"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Donnerstag, 25. September 2014

Argentinien Teil 2 – Leben auf der Überholspur


Mendoza

Mein erster Eindruck der Stadt war etwas fade. Gut, ich bin morgens 7.30 Uhr angekommen. Aber man hat ja nun einmal immer einen ersten Eindruck von einer Stadt und der in Mendoza war weniger überwältigend. Ich lief zu meinem neuen Gastgeber, der mich pünktlich 8 Uhr vor seiner Wohnung in den letzten Zügen seiner vorher ergehenden Partynacht begrüßte. Er musste mindestens genauso müde sein wie ich. Wir erzählten ein bisschen, tranken Kaffee und dann haben wir beide noch einmal ein Nickerchen gemacht. Andres musste zwei Uhr am Busterminal sein um zu seiner Arbeit zu fahren (Portier in einem Hotel). Ich habe die Stadt erkundet. In Mendoa sind die meisten Geschäfte zwischen 13 und 16 Uhr geschlossen (Siesta). Viele Alternativen für Unternehmungen gab es nicht. Leider meinte das Wetter es nicht so gut mit mir, ab ca. 15.30 Uhr regnete es leicht.. Ich lief herum, aß zu Mittag und entschied dann wieder etwas in der Wohnung zu entspannen. 



Was die Stadt nicht bietet versuchen anscheinend deren Bewohner Wett zu machen. Ich wurde diverse Male angelächelt und mir wurde drei Mal zugewunken (zugegebenermaßen nur von männlicher Seite). Ich bekam eine Cola im Restaurant gratis obwohl ich diese nicht bestellt hatte und mir wurden Rabatte bei meinen Einkäufen gewährt (sogar von einer Frau ;) ). Selbst die Zeugen Jehovas sind hier mehr als freundlich (eine Gruppe Jugendlicher Zeugen Jehobass sprach mich auf der Straße an).

Es war Samstag und wir wollten eigentlich ausgehen. Jedoch kam Andres erst 1.30 Uhr von der Arbeit zurück und ich war bereits eingeschlafen. Zuvor wollte ich noch ein Konzert im Museum besuchen, das aber ausfiel. Dafür habe ich Sonntag sehr genossen. Bei strahlendem Sonnenschein bin ich mit Andres zu einem Aussichtshügel gelaufen. Die Sicht war ganz okay, viel mehr habe ich genossen mal nicht den Druck zu haben, die sehenswertesten Attraktionen anschauen zu müssen. Wir sind einfach spazieren gegangen und haben anschließend im Park relaxt. Uns gegenüber saßen fünf Frauen die bei Matetee und Cumbia-Musik ihren Sonntag zelebriert haben. AN diesem Tag haben wir zudem extrem viele kleine weiße flauschige Hunde gesehen. Muss wohl ein Sonderangebot gewesen sein...

Pizza time!

Montag war mal wieder ein Reisetag. Ich wollte nach Cordoba trampen. Die zur Autobahn führende Straße lag zum Glück irekt neben dem Busbahnhof und ziemlich zentrumsnah. Doch mein Standort war semioptimal weil Autos an der Schnellstraße schlecht halten konnten. Deshalb stellte ich mich strategisch an eine Ampel (was viele Reaktionen vor allem männlicherseits in den Autos hervorrufte). Ich stand mal wieder gefühlt eine Ewigkeit da (30 Minuten?) bevor mich ein Herr mit in den nächsten Ort (San Martin) nahm. An der Autobahn hielt wenig später ein Trucker für mich an und nahm mich etwa 250 Kilometer zum nächsten Autobahnkreuz mit. Der Herr war äußerst sympathisch, schenkte mir 2 Pesos, ich gab ihm im
Austausch 10 Eurocent. Ich hatte mich noch nicht einmal positioniert da hielt schon der nächste Trucker an, um mich ca. 2 Kilometer hinter einen Ortsausgang zu fahren ( er meinte dort wären meine Chancen um ein vielfacher höher, wobei der Ort vielleicht aus ein paar hundert Personen bestand). Und dann stand ich in der prallen Nachmittagssonne und kein Auto kam. Und wenn, dann bog es vorher in den Ort ab. Oder fuhr einfach vorbei. Dann hielt ein kleinerer Truck und ein Typie in den geschätzten Mitt-Dreißigern stieg aus um mir am Nebensitz Platz zu machen. Er war sichtlich nervös und während der Fahrt sagte er Dinge wie dass er es nicht glauben könne eine deutsche Tramperin in seinem Truck zu haben, dass er -mit viel Respekt- mir mitteilen möchte wie hübsch ich doch sei und er mich gern scherzhaft seinen Freunden als Freundin vorstellen wollte. Diese Aussagen waren mir etwas unangenehm, aber der Typie war harmlos. Und nett. Er ist halt ein Farmer und ich glaube er hat im normalen Leben nicht so viel Kontakt zu (ausländischen) Frauen :)
Diese Fahrt dauerte auch nur eine Stunde, dann wurde ich von einem älteren Herren in klimatisierten Auto bis zum nächsten Ort mitgenommen (ca. 50 Kilometer), um dort von einem weiteren Mann ca. 2 Kilometer zum Ortsausgang gebracht zu werden um letzten Endes dort von zwei Herren im Kleintransporter mit Maschinen die restliche Strecke nach Cordoba zu fahren. In jeder Rechtskurve viel der Kompressor neben mir auf mich.
Nach ca. 722 Kilometern und 12,5 Stunden war ich in Cordoba. Die beiden Herren des Vans waren so superlieb und haben mich zu meiner Adresse gefahren gegen 21 Uhr 30 müsste ich angekommen sein (Ersparnis: 306 Pesos).

Cordoba


Gefiel mir auf Anhieb gut. Den ersten Tag bin ich durch die Stadt geschlendert, habe im Park
entspannt und das schöne Wetter genossen. Cordoba bietet in der Stadt selbst bis auf recht viele Museen, Denkmäler und angeblich an die 50 Theater nicht viele „Touristenhotspots“. Es war Dienstag und mittwochs haben etliche Museen kostenlosen Eintritt, weshalb ich mir diesen Ausflug für den Folgetag aufhob. Am Abend lief ich an einem Theater vorbei, vor dem eine recht lange Schlange an Menschen stand. Alle mit einem weißen Zettel in der Hand. Ich fragte eine der Personen, ob es eine kostenlose Vorstellung sei.
Aber es handelte sich um eine Vorführung für einen speziellen Personenkreis mit Einladungen. Ich habe es dennoch geschafft herein zu gelangen (mit Selbstbewusstsein durch die Tür getreten vorbei an dem Herren, der die Einladungen einsammelte und eben in ein Gespräch verwickelt war). Das Theater war bereits brechend voll. Mir blieb ein Sitz gang oben. Es war heiß. Dann traten zwei Komiker auf die Bühne. Leider ist mein Spanisch noch nicht ausreichend um Ironie und Sarkasmus zu verstehen. Ich fand alles ganz unterhaltend. Aber nach einer halben Stunde hatte es mir auch gereicht. Ich bin gegangen, schließlich musste ich am nächsten Tag fit sein.

Hiwad (Trekking Partner in Torres) hatte mir erzählt, dass er in Cordoba günstig einem Tandemsprung gemacht hatte. Ich habe im Internet Preise verglichen (es gibt hier nur zwei Anbieter und einer davon war in einer Wartungspause) und dann über ein Hostal gebucht. Am nächsten Morgen: Fallschirmsprung! Für einen Sprung aus einer Höhe von 2500 Metern inkl. Video und Fotos zahlt man 2560 Pesos (mit meiner Schwarzmarktrate waren das ungefähr 88 Euro. In Deutschland hatte ich ohne Beweismaterial dafür aus einer Höhe von 3500 bis 4000 Metern knapp 200 bezahlt).

8.30 Uhr. Ich wartete auf meine Abholung. Dann kam jemand um mich abzuholen. Bis zu meinem Sprung dachte ich, dass dieser jemand (Name vergessen), mein Sprungpartner sein würde. Denn er antwortete auf alle meine Fragen (wie oft er schon gesprungen ist, seit wie vielen Jahren, Hauptjob?) und erwähnte nie, dass er nicht mein Partner sei. Genauso wenig wurde ich dann am Hangar gefragt, ob ich gesundheitliche Probleme hätte oder Sonstiges. Ich musste lediglich unterschreiben, dass ich, so ich sterbe (dann wohl eher meine Angehörigen), niemanden der Anbieter dafür zur Verantwortung ziehen kann. Mir wurde der Gurt angelegt, gezeigt, wie ich mich im Flieger zu verhalten habe und wie beim Absprung und dann ging es bereits los.

Der Pilot war zwei Jahre jünger als ich (aber ein Schnuckelchen :D - als wäre ich nicht schon nervös genug gewesen), mein Sprungpartner hatte eine deutliche Narbe im Gesicht. Meine Gedanken sagten mir, das sei von einem Sprung gewesen. Denk an etwas anderes! Ich schaute die ganze Zeit aus dem Fenster. Im Flugzeug war gerade genau Platz für den Piloten, den Sprungmeister und mich.
2000 Meter, es wurde ernst: Ich musste mich auf den Schoß meines Meisters setzen, um festgeschnallt zu werden.
2500 Meter: Der Pilot zählt rückwärts. 10: die Tür geht auf. Wir robben Richtung Ausgang. Ich musste an der offenen Flugzeugtür in einer Höhe von 2,5 Kilometern sitzend mit dem Blick auf den Abgrund auf meinen Sprungpartner warten. Mein Herz raste. Der Sprungmeister schüttelte dem Piloten noch die Hand, fragte: „ready?“ (bereit?) und dann ließen wir uns nach vorn fallen. Ins Nichts.

Ich schrie. Und schrie und schrie. Aber es war ein euphorisches Schreien. Der freie Fall dauerte in etwa 25 Sekunden, aber es fühlte sich an wie drei. Ein Rausch der Gefühle. Adrenalin schoss durch meinen Körper.
Dann ein Ruck, zurück in die Realität. Der Fallschirm öffnete sich und die Gurte schnürten sich in meinen Körper. Geschafft. Aussicht genießen und realisieren, was gerade geschehen war. Der Meister machte dann noch ein paar lustige Aktionen wie kreiseln wie in einem Strudel. Dann kamen wir zurück zur Erde. Beine aufsetzen, glücklich sein.
Hier eine kleine Bilderserie dazu:





jump!




geschafft
und glücklich

 
Strudel
Codoba

[[kleiner Tipp für alle die überlegen einen Sprung zu wagen: davon ausgehend dass ihr das vielleicht nie wieder in eurem Leben machen werdet, entschließt euch für eine höhere Distanz. Ich empfand meinen ersten Sprung viel intensiver, kann aber auch daran liegen dass es komplett neu für mich war und vor mir diverse andere Personen aus dem Flugzeug gesprungen sind.]]

Gegen Mittag war alles vorbei und nachdem mein Adrenalinspiegel rapide gesunken war, kam die Müdigkeit. Ich lief zurück zur Wohnung um ein bisschen zu chillen. Dann bin ich noch ins Kunstmuseum und habe den Abend im Park ausklingen lassen.

Tag 3 – mal wieder ein Reisetag. Hoch gestecktes Ziel des Tages: von Cordoba nach Salta zu trampen. Das sind etwa 870 Kilometer, fast die gleiche Distanz vom Norden Deutschlands (Flensburg) nach Süden (Konstanz – sind 980 Kilometer). Ich bin mit dem Bus zur Autobahnauffahrt gefahren. Die Zeit verging, meine Laune auch. Nach etwa 20 Minuten entschied ich mich für einen Standortwechsel. Auf dem Mittelstreifen der Autobahnüberquerung laufend hielt ein Auto neben mir am Seitenrand (bei nicht wenig Verkehr). Ich war mir nicht sicher, ob es mir galt, denn die Scheiben waren verdunkelt und ich konnte den Fahrer nicht sehen. Ich schaute mich um und dann rief er mich schließlich heran. Er fährt nach Villa Maria, der nächste Ort in 40 Kilometern. Juan war der Name des Fahrers.

Während der Fahrt erzählte Juan mir dann, dass er eigentlich gar nicht nach Villa Maria will. Er würde nur wegen mir dorthin fahren. Morgen sei sein Geburtstag. Ich konnte es nicht fassen. Ernsthaft? Wer bitte würde so etwas in Deutschland machen? Ich konnte meine Dankbarkeit nicht annähernd in Spanisch ausdrücken, wie ich es gewollt hätte. Nicht einmal in deutsch wäre mir das mit Worten gelungen. Die einzige Dankbarkeit, die ich ihm zeigen konnte war in Form einer Tafel Schokolade.

Im zweiten, 42 Jahre alten Auto fuhr ich mit Sänger Dardo. Flapsiger Typ aber ein Unikat. Er sang für mich. Das einzige was etwas genervt hat war, dass er mich immer mit seinem Ellenbogen angestuppst hat, wenn er etwas zu sagen hatte. Und er hatte viel zu sagen...



Fahrer Nummer drei: wieder ein Truck. Der wollte sogar bis nach Salta fahren! Allerdings nur für 30 Minuten, dann hielten wir an, um einen Reifen wechseln zu lassen. Dauerte angeblich nur 15 Minuten. Daraus wurden 40, bis ich entschied, allein weiterzuziehen. Ich glaube ja an Schicksal, Vorherbestimmung, göttliche Fügung oder wie immer man das nennen mag. Ich glaube, dass es nötig war, eine andere Mitfahrgelegenheit zu suchen, denn ich war der Schutzengel der nächsten Familie.

Eine Familie (Mutter, Vater, 2 Kinder) nahm mich in ihrem Van mit. Ich sollte mich nach vorn setzen und das würde auch noch seinen Grund haben. Sie erzählten mir, dass sie aus Mendoza kämen und bereits seit dem Abend des Vortages unterwegs seien (ohne Schlaf). Es war jetzt früher Nachmittag. Die Sonne ballerte, die Landschaft lieferte dem Augen keinen Reiz, das Radio funktionierte nicht, es gab keine Klimaanlage. Wir alle waren müde. Die Kinder schliefen auf den Rücksitzen, die Mutter neben mir nickte ebenso ständig weg. Auch ich schloss meine Augen für ein paar Sekunden. Ich beugte mich nach vorn, um wach zu bleiben. Dann bemerkte ich, wie der Vater nach links auf die Gegenfahrbahn driftete. Ein Auto näherte sich. Ich sprach ihn an, er war im Sekundenschlaf. Wäre ich nicht zu diesem Zeitpunkt auf dem Vordersitz wach gewesen, hätte es definitiv ein Unfall gegeben. Dessen waren sich auch die Eltern bewusst. Das änderte aber nichts daran, dass alles so blieb wie zuvor. Ich hatte für eine Sekunde überlegt, selbst zu fahren. Ich entschloss mich aber dafür, wach zu bleiben. Für uns alle.

Kurz vor Tucuman wurde ich wieder im Nichts herausgelassen. Ein Trucker fuhr dann mit mir über einen Umweg kurz bis vor Tucuman. Er holte sich noch heißes Wasser am Automaten an der Autobahn für seinen Matetee (die Automaten gibt es fast überall). Es war jetzt bereits 18.30 Uhr. 19.30 Uhr würde es dunkel sein und mehr als 300 Kilometer lagen vor mir. Mit jedem vorbeifahrenden Lastwagen inhalierte ich eine Wolke Dreck. Keiner hielt für mein Schild „Salta“ an. Also hielt ich meinen Zettel „Tucuman“ hoch. Nach einer Weile hielten zwei Frauen an. Sie meinten was ich mache sei sehr gefährlich (etc) aber nahmen mich schließlich mit. Ich wollte eigentlich nur bis zur nächsten Autobahnauffahrt aber die Damen fuhren mich durch die Stadt bis zu einer anderen Auffahrt (ich glaube das war ein riesen Umweg für sie, ich war mal wieder sprachlos dankbar).

19 Uhr. Dunkle Wolken. Wenn es jetzt regnen würde, hätte ich die Schnauze voll. War ich hier richtig? Keine Trucks, wenig Autos. Hätte ich doch beim Trucker mit kaputtem Reifen bleibe sollen, der bis nach Salta fuhr? Und dann kam Fabian, meine Rettung. Der ältere Herr mit lauter Stimme hielt für mich an. Nach einem kurzen Stopp zum Tanken (viele Autos hier fahren mit Gas, ist ein Drittel günstiger als Benzin) begann unsere Reise. Es wurde dunkel und es tröpfelte ein bisschen. Fabian war ebenso seit 5.30 Uhr unterwegs, fuhr aber bedeutend sicherer. Mit durchschnittlich 100 bis 110 Kilometer/ Stunde kamen wir unserem Endziel näher. Auch hier kam ich zwei, drei Mal ins Schwitzen. Die Autobahnau und größeren Landstraßen haben im Gegensatz zu Deutschland überhaupt keine Fahrbahnmarkierung. Es gibt zwar Schilder, wenn eine Kurve kommt. Aber die kommt manchmal schneller oder kurviger als erwartet. Wir kamen deshalb ein paar Mal auf die Gegenfahrbahn, aber die war zum Glück komplett frei.

Die letzten Kilometer zogen sich ewig. Ich glaube auch, dass sie nicht der Realität entsprachen. Nach 15 Stunden (!!!) (der Bus braucht 13) und 870 Kilometern hatte ich es geschafft. 22.40 Uhr war ich in Salta. Fabian war wohl auch am Ende. Er ließ mich an einer Tankstelle heraus. Ich lief weitere 20 Minuten zu meiner Zieladresse. Mein Gastgeber German war noch wach. Ersparnis Bus: 588 Pesos.

Salta

Mehr als erschöpft aber glücklich und ein klein wenig Stolz betrat ich die Wohnung. German offerierte mir eine Matratze auf dem Boden in seinem (Schlaf)Zimmer. Das Gestell sei am Vortag zerbrochen, als er sich daraufgesetzt hatte. Ich duschte noch schnell und wollte nur noch schlafen. German aß. Ich fragte nach dem Bettzeug. Er war etwas überrascht. German hatte weder Kissen noch Bettdecke für mich. Alle anderen Surfer hätten eigene Schlafsäcke. Nur hatte er mir das nicht gesagt..Aber ein Bettlaken hatte er. So schlief ich auf dem Boden, meine Jeans als Kopfkissen benutzend und mit meiner Flugzeugdecke (ach wie oft kam die schon zum Einsatz). Ich glaube in meinem Zustand wäre ich auch stehend eingeschlafen. Doch mitten in der Nacht dann der HORROR für mich: German SCHNARCHT! Und ich HASSE Schnarcher. Selbst lautes Atmen nervt mich ungemein. Müde wie ich war schlief ich aber recht schnell wieder ein.

Am Morgen dann die nächste Nervenaufreibung: German steht eine Stunde bevor er zur Arbeit geht auf. Er war nicht gerade leise darin. Er bügelte sein Hemd neben mir und am Ende musste ich mit aufstehen, um die Wohnungstür unten zuzuschließen (German hat nur ein Schlüssel). Ich schlief noch eine Weile, wusch meine Klamotten, plante Rosario und Buenos Aires. Gegen Mittag verließ ich das Haus. Sonnenschein wartete auf mich.

im Kunstmuseum

Ich erkundete die Stadt und verglich diverse Reisebüros. Ich wollte nach Cafayate. Dort gibt es eine nette „Schlucht“ mit Gesteinsformungen. Günstigster Anbieter für einen Tagesausflug: 230 Pesos. Eine Einzelbusfahrt nach Cafayate mit einem öffentlichen Bus: 104 Pesos.

Dann wurde ich in einem Reisebüro auf ein Sonderangebot hingewiesen: Purmamarca und Huamahuaca für 260 statt 450 Pesos. Diese beiden Orte sind für ihre farbigen Berge bekannt. Nach einem weiteren Vergleich entschied ich mich schließlich dafür. Ich kaufte noch Essen im Supermarkt für den Tagesausflug. Da fiel mir auf, dass man diverse Rabatte mit unterschiedlichen Bankkarten erhält (zum Beispiel 20% auf Kekse). Weiterhin möglich: heute die Nüsse kaufen aber erst im November bezahlen!

7.20 Uhr wurde ich von Germans Haus abgeholt. Es war Samstag Morgen und dieses Mal musste er wegen mir mit aufstehen und die Tür abschließen. Der 18-Sitzer-Van war fast voll. Ich war die einzige Alleinreisende. Zwei Brandenburger waren mit an Board.

Der erste Ort Purmamarca war mehr als touristisch. Auf dem Marktplatz gab es Souvenirstände soweit das Auge reichte. Mich interessierte nur der farbige Berg. Für diesen legten wir lediglich eine kurze Fotopause ein. 


















Dann weiter nach Tilcara (?) wo der allgemeine Tourist optional eine Ruine anschauen konnte. Preis Ausländer: 50 Pesos. Ich verzichtete und bin stattdessen auf einen Hügel geklettert. Von dort hatte ich die Draufsicht auf die Ruinenanlage, die lediglich aus Kakteen und Wandresten auf einen Hügel gelegen bestand und die Aussicht auf das Dorf und die umgebenden Berge. Ich glaube ich habe den besseren Deal gemacht.






Micaela
Nächster Halt: Huamahuaca. Kleiner Ort mit Kirche, Denkmal und Touristenbuden. Hier sollten wir eine Mittagspause haben. Optional stand ein Essen für 80 Pesos im Angebot. Ich hatte mir am Vortag ein halbes gegrilltes Hähnchen für 17 Pesos gekauft. Das war so viel, dass ich nicht alles gegessen hatte. Die Reste wollte ich den Straßenhunden geben. Dann kam ich ins Gespräch mit einem fünfjährigen Mädchen, Micaela, dass um mich herum spazierte. Ich dachte sie würde mich um Geld bitten, tat sie aber nicht. Vielmehr wollte sie meine Sonnenbrille aufsetzen, machte mit meiner Kamera Fotos und sagte, dass sie meine Kette schön findet. Dann fragte sie, was in meiner Tüte sei. Ich sagte ihr, die Reste meines Mittagsessens. Ich zeigte ihr mein zerfetztes Huhn und sie meinte, sie hatte noch kein Mittagessen. Ich bot ihr das Huhn an, sie nahm sich ein paar Stücke. Ich hätte gern noch mehr gehabt. Die Knochen bekamen die Straßenhunde.




Der vorletzte Stopp: Maimara. Hier gibt es einen Gebirgszug mit Farbeinlagerungen (von den verschiedenen Erzen sowie Magnesium,.). 




Nur ein Fotostopp bevor es dann für den letzten Aufenthalt von 30 Minuten nach Jujuy ging. Icch kaufte mit einen nötigen Kaffee. An diesem Tag sind wir auch wieder mehr als 500 Kilometer gefahren.

Das bedeutete: am letzten Tag: Ruhetag. Es war Sonntag. Ich lief zum Kunsthandwerk-Markt, der mehr als weit vom Stadtzentrum entfernt liegt (35 Minuten laufen) und traf mich mit German zum Mittagessen (Salta ist bekannt für seine Empanadas – gefüllte Teigtaschen). Dann bin ich noch zum Museo de arquelogía de alta Montana gegangen. Es zeigt einee Ausstellung die sich auf die Inkakultur und insbesondere die Kinderopfer konzentriert, welche die Inka auf einigen der umliegenden Andengipfel darbrachten. Besonders drei Kinder erlangten dadurch Berühmtheit, dass man sie erfroren auffand. Vor 500 Jahren gab es wohl eine Dürre. Der Sonnengott sollte milde gestimmt werden. Die Inkas brachten Opfer dar. Neben Krügen und Schmuck eben auch die schönsten Kinder der reichsten Familien. 30 Tage dauerte es um einen Gipfel von fast 6000 Metern mit den Kindern zu erklimmen. Bei Temperaturen bis -30 Grad und Schmerz betäubte man sie mit Alkohol. Der brachte sie am Ende zum Einschlafen. Konserviert für die Ewigkeit fand man sie 1990. Seitdem wird jeweils immer nur eins der Kinder (ein Junge sechs Jahre, ein Mädchen sieben, ein Mädchen 15) im Museum gezeigt (die anderen werden zu Konservierungszwecken in der Kühltheke sozusagen aufbewahrt). Faszinierend aber etwas merkwürdig zugleich. Fotos waren nicht erlaubt, aber wer mehr Interesse hat, findet mehr Infos hier: LINK

Am Abend habe ich dann noch meine Anhalter-Aktion für den Folgetag geplant. Rosario war mein Ziel. Aber bei mehr als 1233 Kilometern Entfernung an einem Tag nicht machbar. Ich hatte zwei Optionen: wieder zurück nach Cordoba und von dort den Nachtbus (sechs Stunden, 240 Pesos) oder nach Santiago del Estero und von dort den Bus (10 Stunden, 509 Pesos). Die Strecken würden nach ca. 200 Kilometern sich trennen. Ich ließ das Schicksal entscheiden. Und das Schicksal meinte es gut mit mir. An der Tankstelle stehend mit meinem Schild „Metan“ (nächst größere Stadt) sprach mich Roberto an. Es war ca. um neun Uhr. Er wollte mich mitnehmen. Im Auto fragte ich ihn dann, was sein heutiges Tagesziel wäre. Cordoba. Perfekt!


Roberto und ich
Wir hatten eine sehr nette Fahrt. Ich war die Co-Pilotin und das Service-Personal (reichte ihm Wasser, teilte mein Gebäck), er lud mich zum Essen ein. Wir lachten viel miteinander und hatten eine gute Zeit auf der Straße! Mit einer Wartepause von ca. einer Stunde (Roberto musste etwas geschäftliches erledigen) waren wir kurz nach 21 Uhr in Cordoba. Es fiel mir richtig schwer mich zu verabschieden. Wie schnell man doch innerhalb kurzer Zeit jemanden kennenlernen und mögen kann! Ich kaufte mir ein Ticket für den Bus Mitternacht.

Der Bus war ziemlich leer. Neben mir saß Juan. Juan kam von einem Festival, welches am Wochenende in Cordoba stattfand und war mindestens genauso platt wie ich. Wir redeten nicht viel, alle schliefen schnell ein.

Rosario


In Rosario angekommen (es war sechs Uhr morgens) unterhielt ich mich dann mit Juan. Witzigerweise wohnt er in einer Stadt mit fast einer Millionen Einwohnern nur eine Straße weiter als mein Gastgeber. Wir fuhren zusammen im Bus und verabredeten uns für später. Mein Gastgeber Pablo war ziemlich beschäftigt sodass ich recht froh war, dass Juan am Nachmittag Zeit hatte. Wir verbrachten den Tag zusammen in Rosario, am Abend lud er mich zur Geburtstagsparty seines Bruders ein. Es wurde spät...





Geburtshaus Che Guevara

Am nächsten Tag waren sowohl Juan als auch Pablo beschäftigt, sodass ich allein loszog. Es war eine Art Feiertag für die Leute vom Handel, weshalb viele Geschäfte geschlossen waren. Ich genoss die Sonne am Fluss. 19 Uhr sollte mein Bus nach Buenos Aires abfahren.

Hier kam ich gestern Nacht 23 Uhr an.

Buenos Aires!!!

Die Stadt ruft mich. Mir bleiben 5 Tage. Und ich werde jeden einzelnen genießen! Ein Report folgt.

Wir sehen uns bald, Freunde!

Saludos aus Buenos Aires,

Caro