In Kanada findet man hingegen nur wenige Orte, an denen es im Winter keinen Schnee und keine Minusgrade gibt. Also sollte man Gefallen an Winteraktivitäten finden, sonst kann diese Jahreszeit sehr lang und trist werden. Ich habe vorab von vielen Kanadiern gehört, dass genau wegen der langen Winter viele depressiv werden oder einfach in wärmere Gefilde abhauen (sogenannte "snowbirds"). Und man zollte mir sogar Respekt, dass ich diese Saison in Quebec verbringen würde. Mit gemischten Gefühlen startete ich also als Fotografin bei einer Huskyfarm Anfang Januar in den kanadischen Winter. Ich, die Deutsche, die zwar Schlittschuhlaufen kann, aber bisher jeweils nur einmal im Leben Ski (Abfahrt und Langlauf) gefahren ist.
Aber ich musste schnell feststellen, dass ich meinen Winterjob liebe. Jeden Tag draußen in der Natur sein, unter Mensch und Tier. Für mich gilt: Lieber eiskalt und trocken als matschig und mild! Doch ohne die passende Kleidung würde ich hier sicher sehr viel weniger Spaß haben. Auch wenn sich diese Arbeit nicht wirklich wie Arbeit anfühlte, so brauchte ich doch auch ab und an einen Tapetenwechsel. Also: auf zu den Winter(sport-)aktivitäten!
Dank eines Bekannten meiner Kollegin war ich auch erstmalig in meinem Leben Eisfischen. Angeln gehört nicht wirklich zu meinen Leidenschaften. Mein Dad hatte mich früher immer mitgenommen und als Kind ist es alles andere als spannend, stundenlang auf einen Fluss zu starren :D Zudem ist die Erfahrung an sich vielleicht ganz cool, ich jedoch hätte schon Probleme, einen Wurm an einen Haken zu spießen. Geschweigedenn, einen Haken aus dem Fischmaul zu nehmen und den Fisch dann noch abzumurksen...Aber gut, eisangeln ist next level und quasi typisch kanadisch. Also mal ausprobieren. Zum Glück mit jemanden, der davon Ahnung hat und darüber hinaus das perfekte Equipment.
Harte Arbeit für ein Fischfilet
Alexis nahm mich mit zum Lac Maskinongé. Mit seinem Hund und einem gepackten Schlitten ging es den Abhang hinunter auf den See. In weiter Ferne stand ein kleines mobiles Häuschen auf dem gefrorenen Wasser. Ich fragte, wozu. Da meinte Alexis, dass es das Zeichen für alle sei, dass das Eis dick genug zum Begehen wäre. Schlau! Auf alte, harte Weise drehte mein Angellehrer mit einer Art eiserner Spirale Löcher in das Eis. Und dann war ich dran. Gar nicht so einfach! Aber ambitioniert wie ich bin, hab ich auch zwei gemacht.
Alexis baute noch ein Zelt auf. Zumindest wollte er es, doch der Wind fegte es schnell weg und er musste gut an Strecke zurücklegen und sich im sehr hohen Schnee vorankämpfen, bevor er das Zelt einfangen konnte. Ich musste so lachen, das sah echt aus wie in einem schlechten Zeichentrickfilm.
Am Anfang saßen wir draußen mit Angel in der Hand am Loch. Fünf darf man als Privatperson wohl machen. Die anderen haben wir mit einfachen, aber effektiven Angeln ausgestattet, die durch Bewegung anzeigen, wenn etwas anbeißt. Lange hat es nicht gedauert, da hatte Alexis den ersten Fisch an der Angel. Ich tat es ihm gleich. Aber auch Jahrzehnte nach meiner Kindheitserfahrung war ich immer noch nicht im Stande, den Haken aus dem Fischmaul zu nehmen. Zumal diese Fischart (Barsch) eine recht scharfkantige Rückenflosse hat.
Nach einiger Zeit wurde es zu kalt (obwohl es ein recht milder Tag war) und wir verkrümelten uns ins Zelt. Der Angelheld hatte sogar eine Standheizung mitgebracht. Das war echt Luxus-Eisfischen! Nach 1.5 Stunden hatten wir vier Barsche gefangen. Die mussten natürlich eine bestimmte Größe haben. Sieben waren es nach vier Stunden, dann hatten wir genug. Anstatt sie zu töten, hat Alexis die Fische einfach auf dem Eis liegen lassen. Sie sind also quasi entweder erfroren oder erstickt. Auch kein besserer Tod...Aber ich wollte diese Erfahrung machen, also musste ich da durch.
Am Ende lud er mich zu sich nach Hause ein und bereitete den Fisch für uns zu. Er hat sein Haus weitestgehend allein gebaut und das war mega beeindruckend! Naja und zugegebenermaßen war der Fisch dann auch echt lecker...
Bei Adrenalin sag ich nicht nein
Ein weiteres Highlight war für mich die Fahrt mit einem Schneemobil. Meine Chefin war so lieb und hat mir eine Tour (mit Rabatt zwei Stunden für 200 CAD) organisiert und mich dann dorthin gefahren. Ich wäre ja lieber alleine über die Pisten der Gegend gefeuert, aber wenn man sowas noch nie gefahren ist, ist das vielleicht nicht die beste Idee. Also doch die geführte Tour. Heute herrschte ein reges Schneechaos - schlecht für die Sicht, gut für´s Fahrvergnügen. Wir waren sechs Teilnehmer (fünf Männer und ich!) sowie ein Guide. Es gab eine kurze Einweisung und dann ging es auch schon los. Ich sollte an zweiter Stelle hinter dem Guide fahren.
Die Schneemobile können wohl bis 120 km/h erreichen. Auf den ausgezeichneten Skidoo-Wegen, die wir einschlugen, waren 70 maximal erlaubt. Wir starteten mit soliden 40km/h, um ein Gespür für´s Gefährt zu bekommen. Die Maschinen, die wir hatten, waren auf ein bequemes Fahren ausgelegt. Heißt: offroad besser nicht. Obwohl es mich sehr gereizt hätte, einfach mal den Lenker nach rechts zu reißen und auf ´nem Feld auszurasten :D Sogar als Beifahrer hätte mir das gereicht. Aber nicht heute.
Die Gruppe hatte es bald raus und so cruisten wir über Huckelpisten, bergauf und bergab. Es gab eine kurze Verschnaufpause und ich fragte den Guide, ob wir nicht auch nur ein bisschen schneller fahren könnten. Er meinte, dass er vorfahren kann, ich später starten sollte und dann eben mehr beschleunigen kann. Gesagt, getan. Bis knapp über 80 km/h wurden es. Das hört sich vielleicht nicht super rasant an...aber wenn man keinen geschützten Bereich um seinen Körper hat und jede Außeneinwirkung oder eigenes Versagen direkten Einfluss hat...dann sind 80 km/h schon ganz schön schnell.
Kurz vor Ende der Tour sprangen dann plötzlich Rehe vor uns aus dem Gebüsch über die Fahrbahn. In diesem Moment war ich sehr froh, nicht mehr auf Schnelligkeit aus gewesen zu sein.
Die Tour hat echt Spaß gemacht, das Schneemobilfahren hat Suchtpotential ausgelöst und diverse Male dieses Kribbeln im Bauch erzeugt, was ich bekomme, wenn Adrenalin auf Spaß trifft. Habe sogar kurzzeitig überlegt, einen Motorradführerschein zu machen. Aber es war auch recht anstrengend, denn ich musste die ganze Zeit meinen Daumen benutzen, um Gas zu geben. Der tat dann echt noch zwei Tage danach weh :D Schalten muss man übrigens nicht und Griffe und Knöpfe waren beheizt (es gibt sogar Modelle mit beheizten Sitzen). Um privat Skidoo in Quebec fahren zu dürfen, muss man eine Jahreslizenz erwerben. Die kostet 400 Dollar.
Weniger adrenalinhaltig, dafür nicht weniger interessant war Ski-Langlauf. Ich durfte mir das Equipment meiner Kollegin leihen und bin mit einem Bekannten losgezogen. Leider hatte der sich verspätet und ich musste an dem Tag noch arbeiten, weshalb sich die Tour dann auf eine Stunde begrenzte. War trotzdem ganz schön anstrengend, denn die gewählte Strecke hatte einige Anstiege und Abfahrten. Die bin ich dann gelaufen, weil alles recht vereist war und meine Skills im Langlauf eher sehr rudimentär sind... Etwas später bin ich dann noch einmal alleine losgezogen, auf flachem Terrain und das war großartig.
Schiiiifoan!
Wenn ich in einem Skigebiet arbeite, dann sollte ich doch mindestens einmal skifahren. Das dachte ich recht lange, doch war es nicht einfach, das auch umzusetzen. Ich habe bis dato erst einmal in meinem Leben auf Ski gestanden - und das war vor acht Jahren. Damals zwar mit einem Skilehrer...Aber viel hängengeblieben ist nicht. Zumal ich auch echt immer ängstlicher werde, je älter ich werde (verdammt!). Ich wollte mich ja nicht gefährden oder gar verletzten und hätte dann schlimmstenfalls nicht mehr arbeiten können...
Ich hatte riesiges Glück, dass zwei meiner Kollegen wohl Mitleid mit mir hatten und mir zusagten, mit skifahren zu kommen. Wir sich aber nicht nach Mont-Tremblant, sondern auf den Mont Blanc. Das Gebiet ist zwar etwas kleiner (und glaube auch nicht so hoch)...aber es hatte auch ein Spezial zum Ende der Saison, dass man nur 29 CAD für einen Tages-Skipass bezahlt. In Tremblant starten die Tarife bei 99 CAD. Und dann kommt ja noch das Equipment (und die Steuern) dazu...
Keva, meine Kollegin, war früher auch mal Skilehrerin für Kinder. Das war also wieder mal ein mega guter "Zufall" :) Sie brachte mir 30 Minuten auf dem Anfängerhügel bremsen und wenden bei und dann erklärte sie mich bereit für die grüne Piste. Am meisten Muffensausen hatte ich vor dem Absprung aus dem Lift. Man kennt ja selbst als Nicht-Skifahrer diverse "lustige" Videos von weniger erfolgreichen Absprungversuchen. Aber auch da konnten mich Keva und Fred gut unterstützen. Natürlich bin ich ein paar Mal auf dem Hintern gelandet, aber ich hatte sehr viel mehr Spaß als Bedenken. Anstrengend war es, das kann ich sagen :D
ganz schön steil für ´nen Anfänger |
Mit diesen kleinen und großen Alltagserlebnissen gestaltete sich meine Zeit bei den Huskies noch viel schöner. Denn auch wenn ich alles daran liebe, was ich hier mache, so brauchen Kopf und Körper auch mal Abwechslung vom Alltag. Ich möchte keins dieser Erlebnisse missen.