"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Kanada - Gaspésie, oh Gaspésie


Eineinhalb Wochen vergingen im Flug. Ich fühlte mich sehr sehr wohl in North Rustico und bei meinem Gastgeber Blaine. Der Mix aus Touri-Unternehmungen und Arbeitsalltag hat mir echt gefallen. Aber irgendetwas in mir sagte, dass es Zeit wäre, weiterzureisen. 

Blaine bot mir an, noch länger zu bleiben und für ihn zu arbeiten (gegen Bezahlung). Das war natürlich sehr verlockend. Aber grob überschlagen wollte ich spätestens Ende Oktober in Tadoussac sein, um dort eine Waltour zu machen. Und Tadoussac lag rund 1.300 Kilometer entfernt (zumindest über die Route, die ich nehmen wollte). 

Klar hätte ich hier oder da einkürzen können, um so länger in North Rustico bleiben zu können. Aber ich wollte mir nicht die Chance verbauen, anderen Orten oder Personen, die ich mag, ebenfalls eine Chance zu geben, dort länger zu verweilen. 

Und so überlegte ich schon etwas hin und her und kalkulierte. Aber am Ende entschied ich mich schweren Herzens für eine Weiterreise. Manch ein Surfer war hier sechs Wochen zu Gast. Und ich kann absolut nachvollziehen, wieso. 

Blaine war schon lang kein reiner Couchsurfing Gastgeber mehr. Er war eher ein väterlicher Kumpel, mit dem ich sehr gern abhing und der mich auch machen ließ, was und wie ich wollte. Auch deshalb war es besser, zu gehen. Je länger ich geblieben wäre, umso schwerer würde mir der Abschied fallen. Auch von Anne, die ich ebenfalls mit ihrer erquickenden Art ins Herz schloss. Anne war es auch, die Tränchen in den Augen hatte, als wir uns verabschiedeten. 

Daumen hoch - per Anhalter durch Kanada 

Blaine war es auch, der mir - trotz ein paar nicht so guter Stories, die er kannte - den Mut zusprach, mein nächstes Ziel (Miramichi) per Anhalter zu erreichen. Mein erster Versuch, per Anhalter zu reisen, lief ja nicht so gut. Und das Wetter heute war auch so la la. 

Blaine ließ mich an der Schnellstraße an seinem zweiten Grundstück raus. Ich war unsicher, ob das ein guter Punkt sei. Immerhin fahren die Autos hier schnell an einem vorbei. Aber es dauerte keine 10 Sekunden vom Positionieren bis zur ersten Mitnahme. Ein junges Mädel im Kleinwagen hielt an und war auch das erste Auto. Sie arbeitete in dem Ort, von dem die Brücke aufs Festland führte und nahm mich dorthin mit. 

Es folgte ein Trucker, der ebenfalls direkt als erstes stoppte. Er transportiert jeden Tag die berühmten Kartoffeln von der Insel nach Halifax. Dritte Mitfahrt: ein nettes Pärchen aus Halifax, die in einer Fleetwood Mac Coverband spielten und auf Prince Edward Island einen Auftritt hatten. Sie luden mich sogar zum Mittagessen ein und fuhren etwas weiter, als sie mussten. Wir aßen in Shediac Bridge. Der Ort befindet sich bereits in New Brunswick und hier war die amtierende Sprache auf einmal Französisch. Das war für mich völlig verwirrend. Kein seichter Übergang. Keine englische Übersetzung im Menü. Ich hab den französischen Teil Kanadas erreicht.  

Rob bei der Arbeit 

Dann hab ich 15 Minuten an der Autobahn gewartet, bevor mich Rob bis nach Miramichi mitgenommen hat. 240 Kilometer in einer sehr passablen Zeit (sehr viel kürzer als der Bus! - und 80 Dollar gespart). Da meine Couchsurfing Hosts in Miramichi noch arbeiteten, half ich Rob bei seinem Job: Er lieferte ein Auto in Miramichi ab und mich im Gegenzug dafür vorm Supermarkt ab (in dem ich meinen Backpack für 2 Stunden lagerte). 




Die zwei Tage in Miramichi waren wenig spektakulär. Hab ich auch nicht anders erwartet. Ich hab den Ort eher aus logistischen Gründen gewählt. Und das regnerische Wetter half mir, den Tag für Orgakram zu nutzen. 



Roger - Held des Tages 

Ab jetzt gab es nur noch zwei Hauptstraßen, die in meine Richtung führten. Also entschied ich mich, es weiterhin mit Hitchhiking zu versuchen. Zum nächsten Ort gab es auch keine durchgehende Busverbindung, weshalb mir mehr oder weniger nichts anderes übrig blieb. Die Fahrer, die mich mitnahmen, starteten ihre Konversation alle auf Französisch. Zum Glück sprachen sie aber auch alle Englisch. 

Mein nächstes Ziel war Saint Siméon-de-Bonaventura, 380 Kilometer entfernt. Tatsächlich war es etwas schwieriger, aus Miramichi wegzukommen. Auch wenn es eine Zufahrtsstraße direkt zur "Autobahn" gibt. Ich versuchte Ortswechsel, mal mit Schild, mal ohne. Dann hielt Erik an. Erik war niemand, dem ich blind vertrauen würde. Aber es reichte, um einzusteigen (außerdem war das Wetter scheiße und ich wollte los). 

Naja, Erik war soweit okay. Dass er Raucher war...kann ich ja als Gast nix gegen sagen. Dass er mir Marihuana anbot, empfand ich als nett (ist hier ja legal). Dezent unangenehm wurde es gen Ende der Fahrt. Sein Ziel lag auf der Hälfte meines nächsten Knotenpunktes. Aber er meinte, er könnte mich bis Bathurst fahren, wenn er dort eine Massage heute noch finden könnte. Okay. verstehe ich. Dann hab ich den Fehler gemacht, meiner Neugier freien Lauf zu lassen und zu fragen, wo er denn die Massage finden würde (er tippte im Handy rum). Da meinte er, dass es ein Escortservice sei. 

So etwas hört eine alleinreisende Frau natürlich sehr gern - nicht. Cool bleiben, nicht weiter nachfragen. Es gab aber keine freien Termine und so war das Thema beendet. Für mich. Kurz bevor wir dann an der Abzweigung ankamen, fragte Erik spaßeshalber, ob ich denn massieren würde. Ähm nö. Auch nicht, wenn er mich bis ans Ziel gefahren hätte. Meine Antwort kam wie aus der Pistole und er hat´s kapiert.

Also ließ mich Erik an der Autobahnabfahrt raus und wir verabschiedeten uns normal. Er war ansonsten ja nett. Mhhh... 

Ich stand dann da im Nieselregen und fragte mich, ob heute der Tag wäre, einen Bären oder Elch am Waldesrand direkt neben mir (unfreiwillig) zu sehen. Doch bevor ich tiefer darüber nachdenken konnte, hielt auch schon eine Truppe mit zwei Frauen und einem Mann, die einen Akupunkturtermin hatten und mich bis nach Bathurst mitnahmen. Eine kurze Fahrt, aber die Fahrerin stieg mit mir zusammen aus und drückte mich und wünschte mir von Herzen alles Gute, bevor ich weiterzog. 

Und dann hielt Roger an. 

Roger ist Rentner und auf dem Weg zu seiner Schwester. Die wohnt etwa 30 Minuten nördlich von Bathurst. Wir hatten sofort einen guten Draht und schnackten die ganze Zeit. Roger fragte, was ich in Campbellton machen wollte. Ich meinte: Nichts, ist nur ein Streckenpunkt. Ich will eigentlich nach Saint Siméon-de-Bonaventura. 

kein gutes Wetter, um auf Mitfahrten zu hoffen

Spontanerweise fuhr Roger dann 30 Minuten weiter, als er musste, um mich sicher (im Regen!) nach Campbellton zu bringen. Und dann noch über die Brücke, weil man davor schlecht anhalten könne. Und am Ende entschloss er sich, mich weitere 110 Kilometer in eine für ihn völlig abweichende Richtung zu fahren, nur um mich sicher ankommen zu lassen (insgesamt also vier Stunden Umweg hin und zurück!). Er sei Rentner, hätte sonst ja nichts zu tun und er hätte nie damit gerechnet, heute auf mich zu stoßen. Somit wurde mein Abenteuer zu seinem, wie er meinte. Ich fasste mein Glück kaum, schlug mir wirklich mit den Händen vor Freude auf die Oberschenkel und wusste nicht, wie ich das gutmachen könnte. Kaffee, Obst und ähnliche Offerten lehnte Roger allesamt ab. 

Als wir ankamen (ich war sogar schneller, als Google Maps mit durchgängiger Strecke anzeigte), musste ich Roger drücken und konnte gar nicht oft genug wiederholen, wie sehr ich mich freute. 

Angekommen in Klein-Frankreich: Meine Zeit auf der Gaspésie-Halbinsel 

Auch Saint Siméon-de-Bonaventura diente nur als Zwischenhalt. Hier hatte ich jedoch einen sehr netten Aufenthalt im Wald bei Mat und seinen Kids, mit denen ich trotz Sprachbarriere (sie sprachen nur Französisch), spielte. 

Am nächsten Tag fuhr ich weiter per Anhalter. Mittlerweile schaute ich gar nicht mehr nach Alternativen und die heutige Distanz mit 95 Kilometer schien ein Klacks. Irgendwie lief das per Anhalter fahren zu gut, um damit aufzuhören. Aber dieses Mal hatte es etwas gedauert, wobei Wetter und Standort optimal waren. Nachdem mich ein älterer Mann 5 Minuten in den nächsten Ort mitnahm, nahm ein zweiter mich dann bis nach Chandler mit. 

Ich wartete im Café auf meinen Gastgeber. Chandler habe ich mehr oder weniger gezwungenermaßen gewählt, weil der Gastgeber in Percé (eigentliches Ziel), bei dem ich hoffte, unterzukommen (er lebt in einer Jurte, wie cool!), mich sehr unhöflich ablehnte (er reagierte ewig nicht, lehnte dann ohne Begründung ab. Ich fragte sehr sehr höflich nach, was denn der Grund sei und dass er sich nicht rechtfertigen müsste. Aber wenn es aufgrund meines angegeben Zeitraumes sei, ich flexibel wäre. Daraufhin antwortete er auf Französisch: "Je nai pas a expliquer la raison. Je ne suis obliger de recevoir tous le monde. Ecrire en francais sa laurai été apprecier si je vais ailleurs va falloir que je parle anglais..." 

Google translate und die anderen Menschen, mit denen ich danach sprach, gaben mir zu verstehen, dass er mir sehr sehr unhöflich zu verstehen gab, dass ich doch Französisch sprechen sollte in einem Französisch sprachigen Raum. Bäm! 

Aber hier kommt die eigentliche Pointe: Ich hab auch mit meinem Gastgeber in Chandler über diesen Typen gesprochen (als es um meine Reisepläne ging). Tja, und dieser Typ ist einfach mal der Bruder meines Gastgebers. Er konnte die Art seines Bruder nicht fassen, aber die ganze Situation war einfach wirklich komisch. Die zwei Tage, die ich bei Jérome blieb, wurde das zum Runninggag. Naja und ich hab mittlerweile aus mehreren Quellen gehört, dass er Jurten-Mensch sehr sehr unangenehm rieche...

So werde ich doch immer wieder in die richtige Richtung gelenkt. Die Zeit mit Jérome war übrigens mega lustig und inspirierend. Er ist in meinem Alter und hat vor zehn Jahren die Diagnose Multiple Sklerose erhalten. Nach einem langen Tief hat er nun neue Lebensenergie gefunden und plant nun sogar, 2024 Kanada mit dem Bike zu durchfahren. 

Percé hab ich übrigens trotzdem gesehen, weil Jérome mit mir und seinem Hund dorthin gefahren ist und wir spazieren gegangen sind. :)


Percé








Es kann nie genug Waltouren geben 


Gaspé

Nächster Halt: Gaspé. Erste Anlaufstelle: Touristeninfo. Dort erfuhr ich, dass die letzte Waltour vor zwei Tagen stattfand und die Saison dafür jetzt beendet sei, die Tiere aber noch in der Bucht wären. Toll. Also doch erst in Tadoussac. 

In Gaspé hätte ich theoretisch einen Couchsurfing-Gastgeber haben können (der war allerdings im Umzugsstress), aber irgendwie hatte mich mein Plan B, ein Hostel in einer alten Schule nahe des Nationalparks Forillon, mehr angezogen. Also hab ich dem Host abgesagt und mich ins Mehrbettzimmer einquartiert. 

Die Mitfahrt zum Hostel lief wieder problemlos (dieses Mal aber zum ersten Mal ein älteres Paar, das ausschließlich Französisch sprach) und ich war früh genug da, um mich vom Hostelbesitzer in den Park mitnehmen zu lassen und meine erste Wanderung zu machen. Diese Fügung verschaffte mir die Zeit, am Folgetag eine weitere zu planen. Hätte ich Couchsufing gemacht, wäre das nicht drin gewesen. 


im Forillon Nationalpark






Im Park ist es durchaus möglich, dass (Schwarz)Bären den Weg kreuzen. Meine Stimmung schwankte zwischen: ey, cool! Und: scheiße, ich bin allein unterwegs. Also fing ich ab und an an, zu singen (das soll Wildtiere im Allgemeinen fernhalten). Das Wetter war gut, meine Stimmung prima und die Wanderung schön. Aber auf dem Rückweg, gedankenversunken, raschelte es auf einmal hinter mir. Ich nahm eine Bewegung im Augenwinkel war und war sofort unter Anspannung. Bis ich zwei Millisekunden später checkte, dass eine Radfahrerin an mir vorbeifuhr. Ich musste lachen. Kein Bär. Leider auch keine Wale. Die Sonne geht hier eindeutig schneller unter (17.15 Uhr), als bisher. Das hatte ich halbwegs mit eingeplant. Ich wollte die restlichen 16 Kilometer bis zum Hostel zurücktrampen. Hat gut geklappt. 

In meinem Zimmer waren Akash und Franck untergebracht. Franck wollte am nächsten Tag ganz ganz früh die Mont-Saint-Alban-Wanderung machen, um auf dem Aussichtsturm den Sonnenaufgang zu sehen. Und mit früh war der Wecker auf 4.45 Uhr gesetzt. Ich war tendenziell dagegen, aber nachdem auch Akash überzeugt war, schloss ich mich einfach an. Ich würde ja so oder so wach werden, wenn die Jungs aufstehen...und vielleicht sehe ich so einen Bären ;)

Also klingelte der Wecker 4.45 Uhr. Die Temperatur bereits einstellig, meine Kleiderwahl vierlagig. Franck legte mit einem zügigen Schritt das Tempo vor. Es gab also gar keine Möglichkeit, zu frieren :D Zum Glück waren die Jungs mit Kopflicht und Taschenlampe ausgestattet. 

Wir haben es pünktlich auf den Turm geschafft, auf dem eine Truppe Wanderer sogar die Nacht zuvor verbrachte. Der Wind war eisig. Und der Sonnenaufgang äußerst sphärisch. Ich bleib trotzdem eher Fan von Sonnenuntergängen. Aber das frühe Aufstehen hat sich gelohnt, auch ohne wilde Begegnung. 




Die Wanderung führte uns weiter zum Strand von Bon-Ami. Der Vorteil der frühen Wanderung war, dass diesen tollen Ort für uns hier allein hatten. Ich nutzte die Wärme der Sonne, um die von der Kälte verkrampften Muskeln zu entspannen. Und dann kam mir die Idee, dass das hier ein super Ort für eine kleine Yogaeinheit wäre. Zum Glück hatte Akash Ahnung und so dehnten wir uns alle ein bisschen und grüßten die Sonne. 

Da der Tag noch jung war, traf ich mich spontan mit dem Gastgeber, bei dem ich in Gaspé übernachtet hätte, zu zwei weiteren Wanderungen. Abends habe ich mich wieder mit Franck und Akash zum Sonnenuntergang am Meer getroffen. Und dann passierte wirklich das, was ich mir am meisten in diesem Moment gewünscht hab: Wir haben in der Bucht Wale gesehen! (Ok, Bären wären auch cool gewesen ;) ). 




Freizeitgestaltung im Hostel :)












Eine überraschende Begrüßung 

Meine Reise ging weiter. Ich wollte nach Matane, auch eher nur ein Zwischenstopp. Kein Couchsurfinghost wollte/konnte mich aufnehmen. Aber Jérome hatte Kontakte und so wollte mich sein Bekannter aufnehmen. 

Mein Ziel war es mittlerweile, die ganze Gaspésie Halbinsel hitchhikend zu bereisen. Akash nahm mich ein Stück zum Leuchtturm mit. Von hier würde es schwer werden. Denn diese Strecke ist eher weniger befahren, da es eine schnellere Verbindung inländisch gibt (als einmal außen an der Küste lang). Also kann ich theoretisch nur auf Touris setzen. Aber es war auch Montag, also sanken die Chancen. 

Ich wartete 30 Minuten und schmiedete schon einen Plan B, da hielt ein Transporter mit zwei Männern an. Amjed aus Syrien und Robel aus Eritrea sollten meine Reisegefährten sein. Und mein Glück war, dass sie mich bis zum Ziel mitnehmen würden! 285 Kilometer und knapp vier Stunden Fahrt. 

Ein bisschen unangenehm wurde es, als Robel mich mit Amjed verkuppeln wollte. Aber ich konnte klar und zügig vermitteln, dass da meinerseits kein Interesse besteht. Ansonsten waren die zwei Männer sehr nett und luden mich sogar auf einen Kaffee ein. 

Am Treffpunkt in Matane wartete ich auf meinen vermittelten Gastgeber für diese Nacht. Ich wusste, dass Pierre-Mark Englisch spricht. Seine Frau hingegen nicht (so gut). So geschah es, dass mich das beschriebene Auto abholte. Allerdings war ich etwas verwirrt, ob ich richtig war: Pierre-Mark lag auf dem Beifahrersitz und redete kein Wort. Seine Frau versuchte mir zu erklären, dass er gerade eine Art epileptischen Anfall hatte. Wow. Ich wusste gar nicht, wie ich reagieren sollte. Zum Glück nahm es Caroline (so der Name seiner Frau) mit Humor und ich schloss mich dieser Strategie an und entspannte. 

Nach ein paar Minuten war Pierre auch wieder in der Lage, zu kommunizieren. Er hätte eine Art Blackout und Sprachstörung in diesem Moment gehabt, mich aber wahrgenommen. Am Ende konnten wir über diese besondere Begrüßung lachen. Der Abend endete mit Eierkuchen zum Abendbrot und einem schier endlosen Gespräch. Das war allerdings eher einseitig, weil ich mega müde war, aber Pierre so viel zu erzählen hatte :D Am nächsten Morgen wollte ich mit der 8 Uhr Fähre nach Gobout übersetzen. 

Unfreiwillig im Mittelpunkt 

Caroline und Pierre waren so nett und haben mich am nächsten Morgen zur Fähre gefahren. Ich schaute mich schon einmal um, um mögliche Mitfahroptionen auszumachen. Ich sprach draußen bei eisigen Winden ein älteres Ehepaar an. Nach ein Minuten stellte sich heraus, dass sie nicht nach Tadoussac fahren. Dafür aber im Namen Gottes unterwegs sind (geben Bibelinterpretationsstunden in der Provinz) und original aus der Schweiz kommen. Witzig :) 

Als ich mein Ticket für die Fähre bezahlte, fragte ich den Verkäufer, ob denn zuerst die Autos oder die Zu-Fuß-Passagiere von Board dürften (wichtig! Denn wenn zuerst die Autos fahren, hab ich keine Chance mehr, vom Fährterminal wegzukommen!). Irgendwie gab es ein paar Kommunikationsschwierigkeiten und der Mann fragte, wo ich denn hin wolle. Ich meinte: Tadoussac! Und er fragte weiter, ob ich eine Mitfahrgelegenheit bräuchte. Ich bejahte. Und so ergab es sich, dass der Mann eine Lautsprecher-Durchsage auf Französisch zu allen Passagieren der Fähre machte. Ich war kurz peinlich berührt, haben mich ein paar Leute ringsherum angeschaut. 

Insgesamt bin ich über 1.500km getrampt 

Aber am Ende war es zielführend, denn Ben meldete sich. Ben war ein schnittiger 67-Jähriger. In seinem Truck erzählte er mir von seinem Leben. Und ich war beeindruckt: Er macht ungefähr so jeden Sport, der mit Gleitschirmen zu tun hat (Paragliding, Gleitschirm aufm Wasser, aufm Eis,...) und verdient damit auch sein Geld (Entwicklung von Schirmen). Er fuhr schon über den zugefrorenen Baikalsee und hat die Eskimos besucht. Ich war beeindruckt. 

Ben meinte, dass ich mit dem Wetter Glück habe. Eigentlich seien es zu dieser Zeit 5 Grad tagsüber und -5 nachts. Ich hatte mit 10-15 Grad wirklich Glück. Trotzdem war es bereits eine unangenehme Kälte, weil es heute regnete. Die Landschaft, an der wir vorbeifuhren, war trotzdem wunderschön. 

die tollen Sanddünen :D 

Ben fuhr mich bis nach Tadoussac, zeigte mir die berühmten Sanddünen (nun gut, war wegen des Wetters nicht wirklich viel zu sehen) und nahm mich mit zum Info-Center über Wale. Der Leiter dessen war Bens guter Freund. Wir bekamen eine Privattour und ich sparte mir damit sogar den Eintrit :) Welch ein Glück ich doch mal wieder hatte! 









Habe ich Waltour gehört?! 


Tadoussac. Ein kleines, beschauliches Örtchen mit genau einem Hostel (und keinem Couchsurfing-Gastgeber). Ich kam im Nebel und der Küstenabschnitt des Ortes war mystisch. Die Walsaison war so gut wie vorbei. Aber immerhin war dieser Ort der Grund, warum ich Prince-Edward-Island verlassen hab. 

Trotz des stolzen Preises von 115 Dollar, entschied ich mich dafür, die Tour zu buchen. Zwar kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit auch Wale vom Land aus sichten. Aber bei dem Nebel heute...no chance! 





















Der nächste Tag versprach besseres Wetter. Da ich aber bereits im September bei der Waltour in Brier Island fror, wappnete ich mich dieses Mal besser und packte Handschuhe und Mütze ein und zog zum ersten Mal meine Winterjacke an. Es ist der 26. Oktober. Und ich habe nach sechs Wochen kanadische Handynummer diese das erste Mal auswendig gekonnt!

Und das war gut so. Denn auch wenn das Boot verglast war, öffneten wir diese immer, sobald wir Wale sichteten. Und die haben wir auch direkt in der Bucht gesehen: weiße Beluga Wale. Weiter draußen dann die Finnwale, die ich auch schon im Forillon-Park gesehen hab und noch weiter weg eine der kleinsten Walarten. 





War die Tour 115 Dollar wert? Mhhh. Also ich hab Wale gesehen. Aber ich bin darin ja auch verwöhnt. Die Boote dürfen zum Schutz der Tiere nicht so nah an sie heranfahren. Beworben werden die Touren mit Fotos springender Wale im Teleobjektiv. Vielleicht war meine Erwartung zu groß. Aber enttäuscht war ich dennoch nicht. Ich hab die Finnwale bei der Jagd sehen dürfen, sowas hab ich vorher auch noch nie gesehen. Von daher alles gut :)

Den Rest des Tages verbrachte ich mit dem Aufwärmen in einem Café und einem anschließendem Spaziergang. Ich hatte das Glück mein Hostelzimmer für mich allein zu haben. 









Weiterreise. Die Sonne machte den Tagesstart leicht. Bevor ich weiter nach Quebec trampen wollte, machte ich erneut einen kleinen Spaziergang, um den Ort auch mal bei diesem Wetter zu sehen. Hat beides was an sich, aber entscheidet selbst: 








Vom Tramper zum Glücksbringer 

Kleine Anekdote zur vorerst letzten per Anhalter-Fahrerei (zwischen den großen Städten finde ich es zu schwierig und es wird ja langsam auch kälter...):

Dieses Mal nahm mich Marie mit. Marie ist Mitte 40, sieht aber aus wie Mitte 20. Kleine Frau, großes Auto. Sie spricht kaum Englisch, wir verständigen uns via Übersetzer und sind trotzdem auf einer Wellenlänge. 

Marie würde mich bis nach Quebec mitnehmen, möchte aber gern auf halber Strecke einen Abstecher ins Casino machen und hat mich gefragt, ob ich vorher aussteigen oder mitkommen möchte. Da ich gut in der Zeit war, entschied ich mich für den Casinobesuch. 

Marie macht das etwa einmal im Quartal. Sie spielt verschiedene Automaten. Heute einen, den sie noch nicht kennt. 20 Dollar Schein rein und Knöpfchen drücken. So richtig weiß sie nicht, was sie machen/ haben muss, aber das Knöpfchen wird stoisch weitergedrückt. Gleiche Symbole, die Zahlen steigen. Bis auf über 56 Dollar. Doch anstatt sich das auszahlen zu lassen, drückt sie weiter fleißig das Knöpfchen, bis alles weg ist. 

Ich frage Marie, was ihr bisher höchster Gewinn war: 500 Dollar. Wir wechseln den Automaten. Maschine Nummer zwei. Wieder schluckt diese 20 Dollar. Ich sitze amüsiert daneben und checke die Umgebung aus: Im Casino eher ältere Klientel. Wie gebannt sitzen sie vor den leuchtenden, klimpernden Kästen. Ich weiß nicht, wie sie es gemacht hat. Aber Maries Credit steigt auf über 900 Dollar. Wechsel vom Spiel- zum Auszahlknöpfchen. 

Ich bin angefixt. Ich selbst hab ja auch schon sehr oft Glück im Leben gehabt (neben all den tollen Erfahrungen auch bei Gewinnspielen). Aber dieses Mal hab ich es zu sehr darauf angelegt. 5 Dollar futsch. Aber diese Story war es mir wert ;)


Allgemeine Feststellungen:

-Kanadier benutzen selten Zäune um ihre Häuser. Das lässt für mich alles viel offener und freundlicher erscheinen. 

-dafür wird der Rasen gepflegt wie eh und je - jeder deutsche Eigenheimbesitzer wäre grün vor Neid (haha)

-Alkohol wird separat in anderen Läden verkauft 

-Spezialität von Prince-Edward-Island: Chips mit Schokoladenüberzug. Klingt komisch, schmeckt gut :D