"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Dienstag, 29. November 2022

Kanada - Big city life (Montréal)

2. November 22. 

Über die App "Poparide" hatte ich eine Mitfahrgelegenheit von Quebec nach Montréal klar gemacht. Auf der Busfahrt zum Treffpunkt (einer zentralen Tankstelle), kontaktierte ich den Fahrer dann noch einmal. Der rief mich dann an um mir zu sagen, dass er sich im Tag geirrt hätte und erst morgen losfuhr. Ich könnte aber bei ihm die Nacht pennen und morgen dann mitfahren. 

Ähm ja. Hätte ich vielleicht sogar gemacht. Aber wenn man im Kopf schon auf Weiterreise eingestellt ist und in der nächsten Stadt der neue Gastgeber auf einen wartet, dann ist das keine coole Option. 

Da man mit jeder Buchung über die App auch eine Gebühr zahlen muss, hab ich versucht, über eine normale Nachricht Kontakt zu anderen Fahrern aufzunehmen. Klappte aber nicht so wirklich. Genauso wie mein Versuch des per-Anhalter-Fahrens von Quebec nach Montréal. Kurz im Supermarkt eine Pappkiste als Schild umgemünzt und an die Schnellstraße unweit der Tankstelle gestellt. Ich wusste, dass mein Standort nicht optimal war. Aber ich wollte es trotzdem versuchen. 

Bis 11 Uhr hatte ich Zeit. Dann nämlich würde ein Abdel von der Tankstelle starten, an der ich auch gestartet wäre. Sechs Plätze hatte er auf der App angeboten. Es sollte mir doch möglich sein, das Auto zu finden? So wartete ich mit anderen Leuten und dann kam Abdel auch wirklich. Also ich erkannte ihm von seinem Profilfoto. Er mich nicht. Er hatte wohl sein Profil nicht mehr gecheckt. Ich fragte ihn trotzdem sporadisch, ob er nach Montréal fahre und noch einen Platz im Auto frei hätte. Ja und ja. Und so saß ich kurze Zeit auf dem Beifahrersitz. 

Abdel war jünger als ich und ich hatte den leisen Verdacht, dass er diese Fahrten als Einnahmequelle und nicht des Fahrens wegen veranstaltete. Stört ja niemanden, ist quasi eine win-win-situation. Wir verstanden uns gut, ich teilte meine Möhren mit ihm. Im Zentrum Montréals angekommen fragte ich ihn dann, was er von mir bekomme. "Nichts", sagte er. Hätte er gern gemacht. Ich meinte daraufhin, dass ich ihm irgendwann ´nen Kaffee ausgeben würde. 

Montréal: Extravagant, energetisch, eigenartig. 


Mein erster Eindruck der Stadt? Viele Obdachlose, viele internationale, viele individuelle Menschen. Und das in einer Dichte, die ich so zuvor in Kanada noch nicht gesehen hab. Willkommen in der Gr0ßstadt! Ich mochte den Vibe sofort. Während Quebec eher den Eindruck einer Kleinstadt bei mir hinterließ - zumal eine wunderschöne! - war in Montréal das Leben auf den Straßen zurück. 

Alles passiert ja aus einem Grund - zumindest bin ich der festen Überzeugung. So geschah es auch, dass ich in Montréal bei Amjed unterkam, mit dem ich bereits in der Gaspesie getrampt hatte. Amjad ist zweifach geschieden, Vater dreier Kinder. Ich war seit unser gemeinsamen Fahrt sporadisch mit ihm in Kontakt. Er hatte mir bereits damals angeboten, bei ihm unterzukommen. Und nunja, da er begnadeter Hobbybäcker ist, konnte ich da kaum nein sagen. Spannend aber auch, bei einer so völlig fremden Person unterzukommen. Im Gegensatz zu Couchsurfing hatte ich ja absolut keine Referenzen oder Informationen über ihn. Nur das, was ich während er vier Stunden im Truck erfahren hab.   

Ich schlief im Kinderzimmer. Und als gläubiger Muslim stellte mir Amjed drei Hausregeln auf: 

1. keine kurzen Hosen in der Wohnung (gut, hatte ich im November eh nicht vor)

2. kein Parfüm in der Wohnung auftragen

3. nicht duschen, wenn er ebenfalls in der Wohnung war. 

Das sind sehr spezielle Regeln, aber ich versuchte mich zu arrangieren. Amjed gab mir abends noch eine kleine Sightseeingtour durch die Stadt. Am nächsten Tag zeigte er mit den Mont Royal, das wirklich recht nette Gebiet rund um den Lachine-Kanal (Atwater) und hat mir dann noch die Champlain-Brücke schmackhaft gemacht. Es war mittlerweile dunkel und obwohl ich ja echt gern viel laufe, hatte ich nicht mehr wirklich viel Energie um die ganze Brücke (ca. 4km) zu erklimmen. Aber Amjed meinte, von der Mitte aus hätte man einen großartigen Ausblick. Nach einer Ewigkeit des Laufens kamen wir in der Mitte an und naja. Da war keine gläserne Plattform, wie Amjed sich das dachte. Also wieder die Strecke zurück. Zu dem Zeitpunkt hatte ich etwa 20 Kilometer auf dem Zähler und war wirklich platt. Dann schmiss Amjed im Auto gute elektronische Musik an, wir cruisten durch die City und meine Lebensgeister wurden wieder erweckt. 

Saint Joseph Kirche
Ausblick von der Kirche 
Markt "Atwater"

auf der Champlain-Brücke...
immer noch auf der Brücke...
...bis ans andere Ende de Brücke :D



























Ich weiß nicht mehr genau wie, aber gegen seinen Willen habe ich dann Amjed doch davon überzeugen können, dass es eine wunderbare Idee sei, jetzt auch noch auf den Mont Royal zu schauen und die Skyline der Stadt im Dunkeln zu sehen. Er zog mit. Und ich hatte Recht. Der Anblick hat mich echt ein wenig geflasht. 

Da mein Gastgeber die nächsten Tage arbeiten musste, tingelte ich alleine los. Zu Fuß, weil man so am  besten die Stadt erleben kann. Wobei ich nach den vergangenen Tagen dann auch auf die Metro zurückgreifen (musste), weil sonst einfach zu viel Zeit verging. Ich traf mich auch wieder mit Franck, den ich ja im Hostel im Furillon-Nationalpark kennenlernte. Er gab mir ein paar gute Tipps für die Stadt mit. Und wir aßen zusammen Insekten :D  



Mal wieder ein bisschen Taschengeld verdienen


auf dem Weg nach Ottawa

Die ersten Tage ohne Arbeit unternahm ich so viel wie möglich, investierte aber auch recht viel Zeit für die Jobsuche. Schließlich wollte ich etwa vier Wochen vor Ort bleiben und die Zeit nicht verschwenden. Mein Gastgeber Amjed meinte, ich solle entspannen. Ich sah das anders. Denn die Bewerbungen dauern ja alle Zeit. 

Einen Tag half ich Amjed bei seiner Arbeit aus. Er liefert unter anderem medizinische Geräte aus. Ich sprang für ihn an einem Freitag ein, weil er da eigentlich seine Kinder hat. Mein Kollege war Robel, der mich ja ebenfalls per Anhalter mitnahm und den ich deshalb schon kannte. So schloss sich auch der Kreis: Robel und Amjed lieferten Geräte nach Percé aus, als sie mich mitnahmen. Und knapp 2,5 Wochen später saß ich als Kollegin mit Robel im Truck nach Ottawa. Zum Glück waren die Geräte nicht allzu schwer. Ein Wagenheber erleichterte uns viel Mühen. Ich war dann eher für die Rampenbetätigung und Unterhaltung auf der Fahrt zuständig ;) 150 CAD brachte mir das am Ende des Tages ein. Aber das ist ja auch eine einmalige Sache gewesen und ich wollte die Zeit in der Stadt nutzen, um meine Reisekasse wieder aufzustocken. Neben der Erkundung der Stadt investierte ich deshalb auch sehr viel Zeit in die Jobsuche. Doch das war gar nicht so einfach. Dazu in diesem kleinen Sonderkapitel mehr ;)

Ein paar Tage später hatte Amjed seine Regeln übrigens schon wieder aufgehoben. Es war fast nicht machbar, sich mit dem Duschen zu arrangieren. Gerade, wenn man Zeit zusammen verbringt und eben nicht immer außer Haus ist. Aber das war mir ganz recht. Irgendwann war mir die Situation vor Ort aber zu viel (seine Kinder wollten zum Übernachten kommen und es war definitiv nicht genug Platz für alle. Außerdem hatte ich einige Diskussionen mit Amjed, weil er sich meines Erachtens zu sehr in mein Leben einmischen wollte), sodass ich dann wieder auf die Couchsurfing-Community zurückgriff. Positiver Nebeneffekt: Für einen meinen Gastgeber hab ich die Airbnb-Einheit unterhalb seiner Wohnung für neue Gäste fertig machen können (reinigen, neues Bettzeug etc.) und hab somit auch ein bisschen was verdient =)

Abdel, der Kerl von der spontanen Mitfahrgelegenheit von Quebec nach Montréal, hatte ich übrigens auch noch mal für einen kurzen Tagesausflug ins Ski-Gebiet Mont-Tremblant getroffen (sein Vorschlag) und für einen Abend im Comedy Club (mein Vorschlag). 

Mont-Tremblant

Eines Abends hatte ich ich mit einer anderen Deutschen (ebenfalls Kontakt über eine Facebookgruppe) zum Kino verabredet. "Triangle of sadness" wollten wir sehen. Kurz nach den Vorstellungszeiten geschaut und hin zum Kino. Karten gekauft. Beim Entwerten fragte uns der Einlasser, ob wir wissen, dass der Film auf Französisch ist. Verdammt. Darauf hatten wir natürlich nicht geachtet. So ist das eben in Quebec (Provinz). Wir hätten noch gegen einen Film auf Englisch tauschen können. Aber weder die Actionfilme, noch das historische Drama konnten uns (nach dem Anschauen der Trailer) überzeugen. Wir durften letztendlich unsere Tickets zurückgeben und haben den mit der Kreditkarte bezahlte Betrag darauf zurückerstattet bekommen. Wäre das in Deutschland möglich gewesen? Wir sind dann nach kurzer Recherche zu einem anderen Kino und konnten den Film auf Englisch sehen. Ein sehr empfehlenswerter!

Die Zeit mit der Jobsuche und mit dem Entdecken der Stadt rannte mal wieder viel zu schnell. Okay, ich hab auch viel Zeit für meine Fußwege verbracht (es gab darunter relativ viele Tage mit 15-25 Kilometer). Es gab aber auch immer etwas zu sehen. Und dann noch die diversen Veranstaltungen (Drag Queen Shows, endlich wieder Party - war aber nicht so gut wie in Quebec da die Musik tatsächlich zu leise und nicht allzu gut war, Stand-Up-Comedy, Couchsurfing Events,..). Parallel dazu habe ich noch die Planung für meinen kleinen Weihnachts-und Silvestertrip nach New York gestartet. Wenn man schon mal in der Nähe ist, sollte man das doch auch nutzen ;) 

im botanischen Garten

Und dafür ging echt viel Zeit drauf. Vor allem für die Website www.trustedhousesitters.com. Hier hab ich mir zusammen mit einem Kumpel ein Profil angelegt. Denn mein Ziel ist es, in New York auf Haustiere aufzupassen und damit die Kosten für eine Unterkunft einsparen zu können. Denn selbst die Hostels und Airbnbs haben anscheinend alle einen fetten Feiertagsaufschlag... 

Eine neue Art des kostenlosen Übernachtens

Aus Neugier habe ich dann die Plattform gleich mal genutzt und spaßeshalber in Montréal nach Angeboten geschaut. Und siehe da, ein Pärchen in meinem Alter sucht in einem eher außerhalb liegenden Bezirk eine Betreuung für ihren Wolfshund, damit sie in die Flitterwochen fliegen können. 

Eine Woche nur der Hund, das Haus und ich. Das klang mega! Zeit für Recherche, meinen Blog, Sport, mich. Keine nötige Kommunikation. Ich bin gern in Gesellschaft, ich bin aber auch gern allein. Nach 2,5 Monaten des ständigen sozialen Lebens (selbst im Hostel war ich ja nie allein), sehnte ich mich nach dieser persönlichen Auszeit. Und auch wenn Brossard am Arsch ist, es fühlte sich richtig und gut an. 

Natalie und Andrew sind mega tolle Menschen! Wir hatten uns zu einem Spaziergang mit Bruce, ihrem Hund, verabredet. Ich brauchte knapp eine Stunde mit den Öffis zur anderen Seite der Stadt. Die beiden sind noch ganz frisch in Montréal, Andrew hat einen Job im Orchester angenommen. Wir hatten alle sofort einen guten Draht zueinander, sodass sie mir direkt nach dem Spaziergang die Zusage gemacht haben. 

Und dann war er da, der Winter. 













Am 16. November dann die weiße Überraschung: Der erste Schnee! Und ich mit meiner angeblichen Skijacke (zumindest so von einem Discounter verkauft), hab natürlich schon gefroren.. Meine Wanderschuhe sind auch nicht wasserabweisend. Also so richtig optimal ausgestattet bin ich nicht. Will mir aber auch nicht gleich die volle Montur anschaffen, wenn nicht feststeht, wo ich den Winter über verbringen werde. Vielleicht finde ich ja doch noch spontan einen Job im Westen und dann wäre die volle Ausstattung eher überflüssig da es dort sehr viel milder ist...

Wobei ich nun schon seit einer Weile mit einem Schlittenhundtourenanbieter im Norden von Montréal in Kontakt bin. Und ich bin aufgeregt. Einer meiner Träume für Kanada ist es, für/ auf einer "Huskyfarm" (nenne das jetzt einfach mal so) zu arbeiten. Denn irgendwie verbinde ich das auch mit Kanada und der Job vereint viele Dinge, die ich mag: Tiere, draußen sein und Adrenalin. Deshalb hab ich schon seit Beginn meiner Reise initiativ Anbieter bei Google Maps gesucht und kontaktiert. Bereits in Halifax hatte ich ein Interview mit einer Firma im Westen des Landes. Die wollten mich als Guide einstellen. Das aber für 6 Monate und gegen eine relativ niedrige Bezahlung für die Umgebung, wo sie operieren (super touristisch und daher sehr teuer. Wohnraum so gut wie nicht zu finden und wenn dann nicht bezahlbar).

Die meisten Anbieter haben nicht einmal geantwortet. Also bleibt mir gerade nur noch "Alaskan Aventure" als einzige Option. Die Kommunikation läuft sehr schleppend, weshalb ich auch etwas nervös werde. Denn die Wintersaison steht ja vor der Tür und ich möchte planmäßig in dieser Arbeiten und Geld verdienen, weil da das Reisen ja eher schwierig ist. Wenn es klappen sollte, würde ich als Fotografin für sie arbeiten und die glücklichen Touristen mit Fotos ihrer Tour noch glücklicher machen ;) und mich selbst mit diesem Traumjob natürlich auch. 

Zurück zum Wintereinbruch hier: Es war weiß. Überall. Früher als in Deutschland. Ich hab mich zwar gefreut wie ein kleines Kind, musste aber auch noch zu einem Training für den bezahlten Haustierservice-Job "Pawsome Concierge". ABER: Montréal war vorbereitet. Die Straßen waren schnell geräumt und der (öffentliche) Verkehr rollte wie gewohnt. 

Der Winter hatte ein gutes Timing, denn am 19. November habe ich die ersten Weihnachtsmärkten der Stadt besucht. Zwei von drei waren zwar innen, dafür der größte außerhalb. Und mit Schnee ist das doch gleich viiiiiel schööööner :) 









Der Weihnachtsmarkt unterschied sich von denen in Deutschland vor allem im Angebot der Speisen und Getränke: Es gab zwar auch heiße Schoki und Glühwein...allerdings lang nicht so verbreitet wie bei uns. Die Essensstände waren meist sehr ähnlich oder identisch (belegte Baguettes, Brezeln oder Crepes). Bratwurst, Schokofrüchte oder Kräppelchen gab es jedoch leider nicht ;) Handwerksstände waren aber auch vertreten. Und natürlich war auch auf dem kanadischen Weihnachtsmarkt alles noch einmal höherpreisiger als im normalen Handel. 

Mit dem Ganztagesprogramm der Weihnachtsmärkte habe ich dann auch die letzten "must Do´s" meiner Montréal-Liste erfüllt. Denn jetzt stand meine persönliche Auszeit als (unbezahlte) Dogsitterin in Brossard bevor. Ich durfte zwar das Auto des Paares benutzen. Aber ich hatte dann doch zu viel Respekt vor dem städtischen Verkehr und der Parksituation als dass ich davon Gebrauch hätte machen wollen...



Nach dem Tag voller Vorweihnachtsfeeling bin ich dann abends mit Sack und Pack sowie einen von mir gebackenen Bananenbrot als Dessert per Metro und Bus nach Brossard gefahren, habe mit Andrew und Natalie gemeinsam zu Abend gegessen. Dann fing die Caro-Hund-Haus-Woche an, herrlich. 

Wer ist hier der Boss?

Die Besitzer hatten mich vorgewarnt, dass Bruce wohl stark an der Leine ziehen würde und sie (ja, ist eine Hündin und heißt Bruce) deshalb eine Art Maulhalfter tragen sollte. Ich habe beim ersten gemeinsamen Spaziergang allein diese Regel befolgt. Aber schon beim Verlassen des Hauses fiel mir auf, dass Bruce gar nicht zieht. Und so entschloss ich kurzerhand, dass ich es ohne versuche. Und Bruce spielte mit. 

Ich habe sehr schnell einen Draht zu der Hündin aufgebaut. Sie hat es mir aber auch sehr leicht gemacht. Hat morgens keinen Terror an der verschlossenen Schlafzimmertür gemacht (und das, obwohl sie sonst durchaus mit im Bett der Herrchen schlafen durfte), hat nichts zerstört, war nicht unrein oder Sonstiges. Die einzigen Sachen, bei denen ich aufpassen musste, waren, dass sie mindestens zwei Stunden nach der Mahlzeit nicht spazieren gehen sollte, weil sich sonst ihr Magen umdrehen könnte bei zu viel Aktivität, dass sie einen ausgeprägten Jagdinstinkt hat (nicht von der Leine lassen) und sie Artgenossen nicht wirklich mag. 

Ich bin keine Hundetrainerin, aber ich habe durchaus ein großes Wissen über Hunde und deren Verhalten. Hab in meiner Jugend viel Zeit im Tierheim verbracht, Hundebücher gelesen und Nachbarshunde ausgeführt, weil ich keinen eigenen haben durfte/konnte. Und ja, auch Martin Rütter geschaut :D Ein paar neue Fakten hab ich auch beim Training für das Startup "Pawsome Concierge" erfahren. Dort hatte ich mich ja beworben, um für das, was ich hier gerade mache, bezahlt zu werden. Aber leider mangelt es bei denen noch an einem breiten Kundenstamm und meine Zeit ist hier ja auch begrenzt, sodass ich zwar den ganzen Bewerbungsprozess vollständig absolviert und bestanden habe (unbezahlt!), aber nix dadurch verdient habe. Nicht monetär, denn diese kleine Zwischenstation hat mir wiederum Wissen eingebracht und einen guten Eindruck bei Bruces Herrchen :)

Mein Alltag mit Bruce sah wie folgt aus: gemütlich aufstehen. Je nachdem, welche Uhrzeit das ist, entweder schon frühstücken oder erst spazieren gehen und dann essen. Dann war es meist Mittag.  Einkaufen gehen/ Sport machen/ mit Familie und Freunden telefonieren/ Recherche und dann war Bruce wieder dran. Ich hab auch viel gekocht und sogar Weihnachtsplätzchen gebacken <3 


Bruce beim Training

Jeden Tag bin ich mit Bruce zwei große Runden spazieren gegangen (je mindestens 45 Minuten, oft aber auch 1,5h oder mehr). Bruce ist schlau und gelehrig. So hab ich nach einer Weile angefangen, sie zu trainieren. Ich habe ihr beigebracht vor Straßenüberquerungen auf mein Kommando zu stoppen. Habe irgendwann (auf eigene Verantwortung) ihre Leine fallen gelassen, sie zum Warten aufgefordert und dann abgerufen. Innerhalb der Woche konnte ich die Distanz mehr als verdoppeln. 

Dann bin ich ein paar Mal mit ihr auch zum Hundeplatz gegangen. Da dort immer viel los ist, bin ich erst mit ihr daran vorbeigelaufen. Später davor gestanden und die anderen Hunde am Gitter abgecheckt. Eines Tages habe ich gewartet, bis alle Hunde weg waren und bin mit ihr rein, hab sie abgeleint und Stöckchen holen lassen. Dann kam ein zweiter Hund dazu und es war okay. Nicht zu viel verlangen, lieber Rückzug. 

nein, du darfst nicht ins Bett

Über all dies habe ich die Herrchen natürlich per Foto und Video informiert. Aber immer nach der Aktion, sodass ich manchmal etwas unsicher war, wie sie reagieren würden. Natalie war außer sich. Sie erkannte ihren Hund nicht wieder- im positiven Sinn. Sie konnte es schon nicht fassen, dass Bruce bei mir nicht zog. Aber dann all die anderen Dinge on top...sie war super dankbar und glücklich, dass ich so viel Zeit investierte und so einen positiven Einfluss auf den Hund hab. Aber ich denke auch, dass Bruce eben so war, weil ich mich wie ein Rudelführer verhalten hab (was viele Herrchen ja manchmal vergessen) und meine Regeln auch nicht hab einreißen lassen (Bruce durfte nie in mein Bett). Ich war auch ein bisschen stolz auf mich und hatte echt Spaß daran. Vielleicht mache ich das ja irgendwann mal in meinem Leben beruflich :D

Weihnachtsmarkt am Marche Angus

Am letzten Samstag in Montréal bin ich dann noch einmal mit den Öffis in die Stadt, habe tatsächlich noch einmal ein kleines Weihnachtsmarkt-Hopping gemacht (dieses mal andere) und ein paar Leute von Couchsurfing getroffen. Immer mit dem Gedanken, dass der Hund auf mich wartet und ich nicht allzu spät zurückkommen sollte. Dieses Gefühl ist mir nix. So sehr ich Hunde liebe...solch eine Verpflichtung möchte ich dann doch nicht täglich für 10-15 Jahre haben ;) 






Weihnachtsmarkt bei Atwater
Weihnachtsmarkt am Jean-Talon-Markt

Trotzdem fand ich das Petsitting eine sehr interessante und positive Erfahrung. Für einen touristischen Urlaub ist Dogsitting in meinem Fall eher ungeeignet (ich bin ja jemand, der gern den ganzen Tag nutzt und auch nachtaktiv ist). Aber mit Katzen hat man vermeintlich mehr Freiheit (Gassigehen fällt ja schon mal weg :D). 

Ich dachte, eine volle Woche ist viel Zeit. Aber tatsächlich ist auch diese super schnell verflogen. Das extra für mich eingerichtete Netflix-Profil (sehr sweet!) habe ich tatsächlich nur einmal benutzt. Knapp ein Monat in Montréal: Verrückt. Eine intensive Zeit. Ich hab die Vorzüge des Stadtlebens genauso genossen wie die vorherige Zeit in der Natur und der ländlichen Umgebung. Und auch wenn mir Montréal die Jobsuche echt nicht einfach gestaltet hat...so hab ich die Stadt doch irgendwie ganz lieb gewonnen. Ich mag ihre Energie. Kultur(mix), Studenten, Nachtleben, Wasser, Vielfalt, Transport. Das hat alles gepasst. 

Die nächste Destination wartet schon: Auf zur Landeshauptstadt Ottawa! Und auch hier hat das Universum wieder für mich arrangiert: Einer der Couchsurfer, mit denen ich den letzten Weihnachtsmarkt besuchte, kommt aus Ottawa und war nur übers Wochenende in Montréal zu Besuch. Und zufälligerweise hatte er noch Platz im Auto. So kam es, dass mich David sogar aus Brossard abholte und mit nach Ottawa nahm. Ich Glückskind! 

Hier noch ein paar Impressionen der Stadt (weil sie einfach so vielfältig und toll ist :) ):

eine Kirche, in der man jetzt wohnen kann $$$
das berühmte geräucherte Fleisch von "Schwartz"
Poutine mit ganz viel Gedöhns :D 



Allgemeine Feststellungen:

-auch in der Großstadt gibt es viele kostenlose Toiletten (Shoppingcenter, Supermärkte, Fast Food Stores) und Wasserspender

-in Brossard waren die Briefkästen im Wohnviertel alle in einer Station vereint. Finde ich ganz praktisch für den Postboten Gleichzeitig kann man dort aber auch seine eigenen Briefe in den Schlitz werfen. Das wiederum finde ich praktisch für die Anwohner

-während der Ticketkauf für die Öffis in Quebec schon komplett digital möglich war, musste ich in Montréal eine Karte für die Metro kaufen (6 CAD), die ich dann aufladen konnte, wenn ich nicht jedes Mal bar bezahlen wollte (in beiden Städten oftmals nur passend, da es kein Wechselgeld gab).  

-die Kanadier stehen vornehmlich auf salziges Popcorn! Frisches Popcorn im Kino gab es bisher nur salzig oder mit Buttergeschmack. Süßes Karamellpopcorn wird nur abgepackt verkauft 

-die Städter wappnen sich vor dem Winter mit der Überdachung von Eingängen oder ihren Autos. Das machen sie in Perfektion, sodass ganze Straßenzüge mit weißen Vorzelten ausgestattet sind

-in Montréal soll es die besten Bagels ganz Kanadas geben, weil sie in einem honiggesüßten Wasser getunkt werden, bevor es in den Ofen geht. Schmecken schon sehr gut ;)