"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Samstag, 30. September 2017

Von Käsebroten, Hochzeiten und Bergen - Armenien und Georgien II.


Armenien (23.09.-27.09.)




Blick auf Jerewan

Eigentlich wollte ich über Land nach Jerewan. Das wären laut Google Maps nur knapp 450km gewesen. Aber dank meiner ausführlichen Recherche vorab habe ich erfahren, dass die vorgeschlagene Route über einen Hochpass führt, auf dem man Allradantrieb haben sollte und der deshalb nicht von öffentlichen Minibussen befahren wird. Es blieben also noch zur Wahl: 16 Stunden Zugfahrt für etwa 32 Euro, mindestens 13 Stunden in einem engen Minibus (auch Mashrutka genannt) für ca 20 Euro (und die gleiche Strecke, die ich später auch zurück gefahren wäre) oder einen Flug (1,5 Stunden reine Flugzeit mit Umstieg in Tbilisi) für etwa 85 Euro. Ich gönnte mir Letzteres. 

Bei dem inländischen Flug wurde ich fast strenger gecheckt als bei dem internationalen. Ich durfte zwar mein Wasser im Handgepäck mitnehmen, musste aber vor den Augen der Kontrolleurin etwas daraus trinken.  

Ich kam gegen 17 Uhr Ortszeit in der Hauptstadt Armeniens, in Jerewan an. Auch hier hatte ich mir bereits eine Unterkunft über Couchsurfing klar gemacht. Auch vorher recherchiert, wie ich dorthin käme. Aber es kam alles anders, als geplant. Zuerst versuchte ich an mindestens 6 unterschiedlichen Automaten, mit meiner Kreditkarte an Cash zu kommen. Und an keinem mit Erfolg (auf Nachfrage bei meiner Bank kam raus, dass ich mindestens einen umgerechneten Eurowert in Höhe von 50 Euro abheben hätte müssen-für 4-5 Tage Armenien recht viel ;) ). Ich musste also ein paar Euro tauschen und stieg in den alten Minivan. Ich zeigte dem Fahrer, der recht alt und karg war, meinen Ort der Begierde. Ich hatte vorher über Google Maps Screenshots gemacht. Er dachte zu wissen, wo ich hin müsse. 

In den innerstädtischen Kleinbussen verhält es sich so: Es gibt eine begrenzte Anzahl von Sitzplätzen.
in der Metro
Ist diese erreicht, müssen alle weiteren Passagiere geduckt im Mittelgang ausharren. Ich hatte zum Glück einen Sitzplatz ergattert, aber nicht damit gerechnet, dass ich umsteigen müsste. Es ist verdammt schwer, mit einem Rucksack, der die Hälfte meines Körpers ausmacht, einen vollen Minivan zu verlassen (wo auch niemand aussteigt, um Platz zu machen) und in einen anderen vollen einzusteigen. Irgendwann wurde ich wieder abgesetzt und war am anderen Ende der Stadt. Zum Glück sprach ich eine junge Frau an, die sehr gut Englisch sprach. Sie lief mit mir rund 10-15 Minuten zu einer Metro, zahlte mir sogar die Fahrt und dann war ich etwa halb 8 bei meinem Host.
Wir quatschten ein bissl und machten uns gleich wieder los. In einem hippen Viertel gingen wir etwas essen (juhuuu, westliches Essen: Burger) und danach in eine Bar. In der wurde so extrem stark geraucht, dass es mir Tränen in die Augen trieb. 

Manu ist Medizinstudent aus Indien und ich ging am nächsten tag allein in die Stadt, weil er zur Uni musste. Jerewan hat man innerhalb von einem Tag gesehen. Die Stadt hatte –für mich- nur wenige Ecken mit Charme. Der Rest war viel Beton, Autos und Abgase. Auf den Bildern seht ihr natürlich nur die schönen Seiten der Stadt ;)

Oper in Jerewan


Straßenmeile unterhalb

Straßenmeile oberhalb

Moschee
 

Über Couchsurfing lernte ich auch Alex kennen, der mich zwar nicht unterbringen, mir dafür aber Etschmiadsin zeigen. Vom 2. bis 4. Jahrhundert war Etschmiadsin Hauptstadt Armeniens. Heute befindet sich dort in einer Klosteranlage der Sitz des Katholikos; des geistlichen Oberhauptes der Armenischen Apostolischen Kirche. Die Stadt besitzt drei bekannte Kirchen, die Kathedrale, St. Gajane, St. Hripsime, und zwei andere Kirchen, Schoghakat und im Zentrum die Muttergotteskirche  aus dem 19. Jahrhundert. Die Kirchen gelten als wichtiges Beispiel für die frühe armenische Kirchenbaukunst. Die Kathedrale soll die erste Kreuzkuppelkirche sein, sie geht auf einen Ursprungsbau von 485 zurück. Auf Grund von Erdbeben und feindlichen Angriffen musste die Kirche jedoch immer wieder neu errichtet werden. Wir haben sie alle gesehen. Klar ist es beeindruckend zu sehen, dass solch alte Kirchen existieren. Aber die sind von innen so schlicht, dass sie sich immer ähnlicher werden, je mehr man sieht...

Was ich aber beeindruckend fand, war, dass auf den ganz alten Grabsteinen und Innenschriften eine dermaßen alte Schrift benutzt wurde, die die heutige Generation der Armenier selbst nicht mehr lesen kann, da quasi die ersten und letzten Buchstaben eines Wortes zusammengezogen wurden und es demzufolge mehrere Möglichkeiten für die Bedeutung gibt. Abgesehen davon konnte ich weder die georgische, noch armenische Schrift lesen. War schwieriger als kyrillisch!
Und dann wurden wir erneut Zeugen einer Hochzeit. Diese Kirche galt als eine der heiligsten im Land und deshalb kostete eine Trauung laut Alex etwa 200 Euro. Das entspricht dem montaltlichen Durchschnittseinkommen eines Armeniers. Als Braut und Bräutigam auftauchten, hätte man fast glauben können, dass die beiden berühmt waren, wegen der vielen Kameraleute, die sie im Schlepptau hatten (Drohne inklusive). Die Trauung war recht kurz, wir hatten die Chance davor und danach mit dem Priester zu reden. Ich liebe es, so spontan und natürlich an den lokalen Feierlichkeiten, Sitten und Gebräuchen teilnehmen zu können. So lernt man Land und Leute noch besser kennen :)


 
Am Abend habe ich dann wieder eine Wassershow auf dem zentralen Platz gesehen. Scheint ja irgendwie populär zu sein :D


Eigentlich wollte ich eigenständig nach Dilijan und zum Sevan See. Aber in Armenien schien mir das selbstständige Fortbewegen ohne Sprachkenntnisse noch schwieriger als in Georgien. Die Busse schienen weniger organisiert, hatten zum Teil nicht mal eine Beschriftung. Es gab mehrere Busbahnhöfe und mein anfängliches Erlebnis zum Start in der Stadt schreckten mich etwas ab.
Ich entschied mich letztlich für eine Ganztagestour – eigentlich verabscheue ich soetwas ja ;) Aber in diesem Fall war das die richtige Entscheidung. Für etwa 20 Euro saßen wir in einem modernen, klimatisierten Kleinbus und wurden in einem guten Englisch von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit chauffiert. Das Mittagessen war ebenfalls inklusive und recht lecker! So konnte ich mir etwas Zeit einsparen und war auf der sicheren (Fortbewegungs-)Seite.
Hier ein paar Impressionen des Trips:






Blick auf den Sevan See


Am Mittwoch, den 27. September machte ich mich mit einem Marshrutka von Jerewan zurück nach Georgien. 

Georgien Teil 2

Tbilisi (Tiflis) 27.09.-4.10. 


Die Grenzüberquerung von Armenien nach Tiflis ist ziemlich unspektakulär. Bei der ersten Kontrolle
Grenze Armenien- Georgien
verlassen alle das Auto, das Gepäck bleibt drin. An der Grenze zu Georgien musste dann auch das Gepäck mit raus und wurde bei Bedarf gecheckt. Was mir auf dieser Tour echt zu Denken gab: Es war eine armenische, vierköpfige Familie mit im Auto. Der Vater konnte etwas Deutsch und erklärte, dass er mal in Deutschland gearbeitet hätte, aber sein Asylantrag abgelehnt wurde, weil er aus einem Land ohne aktuen Krieg käme. Das hat ihn sichtbar aufgewühlt. Ich befand mich in einer sehr unangenehmen Position. Schon während meines bisherigen Trips verwunderte ich einige Einheimische, warum ich als (wohlhabende) Europäerin in solche Länder reise. Und in diesem Moment am Auto kam ich mir vor, als müsste ich mich einerseits für Deutschland schämen und auf der anderen Seite es verteidigen. Ich war so perplex, dass ich nicht viel sagen konnte. Die Familie nahm ihr ganzes Hab und Gut mit in den Minibus und wollte in Armenien ein besseres Leben finden. Das eine der beiden Mädchen war gehbehindert. Die Familie sah sichtlich arm aus und ich fragte mich, ob es denn möglich sei, so einfach ins Nachbarland auszuwandern, selbst hier? 

Und an der zweiten Grenze war klar: es war nicht möglich. Wir waren alle bereits durch die Kontrolle gelaufen und zurück am Auto, als nach einiger Zeit der Fahrer kam und meinte, die Familie würde hier zurückbleiben. Wie sehr mich dieses Ereignis schockiert, ergriffen und geerdet hat. Ich habe in den nächsten Tagen noch oft an die armenische Familie zurückdenken müssen. 

Erster Blick auf Tiflis
Der Minivan ließ und nach diversen privaten Stopps etwas außerhalb der Stadt raus. Ich teilte mir zusammen mit einer anderen Mitfahrerin ein Taxi ins Zentrum. Und dann das: Da war ich extra eher aus Armenien abgehauen, weil die Hauptstadt Georgiens doch so viele Möglichkeiten versprach. Und dann kam ich an und mich erwarteten 17 Grad und Regen. Toll. Ich hatte nur Flip Flops und Turnschuhe dabei. Beide nicht regensicher. Deshalb hatte ich nach einer Stunde bereits nasse Füße.

Couchsurfing in Georgien
Ich lief zur Unterkunft meines Couchsurfinghosts, der
witzigerweise der Besitzer des ersten Hostels in Kutaissi war. Da es immer noch regnete und sich Lucas irgendwohin aufmachte, entschied ich, nur fix etwas essen zu gehen und zu Hause meine weiteren Tage zu planen. Ich war bei Couchsurfing aktiv und wurde auf ein „Event“ aufmerksam. Ein Couchsurfing-Mitglied aus Tiflis arbeitet bei einer Reiseagentur und vermittelt die leeren Plätze kostenlos an Couchsurfer. So kam es, dass ich am nächsten Morgen in einem Bus von 40 Iranern saß und eine gratis Erkundungstour mitmachte :D

Im Stalinmuseum


Stalins Geburtshaus
Zum Glück konnte Kamyar, der 22-jährige Student neben mir, der mit seinen Eltern verreist war, Englisch. Und auch der Guide, der in Russland geboren und Australien aufgewachsen ist, erzählte mir in den Pausen die englische Version. Ich fand das alles sehr amüsant und wurde schon bald Teil der Gruppe. Wir fuhren zuerst zum Stalinmuseum (wer wusste, dass er im russischen Kaisserreich, heutigem Georgien geboren wurde?), die Höhlenstadt Uplisziche (im 6. Jahrhunder v. Chr. Gegründet) sowie Mzcheta (die alte Haupttadt vor Tbilisi). Auch an diesem Tag regnete es. Aber ich dachte: wenn schon Dauerregen, dann wenigstens die meiste Zeit davon im Bus sitzen und etwas sehen. Während wir beim Abendessen saßen, erhielt ich eine Nachricht, dass Lucas das Airbnb noch an diesem Tag verlassen musste. Was bedeutete, dass er meine ganzen Sachen zusammenpacken und die Unterkunft räumen musste. Das war mir äußert unangenehm, weil er zum einen Zugriff auf meine Privatsachen hatte, zum anderen weil ich nicht helfen konnte. Er brachte mein Zeug im Hostel bei seinem Bekannten unter. Lucas selbst schlief bei einem Bekannten.

Uplisziche



Mzcheta
Kirche in Mzcheta
 


Nachdem ich mir 5 weitere Hostel angeschaut hatte, blieb ich dann in dem von Lucas´ Freund. Es war das mit Abstand sauberste (und das nicht mehr so, wie ihr jetzt denken könntet) und der Preis war auch okay. 

Am Abend stiefelte ich dann wieder allein durch die City und schaute sie mir bei leichtem Regen von der Festungsanlage an. 


Stepanzminda (29.09.-01.10.)

Da auch die folgenden Tage kein gutes Wetter prognostiziert war, flüchtete ich in die Berge. Eins meiner persönlichen Highlights stand bevor: ich wollte die Dreifaltigkeitskirche sehen. DAS Wahrzeichen Georgiens. Am Morgen bin ich zum Busbahnhof und wurde direkt von einem Minibusfahrer angesprochen. Es gab zwei Varianten: auf direktem Weg für 10-15 Lari in ca 3 bis 3,5 Stunden dorthin oder für 25 lari mit Zwischenstopps bei ein paar „Highlights“. Ich beharrte auf die erste Variante. Witzigerweise bot mir der Fahrer dann an, dass ich nur 10 zahle, aber den anderen nichts sagen sollte, wenn sie mehr zahlen. Deal. 

Es kam ein deutsches Pärchen (Johannes und Leni) hinzu, mit denen er den gleichen Deal aushandelte. Am Ende war es anscheinend eine asiatische, 3-köpfige Familie, die das Sightseeingpaket buchte, in dessen „Genuss“ wir dann auch kamen. Dafür verzögerte sich die Abfahrt auch um einige Zeit, da die Vans ja erst losfahren, wenn sie voll waren. Aber unser Auto wurde nicht voller, also fuhren wir irgendwann los. 



Kazbeg
Irgendwann am Nachmittag, nach diversen Serpentinen und Nebelschwaden, kamen wir im Örtchen an. Es wehte ein eisklarer Wind, der einem kleine Stiche auf freie Hautstellen versetzte. Da ich im Ort keine Unterkunft im Vorhinein gebucht hatte, schloss ich mich den Hamburgern an. Nachdem wir alle ein Zimmer gefunden hatten, schwärmte jeder für sich aus. Ich ging durch´s Dorf und erhielt einen ersten beeindruckenden Ausblick auf die Kirche und den erhabenen Berg Kasbek (5047m) dahinter.

 


Nach einer eiskalten Nacht, in der man abends sich am liebsten nicht duschen wollen würde, um die warmen Klamotten nicht verlassen zu müssen, schälte ich mich morgens aus dem Bett. Nach einem gemeinsamen Frühstück liefen wir drei los. Ausgangspunkt: 1700m Höhe. Wir wollten zum Gletscher des Kasbeks laufen. Johannes und Leni waren gut ausgestattet: Trekkingkleidung und Wanderschuhe waren selbstverständlich. Ich stand mal wieder mit Jeans und Laufschuhen da. Und 5 Lagen an Oberteilen. Solch ein Aufstieg, wie wir an diesem Tag noch absolvieren sollten, hatte ich bei der Planung meiner Reise nicht mit bedacht...


Dreifaltigkeitskirche
Wir kamen bereits nach einer Stunde an der auf 2.170m hoch gelegenen Dreigaltigkeitskirche an. Die Zminda Sameba wurde im 14. Jahrhundert erbaut und beherbergte über Jahrhunderte den georgischen Kronschatz. Normalerweise war für diese Distanz eine Zeit von 1,5-2 Stunden veranschlagt. Aber die Hamburger wollten es wissen.. Unser Glück war, dass wir früh am Morgen ankamen (gegen 9 Uhr) und so nur auf sehr wenige Touristen stießen. Wenig später sollte sich das bereits ändern. Denn wer nicht den steilen Anstieg zu Fuß auf sich nehmen will, kann auch mit einem 4-Rad-Antrieb sich hinfahren lassen. 


Dank einer Online-Wegbeschreibung sowie vereinzelter Wanderer entlang des
Weges kamen wir ohne große Umwege zum ersten Kamm. Nun kam zur Eiseskälte auch Schnee dazu. Erst in Form von weißen Flächen am Boden, später auf über 3000m erschwerte uns eine Schnee-Hagel-Mischung das Vorankommen. Alle, denen wir begegneten, waren mit den besten Outdoor-Sachen bewaffnet und zudem mit großen Rucksäcken. Die meisten kamen an diesen Ort, um den Gipfel zu besteigen. Wir gehörten nicht dazu. Ohne große Ausrüstung kam ich mir wie ein Tagestourist vor, der von den anderen spättisch beäugt wird.




 Obwohl ich sehr ehrgeizig bin kamen mir gegen 12.30 Uhr und einer Sichtweite von gefühlt 20 Metern Zweifel auf, ob unser weiteres Wandern noch Sinn machen würde. Über den Gletscher dürften wir ohne Eisschuhe sowieso nicht. Leni war ebenso skeptisch, war doch keiner von uns ein Bergexperte und konnte einschätzen, ob das Wetter nicht noch mehr umschwingen würde. Wir machten einen Deal: Wir liefen so lang, bis es 13 Uhr war, dann konnten wir noch bequem in den Ort zurückkehren. Und es wurde 13 Uhr und der Himmel klarte auf. Für wenige Momente konnten wir den Gipfel vor uns sehen, der sich bis dahin in Wolken schmiegte. Und den Gletscher, der so nah schien, aber noch ein ganzes Stück Fußmarsch entfernt gewesen wär. Wir befanden uns auf ca. 3100 Metern. Johannes ärgerte es am meisten, dass wir nun kurz vorm Ziel umkehren würden. Aber die Vernunft der Mädels siegte.

Dem Gletscher so nah!

bis dahin sind wir gekommen ;)




Auf dem Abstieg trafen wir auf ein paar Georgier, die uns mit
hochprozentigem Schnaps und Nüssen bei Laune hielten. Der Weg hinunter war um Einiges anstrengender als bergauf. Nicht nur, dass wir die Distanz kannten. Der steile Winkel und der lose Untergrund machten vor allem mir zu schaffen. Es gab Passagen, da musste ich quasi in Hockstellung, mich an Gräsern festhaltend, abwärts bewegen, weil ich senkrechter Position sicher runtergerutscht wäre. Wir machten ab und an Rast und genossen ein paar Sonnenstrahlen und den besten Ausblick auf die Kirche. Jetzt sahen wir auch die unzähligen Autos, die an der Kirche parkten.




Gegen 17 Uhr kamen wir im Ort an. Zuerst stärkten wir uns mir einer Art Döner (Fleisch vom Spieß in einer Teigrolle), danach belohnten wir uns mit Kuchen und Kaffee. Da im Ort nicht mehr viel ging (beginnende Nebensaison), verbrachten wir den Abend in der Unterkunft. Das war auch gut so, waren wir alle von den 23 Kilometern Strecke und 1400 Höhenmetern bergauf und –ab ziemlich knülle.
Das machte sich auch am nächsten Tag bemerkbar. Ich wollte mit dem ersten Marshrutka 8 Uhr morgen zurück nach Tiflis. Es saßen bereits einige Reisende im Auto. Nach etwa einer halben Stunde waren alle Plätze voll und wir fuhren los. Zuerst saß ich am Fenster. Dieser Platz war aber nicht wirklich gut, denn jedes Mal, wenn jemand ein-oder aussteigen wollte, musste ich weichen. Darüberhinaus stießt ich bei jedem Huckel mit dem Kopf an die halbrunde Wölbung des Autodaches. Und davon gab es viele. Also rückte ich nach einer Weile weiter in die Mitte – eine schlechte Entscheidung. Direkt neben mir, sodass sich unsere Arme berührten, saß eine Mutter und ihre ca. 7-jährige Tocher auf ihren Schoß neben mir. Und der Tochter bekamen die Schlaglöcher auch nicht. Jedenfalls kotzte sie munter die ganze Fahrt in eine durchsichtige Plastiktüte, die man in Deutschland für Schnitten nimmt. Bei einem Zwischenstopp schmiss die Mutter die dann weg. Danach ging es weiter. Ein Kind hinter mir erging es genauso. Ich betete, dass die Tüten hielten. Die schlimmste Fahrt in Georgien! 

Tiflis 2. Teil (01.10.-04.10.)

Das Wetter meinte es wieder etwas besser mit mir. Zumindest den ersten Tag, an dem ich zurückkam. ;)
Ich fuhr auf einen weiteren Aussichtspunkt über der Stadt, der auch bei Pärchen für Hochzeiten beliebt war. Auf diesem Berg befand sich darüber hinaus ein Freizeitpark. Aber alleine fahren macht ja keinen Spaß :)
 
Zurück im Hostel knüpfte ich ein paar Kontakte. Mit zwei Mädels bin ich am nächsten Tag bei strömenden Regen zu einem Einkaufszentrum etwas außerhalb der statt gefahren. Ganz groß, modern und eben so wenig reizvoll. Typisch georgische Dinge findet man dort kaum. Trotzdem war es eine willkommene (und vor allem trockene!) Abwechslung. 

typische Kuppelbauten der Bäder
 Am vorletzten Tag meines Georgientrips  wollte ich mir etwas Gutes tun. Überall im Netz liest man von den bekannten Schwefelbädern der Stadt, in denen man sich auch massieren lassen kann. Der Gast kann wählen zwischen privaten Pools (ca. 30 Euro, fand ich aber sehr langweilig) und den öffentlichen Bädern. Ich entschied mich für Letzteres. Im Bäder-Viertel angekommen fragte ich mich ein bisschen rum. Die Nummer 5 sollte Herberge meiner abenteuerlichen Erfahrung werden.
Ich betrat die Kuppel, zahlte keine 2 Euro Eintritt und bestellte darüber hinaus eine Massage und ein Peeling (um die 10 Euro, soweit ich mich erinnern kann). Im Kellergewölbe waren die Räume für beide Geschlechter getrennt. Ich betrat einen Raum, in dem alte Spinte standen. Niemand der korpulenten, älteren georgischen Frauen sprach Englisch. Man machte mir klar, dass ich mich hier komplett ausziehen sollte und dann durch eine Tür treten. Ganz schön spannend, wenn man nicht weiß, was einem so ungeschützt erwartet! 

Die geheimnisvolle Tür
Hinter der Tür war ein Raum ohne Tageslicht. Die Decke entsprach einer Kuppel, ein Rohrsystem aus Plastik hangelte sich an den Seitenwänden entlang. Der Raum erinnerte mich an eine verkommene Version eines Hamams. Alles war gefliest. Nur zwei Frauen waren mit mir im Raum. Eine davon wurde gerade auf einer gefliesten Liege abgeschrubbt. 

Ich stellte mich unter eine der Wasserleitungen und drehte es auf. Es roch nicht unangenehm nach Schwefel. Deshalb ging ich davon aus, dass das die Vordusche für die Schwefelbäder sei. Dann kam eine stämmige Frau in Unterwäsche rein. Sie reinigte die zweite Liege und steuerte dann auf mich zu. Das war meine Peinigerin. Aber nicht, was die Massage angeht. Das Peeling war der schmerzvolle Part! Mit einem Reibeisen-ähnlichen Handschuh und einer mir nicht näher bekannten Paste fuhr die gute Dame über meine Haut - meinen Arm ausgestreckt an ihre voluminöse Oberweite haltend. Vor zurück. Hoch und runter. Ich musste alle meine Muskeln anspannen, um diesem...ja man kann es schon Schmerz nennen... Schmerz standzuhalten. Ich habe ab und an lachend einen Schmerz geäußert. Aber das irritierte die Dame nicht weiter. Die alten Zellen mussten runter!
Bis auf die Imtimzone wurde nichts ausgelassen. 

Im Abanotubani (Bäder-Viertel)
Nun hoffte ich auf eine entspannende Massage. Doch auch hier Fehlanzeige. Die korpulente Badedame seifte mich von oben bis unten ein, fuhr mit etwas festerem Druck über meinen Körper. Das zusammen dauerte keine 20 Minuten. Dann sollte ich mich erneut abduschen. Ich kam aus der Kuppelhalle zurück zu den Umkleiden und fragte nun nach den „Sulphurbath“ (Schwefelbad). Nun war ich sowas von bereit für eine ultimative Entspannung! Aber nach etlichen scheiternden Kommunikationsversuchen wurde mir bewusst, dass dieses Rohrsystem als Sulfurbad betrachtet wird. Ein Ort, an dem man sich nur stehend unter das laufende (aber wenigstens angenehm warme) Wasser stellen konnte. Welch Enttäuschung! Aber ein Abenteuer war es allemal :D 

Stadtimpressionen





 
Am letzten Tag machte ich finale Besorgungen, bevor ich abends mit dem Bus zum Flughafen zurück nach Kutaissi gefahren bin. Ich verbrachte die letzten Stunden im grellen und kalten Flughafen, an Schlaf nicht zu denken, bevor mein früher Flug zurück nach Berlin startete.

Georgien, welch wundervolles Land. Zu Unrecht unterschätzt, zu Recht zu empfehlen!