"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Montag, 27. April 2020

Neuseeland – Update nach vier Wochen Isolation



Vier Wochen unfreiwillige Reisepause – die waren genau am 23. April vorbei. So richtig gute Nachrichten gab es trotzdem nicht. Am 20. April verkündete die Premierministerin Jacinda Ardern, dass Level 4 noch bis zum 27.4. verlängert wird, danach allerdings auf Level 3 heruntergestuft wird. Diese Phase soll dann mindestens zwei Wochen anhalten. Am 11. Mai wird dann neu entschieden. Uff. Wir wussten nicht so richtig, wie wir auf diese Nachricht reagieren sollten. Sarahs erste Reaktion: Was essen wir dann in der verbleibenden Zeit? Siljas Reaktion: Wann tauschen wir die Zimmer wieder? Und ich so: ???

Stufe 3 wurde vor der Abstufung geändert, sodass es uns weiterhin nicht möglich ist, weiterzureisen. Bzw. dürfen wir uns regional fortbewegen, allerdings nur für essentielle Dinge. Düdüm. Wir haben überlegt, uns wenigstens regional weiterzubewegen. Und uns eine andere Unterkunft in Reiserichtung zu suchen (bspw. durch Woofing), um wenigstens einen kleinen Tapetenwechsel zu haben. Andererseits haben wir es hier ja auch verdammt gut und alles Neue könnte da sicher nicht mithalten. 

Wir sind also im Zwiespalt zwischen „wir wollen unbedingt weiterreisen“ und „hier ist´s ja gar nicht so schlecht“. Witzig zu beobachten ist, dass wir aber alle mal unsere Stimmungen/ Meinungen bezüglich der Weiterreise ändern. Am Anfang war Sarah diejenige, die alles bis zum 23.April nur plante – fest entschlossen, dass es danach in Queenie weitergeht. Doch dann war es Silja, die die Nachricht des erneuten zweiwöchigen Zwangsurlaubs so richtig runterzog. Sie ist mittlerweile Diejenige, die am meisten von uns das Bedürfnis hat, weiterzuziehen. Bei mir selbst variiert es stark. An Regentagen ist meine Stimmung ebenfalls eher weniger heiter und dann sehne ich mich auch sehr nach einem Tapetenwechsel. Pierre findet es mittlerweile auch echt cool hier und will auch nicht mehr so stark weg, wie zu Beginn.

Essen geht immer!

Was mir neulich jedoch (negativ) aufgefallen ist, ist, dass wir bequem werden. Wir wandern ab und an noch, aber so richtig motiviert scheint keiner von uns (okay, es geht halt auch immer Berg hoch :D ).  Die meisten Wege sind leider eh noch unzugänglich…

Es wird deutlich kühler und der Herbst ist nun auch vollkommen da (die Bäume verfärben sich). Wir schalten im Apartment schon manchmal die Heizung an, wie sollen wir dann bei noch kälteren Temperaturen im Süden im Auto überleben? :D 

Aber es kommt wie es kommen soll… Und ab morgen haben zumindest wieder einige Restaurants und Läden geöffnet und wir freuen uns schon echt wieder auf einen richtigen Kaffee, vielleicht auch mal auswärts essen zu gehen bzw. im Takeaway mitzunehmen und wenn´s ganz gut läuft, ne Kugel Eis abzugreifen. <3 

Was sonst noch so geschah… 

 

Wer bin ich?

Die Zeit seit dem letzten Blogeintrag haben wir eigentlich genauso gestaltet wie die Zeit zuvor:
Entspannen/ Sonnen/ Sport/ Kochen/ Backen/ Handyfreier Tag einmal pro Woche. Dazu kam ein „silent day“. Wir wollten schauen, was passiert, wenn wir einen Tag lang nicht miteinander reden. Also zumindest bis 15 Uhr als erste Deadline. Das gestaltete sich gar nicht so schwer, wie gedacht. Die Kommunikation mit den Mädels funktioniert auch mit Mimik und Händen ganz gut. Wir sind halt schon gut eingespielt und wissen, wer was will und was nicht. Das Schwierigste für uns war, als wir joggen waren. Wir konnten die Nachbarn oder entgegenkommende Leute nicht wie gewohnt mit einem kleinen "Good Morning" oder "hello" grüßen, sondern ihnen einfach nur winken oder nicken. Das war komisch.

Und dann war noch eine Situation, da sind wir drei Mädels bei Ebbe über die Steine gelaufen. Ich habe eine kleine Höhle inspiziert und kurz gedacht: Es wär jetzt echt doof, wenn ich von einem Stein erschlagen würde. Und dann hat Sarah aus Spaß einen Stein neben mich geworfen, um mir einen Schrecken einzujagen. Allerdings in Kombi mit meinen Gedanken fand ich das dann nicht so witzig und musste kurz „Sarah!“ aus Empörung schreien. Kurz vor 15 Uhr haben wir dann non verbal entschieden, ob wir verlängern oder nicht. Sarah war dagegen, ich hätte noch 2h dran gehängt. Also einigten wir uns auf 16 Uhr. Beim Kaffeeklatsch haben wir dann ausgewertet und den Tag und die Situationen besprochen. Und das war ganz witzig, denn auch wenn wir fast den ganzen Tag miteinander verbracht hatten, hatten wir uns etwas zu erzählen. 
Wattwanderung








Interessant war auch der lästerfrei-Tag. Ich habe ja bereits gestanden, dass es Pierre mit uns Mädels oft nicht leicht hat. Andersrum aber genauso. Er schafft es oft, uns zur Weißglut zu bringen und dann sprudeln da manchmal ein paar Sätze aus uns heraus. Und das haben wir an dem Tag unterbunden. Auch nicht ganz leicht, wenn man in gewohnten Mustern ist. Aber machbar. Und hat auch positive Nachwirkungen :)
Kaffeeklatsch
Wir kochen immer noch jeden Tag, allerdings haben wir unser Back-Konsum sehr heruntergefahren.
Sonst würde die Umstellung zur Weiterreise echt schwer werden *haha





Den letzten Kuchen haben wir an Sarahs Geburtstag gebacken. Der verlief auch eher ruhig, denn es war ein Regentag und Sarah findet, dass es ein Tag wie jeder andere ist. Deshalb sind wir auch einkaufen gefahren. Nachmittags gab es dann trotzdem einen Kaffeeklatsch und abends hatten wir dann noch Besuch von einem Deutschen, den wir vor dem Shutdown auf dem Campingplatz kennenlernten (die dann ins 6-Mann-Zimmer im Hostel gezogen sind). Er hatte zwei Franzosen zum Flughafen nach Christchurch gebracht und auf dem Rückweg bei uns angehalten. Es war mal eine willkommene Abwechslung, mit einer anderen Person reden zu können.

Geburtstagsrunde

Die typischen Geburtstagsspiele hatten wir bereits ein paar Tage zuvor aus Langerweile erprobt.

Langeweile-Level: 2000 :D


Zeigt her eure Füße


Ein weiteres Highlight für mich war, dass Julie meine Füße einer Fußreflexzonenanalyse und –massage unterzogen hat. Sie ist Reflexologin und kann anhand der Ohren, Hände und Füße Auskunft über die mentale und physische Gesundheit ihres Patienten Auskunft geben. Ihr Spezialgebiet sind die Füße. In den 1.5 Stunden Analyse und Massage kam ich mir vor wie in einem Spa. Ruhige Musik, toller Duft, entspannter Sessel…Perfekt. Und wieder dachte ich mir so: Welch ein Glück wir hier doch haben! Ich bin gespannt, welche Talente noch so ans Tageslicht kommen :)

Jedenfalls Entwarnung: Neben den schon bekannten Wehwehchen sind meine Füße echt gesund. Damit werde ich dann irgendwann mal meinen Orthopäden konfrontieren ;) 

mal wieder etwas wandern
Apropos Füße…die stillzuhalten, fällt uns weiterhin schwer. Ich hoffe darauf, dass ab Dienstag ein bisschen mehr Austausch in den Neuseeland-Reise-Facebook-Gruppen herrscht, um abschätzen zu können, ob eine Weiterreise sinnvoll aber vor allem auch realistisch ist. Denn wenn die Campingplätze und öffentliche Toiletten weiterhin geschlossen sind, bringt es uns auch nix, weiterzuziehen…

Trotzdem haben wir es uns nicht nehmen lassen, Level 3 gebührend willkommen zu heißen. Das war die Idee von unserer Vermieterin. So kamen wir gestern zum Abendessen alle zusammen und jeder hat etwas gekocht. Das war toll (und lecker).


Ich halte euch auf dem Laufenden!

Eure ungeduldige Caro





Montag, 13. April 2020

Neuseeland - Im goldenen Käfig

Tag eins der Selbstisolation

 
Am ersten Morgen waren wir neugierig auf den Ausblick, denn im Dunkeln konnten wir bereits das Meer hören. Und was sollen wir sagen: Es ist alles noch viel toller als im Dunkeln! Wir erkundeten etwas die Umgebung. Leider nur kurz, weil es fast den ganzen Tag regnete. Aber was wir sahen, machte uns glücklich: ein Kräutergarten, privater Zugang zum Meer, Kajaks und Stand-Up-Paddle-Boards, eine Hollywoodschaukel am Meer, unser Balkon mit Blick aufs Meer, viele Vögel mit tollen Gesängen, Hügel die erklimmt werden wollen und ein Strand, den wir in zwei Stunden Laufweg erreichen können. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu schwärmen! Aber gut, wir sprechen uns in vier Wochen nochmal *haha

Die Erkundungstour fiel leider recht kurz aus, denn es regnete am Nachmittag. So entschlossen wir uns, etwas Sport zu treiben. Ich mit angezogener Handbremse denn meine Nase war ja noch verstopft. Abends gab es lecker Burger und während meine „Mitbewohner“ Karten spielten, schrieb ich den letzten Blog.

 
auf kleiner Erkundungstour



Ich könnte jetzt anfangen, zu schreiben, was wir jeden Tag gemacht haben. Aber dann würde sich viel wiederholen. Der durchschnittliche Tag bei uns sieht etwa wie folgt aus: spätes Frühstück/ (Wasser-) Sport/ chillen/ spazieren gehen/ wandern/ kochen/ Film schauen/ Spiele spielen/ reden/ am Handy hängen (in beliebiger Reihenfolge).


mal so...
...aber auch so :)

Ein Mal pro Woche putzen wir die Wohnung, einmal waschen wir Wäsche. Zudem haben wir einen zuckerfreien Tag eingeführt, einen weiteren Tag ohne Handy. Der ohne Zucker fiel uns bedeutend schwerer, vor allem, wenn nur drei der vier Leute mitziehen (Pierre hält sich da gern raus aber macht sich auch nichts daraus, uns dann was vorzuessen). Etwa einmal pro Woche gehen wir auch einkaufen. Das nimmt dann auch fast einen ganzen Tag in Anspruch, weil es immer eine Sache gibt, die schwer zu bekommen ist und wir dann mindestens zwei Supermärkte abklappern.

Platz 1 in diesem Ranking ist definitiv (Trocken-) Hefe. Wir haben sicher in 8 Läden geschaut, bis wir dann mal welche gefunden haben. Und jetzt backen wir wie die Meister alles, was mit Hefe geht: von Brot über Gebäck und einen Hefezopf am Ostersonntag. Doch dazu später mehr. 
nach etlichen Versuchen haben wir endlich Hefe ergattert!

Platz 2 belegt Mehl. Gibt es entweder gar nicht oder nur in riesigen Mengen (ab 5kg – würde sich mittlerweile lohnen).

Platz 3 geht an Reis. Gleiche Begründung wie beim Mehl.

Die „Highlights“ der ersten beiden Wochen Isolation:


Am fünften Tag hier im Treehouse Hideaway haben wir erstmals die Kajaks und SUP getestet. Und was soll ich sagen: Die Sache an sich hat nicht nur ne Menge Spaß gemacht (auch wenn wir uns immer nach den Gezeiten richten müssen und die Strömung in der Bucht deshalb nicht ganz ohne ist). Was ich persönlich richtig toll fand: Dass wir vor einer Halbinsel, die wir ansteuerten, Rochen unter uns gesehen haben. Ich war so aufgeregt!



Am gleichen Tag haben wir auch mit Julie, unserer Vermieterin, gesprochen und erfahren, dass sie am 1. April (also einen Tag später) Geburtstag hat (54 Jahre alt, wie wir dann mitbekommen haben). Wir wollten an dem Tag sowieso einkaufen und haben ihr Blümchen mitgebracht und einen ersten Kuchen selbst gebacken (versunkener Streuselkuchen). Weil die ganze Einkaufsaktion mit diversen Anstehen (etwa 30 Min pro Laden) 5.5 Stunden in Anspruch genommen hatte, wir den Kuchen noch backen mussten und Julie uns keine feste Zeit gesagt hat (sie meinte abends wird sie sich mit ihren Nachbarn im Garten zusammenfinden, wir können gern dazukommen), kamen wir recht spät in den Garten. Die Nachbarn waren bereits weg, die Dämmerung begann. Wir saßen trotzdem noch zusammen, sie bot uns Baileys, wir ihr den Kuchen an und hatten eine gute Zeit. Bis die Mücken unsere Geduld echt auf die Probe gestellt haben. Im Apartment selbst hatte Pierre dann auch noch mal 25 gekillt. Aber eigentlich ist Silja die Mückenbeseitigungs-Meisterin. Nachdem wir noch ein paar Freunde, Familie und uns selbst natürlich mehr oder weniger erfolgreich veralbert haben (sorry noch einmal an dieser Stelle ;) ), endete der Tag recht ruhig.

Macadamia
Feijoas
Am 2. April endete Julies persönliche Quarantänezeit. Sie war mit ihrem Sohn vor dem Shutdown in England und hatte sich selbst zwei Wochen Kontaktverbot zu anderen Menschen auferlegt. Diese war heute vorbei. Wir nutzten die Chance und boten ihr an, im Garten zu helfen. Und haben nebenbei erfahren, welche Vielfalt dieser eigentlich zu bieten hat: Kaki, Avocados, Birnen, Äpfel, Blaubeeren, Feijoas (brasilianische Guaven), Macadamia- und Haselnussbäumchen, Oliven, Kräuter, Salat…Ich weiß gar nicht, ob das schon alles war. Wir halfen ihr bei der Apfelernte und durften dafür mit ihrem Entsafter Äpfel zu frischem Apfelsaft pressen. Julie möchte dieses Paradies übrigens in liebevolle Hände geben. Wer Interesse hat, das Anwesen und den Garten Eden zu übernehmen, ist mit etwa 1.92 Millionen NZDollar (Marktwert) dabei. Hier gibt es noch einmal ein paar Impressionen: https://www.cablebaylodge.nz/  Dann haben wir auch noch den Zupfkuchen für meinen Geburtstag am Folgetag vorgebacken. 

exotische Nachbarn gibt´s auch


Geburtstag in Selbstisolation in Neuseeland: Ich hätte es mir kaum schöner vorstellen können.


Wir hielten uns bis Mitternacht wach, obwohl das allen ziemlich schwer fiel und ich mehrfach anbot, ins Bett zu gehen, weil ich das selbst als nicht so wichtig empfand. Aber die Mädels bestanden darauf. Und so gratulierten mir alle Punkt 12 zum neuen Lebensjahr. Und dann bekam ich auch noch Videobotschaften von meinen Liebsten daheim - die Tränen kullerten. Nicht wegen des Heimwehs, zugegebenermaßen nicht einmal allzu doll wegen des Vermissens (natürlich auch ein bisschen). Ich war eher sehr gerührt und ergriffen, was für tolle Menschen ich da in meinem Leben habe und wie stark unsere Bindung auch über die Distanz und Zeit hinweg ist. Ich möchte mich an dieser Stelle noch einmal bei allen „Teilnehmern“ bedanken und vor allem aber bei Vivi, die das alles in die Wege geleitet hat. <3 Ich kann meine Wertschätzung kaum in Worte fassen!

Wir hatten keinen wirklichen Plan für meinen Geburtstag. Den haben wir eigentlich für keinen Tag. Wir schauen, wie das Wetter wird und worauf wir Lust haben. Das Wetter meinte es seeeehr gut mit uns. Silja und Sarah bereiteten ein richtig tolles Geburtstagsfrühstück mit Pancakes, Früchten, Rührei, Kaffee und Wasser zum Anstoßen vor. Kleine Nebeninfo: Bis auf Bier, Wein und Sekt wird kein Alkohol in den normalen Supermärkten verkauft. Hochprozentiges gibt es nur in sogenannten Liquorstores und die sind leider alle geschlossen :/ 

Wir entschieden uns, zu dem Strand zu fahren, an dem wir bisher noch nicht waren. Man erreicht ihn auch nur, wenn Ebbe ist. Zur besseren Vorstellung: Der Strand lag vor der Bucht, schloss diese aber nicht komplett ein, sodass durch einen kleinen Zufluss das Wasser immer rein und raus konnte. Und wir näherten uns dem Strand von hinten über die Bucht während der Ebbe.

Google Maps meinte, wir könnten bis fast ganz ran fahren. Doch dann durchkreuzten Privatwege unseren Plan, sodass wir am Straßenrand die Autos abstellten und zu Fuß durch´s Watt sind. Pierre war wohl etwas zu optimistisch und nahm keine Schuhe mit. Das war keine gute Entscheidung, denn je näher wir dem Strand kamen, desto mehr Muschelreste lagen im Watt und die waren teils messerscharf. Selbst ich mit meinen Flip Flops hatte die Kanten teils an meinen Zehen gespürt.






Nachdem wir es alle endlich geschafft hatten, den Strand zu erreichen, hatte der Anblick vor uns die Strapazen mehr als gerechtfertigt: wir hatten einen absolut leeren, weitläufigen Strand vor uns. Die Sonne schien uns ins Gesicht, der Wind wehte uns durch die Haare. Ich war glücklich. Wie ein kleines Kind rannte ich am Strand entlang, teils durch die Wellen. Ein kleines bisschen Freiheitsgefühl im goldenen Käfig. Lange konnten wir das jedoch nicht genießen, denn die Flut bahnte sich relativ zügig ihren Weg sodass wir uns 30 Minuten später wieder zurückbegeben mussten.



Delaware Bay



Das Timing war jedoch ganz gut, denn so kamen wir quasi zum
Kaffeeklatsch im Apartment an. Wir hatten Julie eingeladen und die wiederum bot an, abends noch ein Feuer am Strand zu machen. Perfekt! Wir bereiteten noch halb improvisierten Stockbrotteig vor (weil wir da noch keine Hefe hatten) und trafen uns dann abends unten am Steg. Julie hatte noch eine Brandyflasche sowie lokale Schoki als Geschenk mitgebracht und so konnten wir dann doch noch anstoßen haha. Die Krönung des Tages brachte mir eine Sternschnuppe im Nachthimmel. Welch schöner Tag!




Die Tage werden kürzer und wir werden mehr.


Vom vierten auf den fünften April wurden auch in Neuseeland die Uhren umgestellt. Das bedeutet nicht nur, dass der Zeitunterschied nach Deutschland jetzt nur noch zehn Stunden beträgt. Vielmehr beeinflusst uns das auch in unserer Tagesstruktur – denn jetzt ist es 18 Uhr bereits dunkel. Nicht, dass wir sonst viele Dinge auf der Agenda hätten, aber gerade in Hinblick auf unsere weitere Reise wird uns das sicher einschränken. Wobei wir abends während des Reisens ja relativ früh ins Bett gehen. Dann sollte uns das frühe Aufstehen auch nichts ausmachen. Sarah wird schon dafür sorgen, dass wir alle wach werden. Sie ist ja immer die Erste von uns, die trotz Schlafmaske wach wird :D

Am elften Tag unserer Isolation bekamen wir eine neue Mitbewohnerin. Monique, 64, Holländerin mit Wohnsitz in Frankreich. Sie hatte ihre Schwester hier für zwei Monate besucht, sich mit ihr aber nicht mehr gut verstanden und suchte nun nach einer neuen Bleibe bis sie zurückreisen kann. Wir waren für die Abwechslung dankbar. Noch interessanter wurde es allerdings, als wir erfuhren, dass sie Astrologin ist. An einem weiteren Abend mit Lagerfeuer und Sternenhimmel erzählte sie uns etwas über unsere Sternzeichen. Ob man daran glaubt oder nicht, etwas auffällig fanden wir es alle, dass wir Anwesenden quasi mit unseren Sternzeichen immer doppelt vertreten waren (zwei Widder, zwei Krebse (eine Nachbarin war noch zu Besuch), zwei Stiere). Bis auf Monique als Löwe. Und auch in dieser Nacht sah ich wieder eine Sternschnuppe. Ich weiß gar nicht, was ich mir noch wünschen soll ;)

Was auch schön war, dass Julie sagte, dass die neuen Erkrankungen mit Corona in Neuseeland rückläufig sind. Das gab uns neue Hoffnung für ein baldiges Weiterreisen.

Frühstück mit Aussicht
Die Tage vergingen und unsere Verbindung zu Julie und Monique wurde immer besser. Wir sitzen oft nach dem Frühstück zusammen und reden. Monique bot uns an, uns noch mehr über uns selbst (voraus-)zu sagen. Über unser pures Ich in uns, mit dem jeder geboren wird und welches nicht durch Erziehung oder andere äußere Umstände geprägt wird. Wir freuten uns über dieses Angebot und waren sehr neugierig (auch da wieder unabhängig ob man daran glaubt oder nicht – anhören kann man es sich ja ;) ). Sie fing mit mir an. Allzu viel möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, da es doch sehr persönlich war. Jedenfalls habe ich jetzt einen Lebensplan B in der Hinterhand und habe noch mehr Selbstvertrauen. Allein dafür hat sich die halbe Stunde Aufmerksamkeit schon gelohnt. 

Halbzeit!


Sarahs Isolationskalender - jeden Tag eine weniger!
Wir haben uns erstaunlich schnell mit der Isolation arrangiert. Irgendwie vergeht die Zeit immer. Es fühlt sich an, als hätten wir Urlaub vom Urlaub. Und ich genieße wirklich jeden Tag hier. Zeit zu verschwenden – das wäre in Deutschland für mich persönlich als durchstrukturierter Mensch kaum vorstellbar. Es ist egal, wann wir aufstehen. Es ist egal, wann wir Sport machen oder kochen. Ob wir heute wandern gehen oder morgen. Wir haben Zeit. Zeit für uns, Zeit für Sport, Zeit für gutes Essen. Wie ich das schätze! 



Wandertag :)



Und obwohl wir alle 24/7 aufeinander hocken und vor allem wir Mädels auch wirklich alles zusammen machen, gehen wir uns noch immer nicht auf den Sack. Ob das an unseren Sternzeichen liegt? Haha. Ich bin jedenfalls erstaunt und froh darüber zugleich. Ich muss allerdings auch gestehen, dass wir echt eine feste Einheit bilden und Pierre da manchmal zu kurz kommt. Ob es am Geschlecht, der Nationalität (bzw. den daraus ergehenden Sprachbarrieren) oder seinem Verhalten ab und an liegt kann ich nicht genau sagen. Vielleicht macht´s die Mischung. Aber er ist halt auch eher der Einzelgänger.  

Denn Pierre hat große Probleme, sich mit der Situation des Festsitzens zu arrangieren. Wobei er natürlich die Umgebung und das Apartment auch sehr toll findet. Aber weil er so freiheitsliebend ist, kommt er einfach nicht damit klar, mal vier Wochen die Beine still zu halten. Paradoxerweise ist er aber Derjenige, der am wenigsten aktiv von uns ist. Er sitzt die meiste Zeit drinnen mit dem Handy vorm Gesicht. Bis auf drei Ausflüge hat er nichts mit uns unternommen. Das finde ich schon schade. Vor allem für ihn, aber das beeinflusst auch etwas unsere gesamte Gruppendynamik. Nunja, ich hab ihm geraten sich mit der Situation anzufreunden anstatt ständig zu sehen, wie doof das ist und damit Energie zu verschwenden. Aber umsetzen muss er es selbst… Wir Mädels bleiben jedenfalls positiv ;)

Ostern!

 

Ich glaub Julie hatte keine Feiertagspläne. Monique hatte sogar vollkommen vergessen, dass Ostern anstand. So haben wir Mädels beschlossen, für alle am Ostersonntag einen Kaffeeklatsch zu machen. Neben einem Apfelkuchen, den sich Julie durch die Blume gewünscht hat, haben wir zum ersten Mal in unserem Leben einen Hefezopf gemacht. Weil das Wetter leider sehr zu wünschen übrig ließ, trafen wir uns alle in Julies Wohnung, die noch viel toller als unser Apartment ist. 



 
Wir saßen gemütlich zusammen und es fühlte sich alles genau so richtig an. Mehr als nur sechs
Personen, die umständehalber die gleiche Unterkunft teilten und nun an einem Tisch zusammen saßen. Mehr als eine Zweck-WG. Aber natürlich weniger als eine Familie. Irgendwas dazwischen. Dann bekam Sarah ihre Auswertung von Monique und Julie lud uns für den Abend zum Risotto ein.

Wir nutzen das schlechte Wetter und die Zwischenzeit, um noch fix ein frisches Brot zu backen. Darin sind wir ja mittlerweile geübt. Dann haben Sarah, Silja und ich noch ein paar Süßigkeiten für die jeweils Andere in unserem Apartment versteckt. Wir wollten das ursprünglich im Garten machen, aber selbst die Wohnung stellte sich als schier unendliche Versteckmöglichkeit heraus und wir waren quasi froh, dass nicht in dem Gartendschungel suchen zu müssen. Das war schon recht witzig :D
 
Nach dem leckeren Risotto von Julie haben wir uns bei ihr noch einen Film angeschaut und sind dann ins Bett. Sarah meinte, dass sie sich quasi schon darauf freut, in einem Jahr sagen zu können: „Vor einem Jahr, damals zu Ostern in Neuseeland“ und ich finde diese Vorstellung absolut ungreifbar weil die ganze Situation hier manchmal so unreal für mich ist. 

Should I stay or should I go?



 Manche meiner Freunde fragten, ob ich nicht mit dem Rückholprogramm nach Hause kommen will. Es gab vereinzelt auch einen für mich verbal erhobenen Zeigefinger. Natürlich gab es ein paar Momente, als ich darüber nachgedacht hab. Vor allem, wenn man in Facebookgruppen von diversen Deutschen liest, welch anscheinende Erlösung es für sie war, endlich die Bestätigung zum Flug zu erhalten und nach Deutschland zurückzukehren. Da fühlt man sich als Hierbleibende ja fast schon schlecht. Fast. Denn nachdem ich die Entscheidung getroffen hab, hierzubleiben, stand ich auch felsenfest dahinter – und stehe es immer noch. 

deutsche Brotzeit :)
Ich betrachte die vier Wochen Zwangspause (davon ausgehend dass es nicht verlängert wird) nicht als großen Rückschlag. Viel mehr als Geschenk. Alles passiert aus einem Grund und ich bin gespannt, was auf unserer Reise noch so geschehen wird, von dem wir sagen können: Wären wir nicht in Isolation gewesen, hätten wir das oder das nicht gemacht (oder ähnlich). Jetzt jedenfalls kann ich schon sagen: Wäre die Isolation nicht gewesen, hätten wir wahrscheinlich weiter im zügigen Tempo die Insel bereist. Hätten wir diesen wundervollen Ort hier nicht kennengelernt. Hätte Silja nicht Standup-Paddle-Boarding gelernt. Hätten wir nicht eine Zukunftsprognose von Monique erhalten. Wären wir nicht so fit und hätten uns nicht so gut (manchmal aber auch sehr schlecht :D ) ernährt. (…) Ich könnte noch lange so weitermachen.  
Vorfreude
Wir fühlen uns hier sehr wohl und vor allem sicher. Und wenn ich so Kontakt mit meinen Leuten daheim hab, haben wir es hier - trotz der teilweise gleichen oder sehr ähnlichen - Regularien viel besser. Und in unserem kleinen Örtchen Cable Bay haben wir auch sehr viel Glück mit den Nachbarn. Denn im Gegensatz zu anderen Orten, von denen wir hörten, dass Touris blöd auf der Straße angemacht wurden, warum sie noch im Land seien…werden wir hier akzeptiert, von jedem gegrüßt und grüßen stets nett zurück. Wir wurden auch schon auf der Straße gefragt, ob wir Julies Gäste seien. Wie gesagt, wir fühlen uns sehr wohl. 

Deshalb beginnen wir mittlerweile auch seit der Halbzeit, die Tage rückwärts zu zählen und Dinge zu sagen wie: Bevor wir weiterreisen, müssen wir noch unbedingt das und das unternehmen/ backen/ kochen. Ein bisschen schmunzel ich darüber. 

Eins ist mir aber jetzt schon klar: Ich werde dieses Fleckchen Erde und die Zeit hier mit Sicherheit vermissen und nie vergessen.

Caro