"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Mittwoch, 4. Mai 2016

Back in Bhutan



Wo soll ich nur anfangen… Eigentlich bevorzuge ich es, lieber neue Orte zu entdecken, als zu alten zurückzukehren. Es gibt nur wenige Ausnahmen und Bhutan führt diese an.
Nachdem ich mein Volontariat in München beendet habe, zog es mich wieder in dieses einzigartige Land – und wieder einmal durch Laya Tours und Treks. Beate, die Chefin, hatte mich angefragt, ob ich noch einmal kommen würde, um an der neuen Website zu arbeiten. Etwas Besseres hätte ich mir fast gar nicht vorstellen können. Nach einigen privaten Rückschlägen war es die beste Option, Abstand von allem zu gewinnen und meinem Kopf und meiner Seele eine Pause zu gönnen. Sie haben einen Monat dafür Zeit. Und mehr als die Hälfte ist schon um.

In Paro angekommen war ich bereits so entspannt, dass es mich nicht großartig störte, dass Aeroflot es nicht hinbekommen hat, mein Gepäck mit mir zusammen zu transportieren. Beate hatte mich abgeholt und erst einmal zu sich gebracht. Es war der 15. April. William und Kate waren gerade in Bhutan. Spaßeshalber wollte ich mit meiner Chefin auf Promi-Jagd gehen (in Deutschland ist das nicht mein Fall, aber in Bhutan gelten andere Gesetze ;) ). Wir wussten, dass die Royals am Morgen zum berühmten Taktsang Kloster gehen wollten. Dank Twitter konnte ich in etwa die Uhrzeit herausfinden. Wir liefen zur Straße, die zum Kloster führt. Wir waren die Einzigen, Beate auf der einen Seite, ich auf der anderen. Und ein paar Minuten später rollte ein Konvoi an Fahrzeugen an uns vorbei. Ich wusste nicht, in welchem dieser Autos die Royals saßen. Doch dann: ein Blick, ein schnelles Winken von William und alles war vorbei. So schnell konnte ich nichts mit der Kamera festhalten. Aber das war schon eine nette Begrüßung für den ersten Tag J

Auf dem Spaziergang danach....

Drukgyel-Dzong




Deie einzige Verkehrsregelung in Thimphu
Nach 1,5 Tagen hatte ich dann auch meinen Rucksack wieder. Die Folgetage waren etwas ruhiger, zum teil erzwungenerweise wegen diversen Stromausfällen. Wir sind mit den mittlerweile 9 Hunden von meiner Chefin spazieren gegangen, haben erste Dinge für die Website in Angriff genommen und den Alltag gelebt. Wir sind nach Thimphu, in die Hauptstadt gefahren, um einzukaufen und leckeres Zeug in einer Bäckerei zu essen. Es schien sich nicht allzu viel verändert zu haben. Ein paar neue Häuser hier und da, aber die teils eigenwillige Mentalität und Gebräuche sind gleich geblieben. Die Leute lächeln mich meistens immer noch an, zocken mich nicht auf dem Markt ab und lassen sich bereitwillig von mir ablichten. Ich musste mir ja nach dem Klau meiner Digitalkamera in der letzten Nacht in Buenos Aires ein neues Exemplar zulegen. Es hat tatsächlich über ein Jahr gedauert, bevor ich mich dann für die Panasonic dmc fz200 entschieden hab. Ob es die richtige Wahl war, wird sich noch zeigen ;)



Einkaufsstraße in Thimphu


Angekommen

Ich weiß gar nicht so richtig, worüber ich eigentlich alles schreiben soll. Unter der Woche tagsüber arbeiten wir an der Website, wenn wir nicht mit den Hunden einen Spaziergang machen. Abends war ich meist so müde, dass ich zwischen 21 und 22 Uhr eingeschlafen bin. Lag aber auch ein bisschen am Mangel weiterer Optionen, da meine Unterkunft sehr idyllisch (abgesehen vom angrenzenden Internat in direkter Nachbarlage) aber dafür auch etwas abgeschieden liegt. Deshalb hatte ich mich entschlossen nach einer Woche zur Wohnung über dem Bürogebäude zu wechseln. Dort, wo ich 2013/14 schon einmal untergekommen war. Und auch da hat sich bis auf einen Mitarbeiterwechsel nicht viel geändert. Ich habe mich sehr gefreut, meine Kolleginnen wiederzusehen. Sofort wurde ich wieder bekocht. Sie wussten sogar noch, dass das einheimische Chilli nix für meinen euopáischen Gaumen war :D

Ich wollte mich u.a. mit einer Blumenkohlcremesuppe revanchieren. Doch der Pürrierstab war nicht mehr da und so musste ich improvisieren. Damit aus den Blumenkohlröschen etwas mehr wurde als Gemüse in Sahnesuppe, zerdrückte ich händisch alle Einzelteile mit einer Tasse im Topf. Leider nicht super erfolgreich. Hat mich etwas geärgert, kann ich die doch recht gut kochen. Geschmeckt hat es am Ende trotzdem, auch wenn recht viel zu kauen war. Werde mich mit ordentlichen Eierkuchen beliebt machen.
Mein erster Marktbesuch







Bhutanesische Logik

Einmal bin ich zum Mittagsessen zurück zu Beates Haus mit dem Fahrrad gefahren, welches mir zur Verfügung gestellt wurde. Kaum das Haus verlassen wurde ich am Kreisverkehr von einem Polizisten angehalten. Es sei nicht erlaubt, ohne Helm zu fahren. Sofort kamen mir die Bilder in den Kopf, wie ich Einheimische nachts weder mit Helm nocht mit Beleuchtung auf den Straßen hab gesehen. Ich erzáhlte das auch so dem Herren. Natürlich sagte ich noch, dass ich das nicht gewusst hatte, was der Tatsache entsprach (bei  meinem ersten Besuch hatte das auch niemanden gestört). Der Polizist antwortete Folgendes: in der Stadt bestehe Helmpflicht, auf der Schnellstraße außerorts nicht. Woraufhin ich meinte, ob das nicht vollkommen simmlos wäre, fahren auf den Straßen außerorts (mit einigen Ausnahmen) alle viel schneller. Daraufhin wusste er nix mehr zu sagen und ich durfte weiterfahren. Ohne Helm stadtauswärts.


Paro Dzong


Paro Dzong by night





Mit dem Verkehr verhält es sich sowieso sehr besonders in Bhutan. Erst einmal herrscht Linksverkehr. Hatte ich nach 1,5 Wochen schon auf dem Rad verinnerlicht. Dann wird alles, was übberholt wird, angehupt. 
-Langsame Autos blinken nach links, wenn man sie rechts überholen soll. Dabei sollte man aber darauf achten, ob nicht doch ein Auto vorn der anderen Fahrbahn kommt. Wäre aber auch nicht weiter schlimm, müsste das halt bremsen.
-Liegt ein Hindernis auf der Straße hält nicht das Auto an, auf dessen Fahrbahn es liegt, sondern derjenige, der eben langsamer am Hindernis ist.
-Straßenschilder sind im Vergleich zu Deutschland sehr selten. Wenn mal eine Geschwindigkeitsbegrenzung gegeben wird, wird diese meist nicht wieder aufgehoben.
-Wenn sich ein staatliches Auto mit Blaulicht nähert, muss man anhalten, egal auf welcher Straßenseite (könnte ja der König drin sitzen).
-mit Licht wird bis zum Schluss gespart
-Anschnallen ist selten
-zwischen Paro und Thimphu gibt es viele nützliche Hinweise wie 
''for carefully arriving no liquor in driving''
''on the bend go slow my friend''
''if you are married divorce speed''
''beep beep don't sleep''
''this is highway not runway''
''speed kills but thrills''


When the lights go down...

…Dann ist es Zeit, das Nachtleben Paros mit seinen ca. 15.000 Einwohnern zu testen. Bei meinem ersten Aufenthalt bin ich dazu leider nicht gekommen. Einer unserer Guides hatte mir erzählt, dass es am Mittwoch eine Ladies Night in einem Club gibt. Da musste ich natürlich meine Kolleginnen gleich dazu nötigen, mit mir dahin zu gehen. Da beide eher nicht so die Partybienen waren, wussten wir nicht recht, wann wir losgehen sollten. 21.30 war definitiv zu früh, auch wenn der Club Mitternacht bereits dann wieder schließen sollte. Wir waren die einzigen im Club, der mir recht gut gefiel. Im Keller eines Hauses, gutes Lichtdesign, Ventilatoren, Musikanlage ok, Preise super ok :D
Da wir aber dort nicht auf andere Leute warten wollten, gingen wir noch zu einer Bar. Ich wollte die Mädels auf eine Whiskey-Cola einladen, aber sie wollten nicht. So trank ich ein bisschen aus der 300ml Flasche Cola ab, ließ mir einen Short lokalen Whiskeys einfüllen (kostete zusammen keinen Euro) und dann setzen wir uns davor und redeten ein bisschen.

Bis wir empfanden, dass es Zeit war, noch einmal zum Club zu schauen. Es war 22.30, wir waren immer noch die einzigen, entschieden aber, unten zu bleiben. Es lief R’n’B Musik aus der Dose. Kurze Zeit später stürmte eine Mádelsgruppe die Tanzfläche und wir mit. Peu á peu wude es voller und auch die Musik wurde bis auf vereinzelte indische Hits meines Erachtens besser (da elektronischer). Am Ende war die Bude voll, so wie manche seiner Besucher. Diese waren es auch, die uns angequatscht haben. Ich war die einzige Ausländerin. Es gab noch einen anderen nicht-bhutanesischen Typen, dessen Kumpels meinten, dass wir beide mal miteinander reden sollten und die ihn daraufhin auf mich geschubst haben. Sind wir in der 5. Klasse? Ich war sichtbar not amused und kurze Zeit später sind wir dann auch gegangen. Draußen saßen Frauen, die Porridge und Tee verkauft haben, die Alternative zu Döner und Zuckergetränken in Deutschland :D.  Trotzdem war der Abend super und ich hatte eine Menge Glücksgefühle: Ich, tanzend zur Ladies Night in Bhutan unter Bhutanern.

Auf gewohnten Wegen

Eine meiner Kolleginnen hatte mir damals gesagt, dass man mindestens drei Mal zum Taktsang-Kloster gelaufen sein muss, um gutes Karma zu sammeln. Da ich beim letzten Mal erst einmal oben war, stand das auch ganz oben auf meiner to-do-Liste.
Zusammen mit zwei Gästen und sieben von neun Hunden (die Welpen bleiben zu Hause) machten wir uns gegen 8 Uhr hinauf zum Kloster. Im Gegensatz zum Winter, als ich das letzte Mal da war, ist die Höhensonne im April schon recht stark. Das Kloster lag verhüllt in den Morgenwolken aber der Himmel klarte ziemlich schnell auf. Der Aufstieg kam mir nicht so anstrengend wie beim ersten Mal vor, aber ich war auch schon gut an die Höhe (2400m) akklimatisiert.
Ganz in Ruhe liefen wir nach oben. Je später es wurde, desto mehr Touristen kamen. Im Vergleich zum letzten Mal war es etwas núchterner. Die vielen schönen Gebetsfahnen waren weg, sowie die kleinen Steintürme, die die Leute hinterließen. Dafür gab es jetzt durchgängig ein Geländer und zwei Polizisten die vor dem Eintritt ins Kloster kontrollierten, dass man weder Kamera noch Handy mit rein nahm (fotografieren verboten). Leider waren wir etwas spät dran, das Kloster hat von 13 bis 14 Uhr eine Mittagspause, da müssen alle Nicht-Mönche das Kloster verlassen. Trotzdem war genug Zeit, um vor einem Altar im Schneidersitz sitzend und von Räucherkerzen umnebelt den predigenden Gesängen der Mönche zu lauschen. Gänsehautmoment.








Meine Kolleginnen und ich :)
Am Samstag wollte ich eigentlich mit dem Rad etwas die Umgebung erkunden. Aber nach dem späten Frühstück (die Pancakes kamen sehr gut an ;) ) bin ich erst einmal mit zwei meiner Kolleginnen in den Paro Dzong gegangen. Da Wochenende war, war nicht viel los. Auch mal schön :) Und dann hat das Wetter etwas umgeschlagen und es war super windig. Also wollte ich die Tour auf Sonntag verschieben. Wir sind dann noch auf den Wochenmarkt um Einkäufe zu erledigen. 




Das Schicksal meinte es dieses Mal gut mit mir. Ich wollte in dem nahegelegenen Tempel, in dem ich 2013 schon einmal das Glück hatte, einer Puja (religiöse Feier mit Mönchen die den ganzen Tag beten) beizuwohnen, wieder diesen Gebeten lauschen. Die Puja, die nur aller paar Monate stattfindet, fand dieses Mal von Samstag bis Montag statt. Also nutzte ich die Zeit und lief Sonntag kurz nach 11 Uhr dorthin. Und wollte eigentlich nur ein bisschen bleiben. Eigentlich.

Ich war wieder mal die einzige Ausländerin. Alle Augen richteten sich auf mich, als ich das Tor zum Tempel betrat. Ich lief bis direkt vor das Haus, in dem die Mönche beteten und fragte einen von ihnen, ob es möglich wäre, dass ich wieder mit hoch ins Zimmer könnte. Und ich konnte. 

Murmelnde Gebete begrüßten mich. Ca. 40-50 zum größten Teil junge Mönche in roten Roben saßen in Reih und Glied im Schneidersitz auf dem Boden und summten ihre Mantras. Die Blicke richteten sich zu mir, alles andere blieb, wie es war. Die Mönche waren - mit Unterbrechungen - bereits seit 7 Uhr hier. Ich setzte mich im ebenfalls im Schneidersitz in die Ecke neben einen jungen Mönch. Ja keine Berührung! Und lautschte. Und lauschte. 12 Uhr Mittagspause und ich musste den Raum verlassen. Da es gerade in Strömen anfing zu regnen, musste ich auch heute die Radtour canceln. Ich bin erst einmal nach Hause, hab gegessen und ein Nickerchen gemacht. Und bin dann wieder ins Kloster. 

Eigentlich wollte ich mich nur noch einmal in den Innenhof setzten und zuhören. Dann aber sah mich einer der Mönche und winkte mich wieder rauf. Die jungen Gläubigen wurden mittlerweile ungeduldig. Bis auf ein paar Runden, in denen das Geld an jeden einzelnen Mönch ausgeteilt wird, was die Leute zur Segnung spenden, passiert nicht viel. Der junge Mönch neben mir reichte mir einen Kaugummi und fragte ein paar Sachen. Die Jungs mir gegenüber ärgerten sich gegenseitig und der Frechste im ganzen Raum, einer von den beiden, beschnippste mich mit Reis, als ich die Augen schloss. 

Essen wird vorbereitet
Dann gab es eine Runde Tee, Reis und heiliges Wasser. Auch mir wurde alles angeboten. Auf den Reis habe ich verzichtet, den Tee und das Wasser habe ich angenommen. Es gab wieder eine kurze Pause und ich wollte wirklich gehen. Bin dann auf dem Gelände mit den Mönchen ins Gespräch gekommen und wurde quasi zu ihnen in den Dzong eingeladen. Mal schauen, ob ich das noch realisieren kann. Es ging wieder weiter, dieses Mal mit Instrumenten. Mist, das habe ich am liebsten! Also noch einmal hoch zu meinen mir mittlerweile bekannten Mönchen. 

Kurz bevor die Zeremonie gegen 17.15 Uhr zu Ende war, schenkte mir einer der Obermönche eine Tüte voller Früchte und Gemüse. Ich habe zwar freundlich abgelehnt, aber das wurde nicht akzeptiert. Also habe ich mich herzlich bedankt und die heilige Kost mitgenommen. Dieser Tag war so faszinierend und überwältigend, dass mir mehrere Mal die Tränen in den Augen standen. Ich war so dankbar. Die Puja war für mich eine Mischung aus Trance und Energetik. Ich konnte abschalten und war kurz danach aufgedreht, als die Matras immer lauter und rhythmischer wurden. Obwohl ich kein einziges Wort verstand.
Solche Erlebnisse sind es, die mich immer wieder nach Bhutan ziehen. Genauso wie die große Gastfreundlichkeit, das ehrliche Interesse und die ganz besondere Athmosphäre, die hier herrscht. 

Den Rest des Tages bin ich noch durch die Stadt gebummelt. Leicht betäubt aber völlig geerdet. 



Ein Teil der Spenden: Kekse und Obst
Pause!

Meine neuen Freunde

Ich bin gespannt, was die letzten Tage noch zu bieten haben. Ich versuche jedenfalls das Beste aus ihnen zu machen J

Hier noch ein paar Impressionen:

  



Metzgerei

Tashi delek,

Caro


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen