glitt Stufe um Stufe ins brusttiefe Wasser herab. So schnell konnte ich gar nichts machen. Zum Glück hatte er sein Handy aber in der Hand und nicht losgelassen. Dafür waren die Zigaretten und der Autoschlüssel in der Hosentasche. Aber es war ein altes Auto ohne Zentralverriegelung. Olivier holte sich ein paar üble Schrammen, hatte aber Desinfektionszeug dabei. Ich half ihn, alle Kratzer zu versorgen. Dann holte er sich Wechselklamotten und klemmte seine nassen im Autofenster ein. So machte er sich auf den Rückweg. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, weil er ja nur wegen mir hier war. Aber ich glaube mittlerweile kann er auch drüber lachen ;)


Der Weg zurück nach Budva verlief ohne Komplikationen, ein älterer Herr mit großem Auto und angenehmer Klimaanlage nahm mich mit.

Kotor

Zurück in Kotor musste Micky noch auf die Tourigruppe warten, sodass ich selbst durch die Gassen der Stadt ging und mir dann noch etwas zum Mittagessen kaufte. Der Ort war wie ausgewechselt. Das Kreuzfahrtschiff nahm den ganzen Hafen ein. Noch nie kam ich einen Ozeanriesen so nah. Das war schon beeindruckend. Weniger toll war dafür, dass sich jetzt Massen an Touristen durch die Gassen des Ortes quetschten. Irgendwann traf ich dann Micky und schloss mich seiner Tour an. Am frühen Nachmittag sind wir wieder zurückgefahren.

Micky hatte noch irgendetwas zu tun. Er vertraute mir aber die Haustürschlüssel an. Ich wollte mir noch Sveti Stefan anschauen, eine 5km von Budva entfernte Insel, auf der eine kleine Ortschaft erbaute wurde, die jetzt aber leider ein kompletter Hotelkomplex ist und für den man 20 Euro zahlen muss, wenn man die Insel besichtigen möchte. Mir reichte der Blick darauf, zumal die Sonnenuntergänge an der Küste echt atemberauebnd waren.

So stellte ich mich wieder an die Straße, dieses Mal aber ohne Erfolg. Nach einer ganzen Weile kaufte ich mir ein Busticket. Aber auch dieser verdammte Bus kam einfach nicht. Es war brütend heiß, kein Schatten in Sicht. Da überkam es mich, ich gab das Busticket zurück und versuchte es an einer Kreuzung nochmal. Nach ein paar Anmachsprüchen kreuzte Marco meinen Weg.

Mir fiel sein deutsches Kennzeichen auf, was hier ja aber nicht viel zu bedeuten hatte, da viele Einheimische Urlaub in Montenegro machten, aber in Deutschland arbeiten. Marco sprach jedenfalls deutsch und nahm mich ein Stückchen mit. Das Schicksal meinte es mal wieder gut. Marco fuhr bis auf den höchten Berg, weil er im Kloster dahinter seine Oma besuchen wollte. Er ließ mich an der Klippe heraus, von der aus ich sowohl die Insel als auch den Sonnenuntergang sehen konnte. Mit mir war ein Pärchen vor Ort, doch die gingen noch vor dem Sonnenuntergang. Ich habe sie wohl gestört.


Sveti Stefan
Doch das war mir ganz recht, so konnte ich diesen Moment, in den Endzügen meiner Reise, in vollen Maßen genießen. Ich hatte mir Marco verabredet, dass er in ca. einer Stunde mich auf dem Rückweg wieder mitnahm. Es wurde dunkel. Und es war ziemlich einsam dort. Aber am schlimmsten waren die blöden Mücken, die sofort kamen und mich anzapfen wollten. Da blieb mir nichts übrig, als mich zu bewegen. Und so nutzte ich den Sonnenuntergang auf dem Berg in Budva, um nach 2,5 Wochen Rucksackurlaub mal wieder ein paar Sportübungen zu machen.

Marco kam wie versprochen und lud mich für später noch in eine Bar ein. Das musste ich aber absagen, weil ich zum einen mit Micky verabredet war und es mir andererseits nicht gut ging. Ich unterhielt mich noch mit Micky, wir führten ein sehr intimes Gespräch, er antwortete mir offen auf alle meine neugierigen Fragen. An diesem Abend ging ich jedoch früh zu Bett, weil mein Kopf fast explodiert wäre. Micky bot mir zwar vor dem Zubettgehen eine Schmerztablette an, aber die lehnte ich ab, in der Hoffnung, dass es mir mit dem Einschlafen besser gehen würde. In der Nacht wurde ich aber wach und es war nicht besser, im Gegenteil.
Micky schnarchte auf der Couch, ich wollte ihn nicht wecken. Wie ich da so wach war, überkam mich plötzlich eine Übelkeit und ich musste ins Bad. Danach ging es zum Glück wieder besser. Hatte ich einen Sonnenstich?

Den letzten Tag in Budva verbrachte ich in der Altstadt und an der Touripromenade, die ich die Tage davor vermieden hatte. Zurecht, weil es auch tagsüber sehr anstrengend war, sich durch Touristen und Touristenstrände zu kämpfen.


Marco hatte mir angeboten, mir am letzten Tag den für ihn schönsten Strand zu zeigen. So sammelte er mich gegen 14 Uhr mit dem Auto ein und wir fuhren zu einem -zumindest für Touristen- recht versteckten Strand, der zwar steinig war, dafür aber sehr klares Wasser hatte.

Hier konnten wir bzw. ich leider nur zwei Stunden bleiben, weil dann Micky nach Hause zu sich kam, ich dann packen musste und wollte um dann nach Herceg Novi weiterzureisen. Marco fuhr mit mir zurück, es war ein toller Abschluss für Budva. Und Micky fuhr mich dann ins 11 km entfernte Tivat, wo ich mit der Fähre über die Meeresenge fahren konnte und auf der anderen Seite per Anhalter weiter nach Herceg kam.

Herceg Novi (1.-3.September 2015)

 

Nach der Schiffsüberfahrt wurde es bereits schon wieder dämmerig, als nach ein paar Minuten Warterei mich ein homosexuelles Paar mit ihren zwei riesen Hunden mitnahm. Ich durfte auf den Beifahrersitz und habe mich super mit allen verstanden. In HN war ich mit Michael verabredet, Australier, der seit 2 Jahren da lebte und arbeitete.

Wir trafen uns in einer Pizzeria, in der das Pärchen noch auf ein getränk mitkam. Dann kam Michael. Wir aßen noch etwas und sind dann in seine schicke Wohnung gefahren. Da Mic am nächsten Tag arbeiten musste, sind wir nicht mehr ausgegangen. Haben aber trotzdem bis halb 2 Uhr nachts gequatscht. Was aber auch ein bissl anstrengend war, weil Mic trotz seines Lebens hier immer noch einen sehr starken Aussie-Akzent hatte und er viele Dinge für mich wiederholen musste, weil ich sie nicht verstand. Amüsant war es trotzdem.

Am Morgen zeigte Mic mir noch kurz die Innenstadt, weil er erst später zur Arbeit musste. Im Anschluss knallte ich mich dann an den Strand und genoss die letzten Tages meines Trips. Ich hätte irgendwelche Ausflugsfahrten zu Höhlen etc. unternehmen können, aber ich war einfach reisefaul geworden. Ein paar Stunden am Meer zu verbringen und zu entspannen war die beste Option für mich an diesem Tag.


Abends trafen wir uns in der Wohnung. Mic kochte für uns und später wollten wir noch feiern gehen. Da es aber mitten in der Woche und am Ende der Saison war, war nicht mehr allzu viel los. Wir trafen uns mit seiner Kollegin und ihrer Courchsurferin auf ein paar Getränke und liefen dann die Strandpromenade zurück zur Wohnung. Ich hatte die Ehre, die erste Surferin zu sein, die zwei Nächte bei Mic übernachten durfte. Das ist mehr oder weniger aus einem Missverständnis des Ankunftstages entstanden, aber wie er mir versicherte, war er froh, dass ich zwei Tage blieb, denn wir hatten auch einen sehr guten Draht zueinander und eine super Zeit. Ich glaube die Leute bei Couchsurfing haben alle mehr oder weniger die gleiche Mentalität und eine hohe Affinität für´s Reisen. Vielleicht ist das der Grund, warum ich viele Glücksgriffe auf dieser Reise hatte, was die Gastgeber/innen angeht. Naja und vielleicht ein bisschen, weil ich aufgeschlossen und neugierig auf die Leute zugehe.Nur beim letzten Gastgeber in Dubrovnik bekam ich Bedenken, doch dazu gleich mehr.

Grenzübergang
Mic war ebenfalls so lieb, mich mit seinem Auto am letzten Tag ein Stück stadtauswärts zu fahren, damit ich
von dort bessere Chancen für mein Anhalterfahren hatte. Ein älterer Mann fuhr mich bis zur Grenze, durch die ich dann zu Fuß gegangen bin. Das war mir recht unangenehm, weil diverse Autos in Schlangen vor den Schaltern stand, ich nicht wusste wo ich wie hinmusste. Da die Sonne erbarmungslos und der Rucksack schwer war, schritt ich dann einfach zu einem Schalter vor und streckte dem Beamten meinen Reisepass entgegen. Das geling ganz gut.

Ein paar Meter dahinter platzierte ich mich mit meinem Schild zwischen den Spuren und hoffte auf eine schnelle Mitnahme. Es dauerte wieder ein Weilchen und ich hatte keinen Schatten. Dann erbarmte sich ein Pärchen und nahm mich 35 Kilometer mit bis nach Dubrovnik.

Dubrovnik, Kroatien (3.-5. September 2015)

 

Da hatte ich extra den Rückflug einen Tag später auf den teuren Samstag verschoben, und bin kurz in Podgorica gewesen, damit ich am Ende etwas mehr Zeit vom vielversprechenden Dubrovnik hatte, und empfand diesen Ort als einen der -für mich- schlechtestens/hässlichsten meiner ganzen Reise.
Aber von Anfang:

Es war ein Horror für Dubrovnik einen Gastgeber zu finden. Dubrovnik ist nämlich noch viel touristischer und überlaufener als Budva und Kotor in Montenegro zusammen. Es war Saisonende, dennoch legten jeden Tag neue Kreuzfahrtschiffe an. So musste ich zig Leute anschreiben, um nach einer Unterkunft zu fragen. Und landete am Ende bei Sandro.

Sandro, sein Profil sagt 35 Jahre alt, die Realität sagt älter, Straßenmusiker, mittelprächtiges Englisch, Idealist und gleichzeitig Träumer, warnte mich vor, dass sein Heim klein sei und ich mir ein Bett mit ihm teilen müsse. Das schreckte mich schon ab, ich wollte mir die Gegebenheiten trotzdem selbst erst einmal anschauen, bevor ich urteile. Zur Not hätte es der Boden vielleicht getan.

Das Pärchen ließ mich oberhalb der Stadt raus. Dort gab es eine Bushaltestelle. Der Bus kam aber nicht und ich hatte auch keine einheimische Währung. Also lief ich. Zur Mittagszeit mit Backpack, die Stadt der Treppen hinab. Leider war der Weg nicht sonderlich fußgängerfreundlich, sodass ich zum Teil auf dem Seitenstreifen der Schnellstraße laufen musste. Ich hatte anfangs noch versucht, in die Innenstadt zu trampen, musste aber aufgeben, weil es dort einfach keine Haltemöglichkeit gab.

Nach 45 Minuten war ich dann im Zentrum. Ich schrieb Sandro, der mich abholte. Ich schwitzte, er schwitzte und dennoch musste er mir einen Bussi auf die Wange zur Begrüßung geben. Da hätte ich gern drauf verzichtet.

Wir liefen weitere 15 Minuten zu seiner Bude, keine Nachfrage, ob ich mein Gepäck abgeben wollen würde. Ich war Sandros erste Surferin und das merkte ich auch. Die Wohnung war klein, aber okay. Typischer Single-Mann-Haushalt mit Einsiedler-Zügen. Ich entschied, es zu versuchen, hier zu bleiben.

Sandro zeigte mir noch ein bisschen von der Stadt und einen Strand, aber wie auch schon in HN war meine
Motivation für Erkundungstouren auf das Minimalste geschrumpft. Am Abend ging Sandro in der Innenstadt Gitarre spielen und singen. Ich begleitete ihn, hörte ihm für eine Weile zu. Wir hatten abgemacht, dass ich dann nach Hause schlafen gehe und er eh die ganze Nacht spielen würde, sodass wir nicht zangsweise ein Bett teilen müssten. Fakt war aber, dass er gegen drei zurückkam und sich einfach neben mich ins Bett legte. Das hört sich jetzt ziemlich merkwürdig an. War es auch. Aber nur halb so schlimm, weil er genug Abstand hielt und keine Anstalten machte. Die Nacht war so oder so der Horror, weil es sicher 30 Grad in der Hütte hatte und die Fenster keinen Mückenschutz hatten. So hatte ich nach der ersten Nacht um die 20 Mückenstiche an beiden Beinen.



















Am nächsten Tag musste Sandro zum Zahnarzt in einen etwas entfernteren Ort. Er wollte, dass ich da mitkomme und mir den Ort anschauen sollte. Ich war für einen Tag am Strand und noch einen Bummel durch die Altstadt, die von Touristengruppen übersät war. Zu meinem Glück war das ein Strand, den Sandro tunlichst mied, weil ihm da zu viele Leute waren. So verließ er vor mir das Haus und gab mir wieder einen Bussi auf die Wange, bevor er ging.
Das klingt jetzt zwar etwas gemein, aber ich war froh, einfach Zeit für mich zu haben und entspannen zu können, ohne Sandro. Viel konnte ich mich mit ihm eh nicht unterhalten.

Das ging so weit, dass ich in der Altstadt in einem Hostel nach nem freien Bett fragte. Jedoch war erst eins für die nächste Nacht frei und kam um die 40 Euro in einem 6er Zimmer. Da packte mich der Ehrgeiz, den Vorsatz, die komplette Reise per Anhalter fahrend und couchsurfend zu absolvieren, dass ich entschied, eine
finale Nacht bei Sandro zu bleiben. Immerhin wusste ich, was mich erwartete. Ich verabredete mich für das Abendessen mit Sandro. Ich wollte für uns kochen. Spaghetti funghi. Leider waren Sandros Messer derartig scharf, dass ich mich schön tief in den Finger schnitt und es gar nicht mehr aufhören wollte zu bluten. Ich drückte mir den Finger zu, bis es aufhörte. Gekocht habe ich noch. Aber gut, musste ich wenigstens nicht mehr abwaschen :D

Es fing an, leicht zu regnen. Eine willkommene kleine Abkühlung, die aber auch bedeutete, dass Sandro nicht in die Stadt spielen gehen wollte. In der Wohnung hieß es: entweder Licht an oder Türen auf für eine Abkühlung. Also saßen wir in der Dunkelheit in der Bude und wussten nichts mit uns anzufangen. Bei Sandro gab es weder Wifi noch sonstiges Potential zur Unterhaltung. Ich entschied, trotzdem in die Stadt zu gehen, ob mit oder ohne Sandro. Schließlich war es meine letzte Nacht! Sandro kam dann mit, auch mit Gitarre, weil der Regen nachließ. Auf dem Weg in die Stadt machte er mir Komplimente und versuchte eine Annäherung. Ich sagte ihm, dass ich einen Freund hätte und wir so auch nur Freunde sind. Ich hatte leichte Befürchtungen für die bevorstehende Nacht, jetzt war es aber zu spät, was zu ändern.

Ich lief ein bisschen die Stadt entlang, nutzte das Wifi mancher Restaurants, deren Passwörter ich erraten hatte und hörte dann Sandro noch etwas zu. Dann sagte ich ihm, dass ich heim gehen würde, und halb spaßig, halb ernst, dass er mich später nicht anfassen solle. Da lachte er und versprach es mir. So kam es wie die Nacht zuvor, dass Sandro sich irgendwann nachts zu mir legte und brav blieb.

Am nächsten Tag ging ich mit Sack und Pack am Morgen in die Innenstadt. Ich sagte meinem Gastgeber, dass ich noch Dinge zu klären hatte und da gut 2 Stunden im Internet verbringen würde. Sandro kam trotzdem mit. Er ließ mich dann vor dem Restaurant zurück und wollte später wiederkommen. In der Zwischenzeit war ich etwas zum Frühstück holen und wir mussten uns knapp verpasst haben, weil ich ihn nicht mehr gesehen habe. Dann musste ich aber auch schon zum Bus, der mich zum Flughafen bringen sollte.

Ich wollte Sandro aber noch ein paar Dinge sagen, die ich ihm dann später bei Couchsurfing mitgeteilt habe. Zunächst habe ich mich natürlich bedankt. Aber dann habe ich ihm auch drei Dinge geschrieben, die er dringend überdenken muss, wenn er künftig Gäste beherbergen will:

1.: soll er die Badtür zumachen, wenn der drinnen ist und duscht oder die Toilette benutzt (das Bad grenzte direkt ans Wohnzimmer und die Wohnung war vielleicht so 35qm groß, viel Fluchtmöglichkeiten gab es also nicht)
2.: soll er die Gäste fragen, ob es ok für sie ist, wenn er die meiste Zeit in Unterwäsche rumläuft
3.: soll er besser nachfragen, ob sie auf die Wange geküsst werden wollen.

Meine Zeilen waren durchaus ernst. Seine Antwort "ha ha ...thanks a lot ... i like see you again .... thanks again" (haha, vielen Dank, Ich würde dich gern wiedersehen, danke nochmal) zeigte mir deutlich, dass unser Kommunikationsproblem wohl viel größer als angenommen war.

Aber wie ich finde hat ja alles seinen Sinn im Leben und diese letzten Tage in Dubrovnik haben mir die Vorfreude auf die Rückreise gebracht und ein bisschen weniger Melancholie des Abschieds.
Die drei Wochen waren sehr intensiv, nervenaufreibend aber auch großartig. Was für liebenswerten Menschen ich begegnet bin, auf der Straße und in deren Wohnungen. Die vielen Eindrücke galt es erst einmal zu verarbeiten. Aber Dubrovnik, so begehrt es bei den Touristen ist, machte mir den Abschied leicht mit seinen überteuerten Preisen und überfülten Gassen.

Harte Fakten zum Balkantrip:

-ca. 2300 km bis auf eine kurze Busfahrt per Anhalter zurückgelegt
-unzählige Fahrzeugfahrer, bei denen ich mitfahren durfte (fast nur männlich)
-drei Grenzen überquert, davon eine zu Fuß
-12 verschiedene Gastgeber (davon ein Mädel) in 22 Tagen Reise
-keine 300 Euro für alles ausgegeben
-16 Städte gesehen