Nachdem ich bei Jorge eingezogen war
und mir die vorgefundenen Wohnverhältnisse nicht wirklich zusagten
(recht weit weg vom Zentrum, sehr klein, dreckiges Bad), habe ich am
Montag nach Hostels geschaut. Die waren allerdings auch nicht viel
besser und in einem Hostel kommt man nie zum Arbeiten, weil man nie
allein ist. Deshalb bin ich dann doch bei Jorge geblieben und habe
die positiven Dinge der Wohnung schätzen gelernt, wie z.Bsp. dass
den ganzen Tag da die Sonne rein scheint und ich nicht frieren muss
beim Duschen (das sollte mir in Bolivien noch in Gedanken bleiben).
Blick aus Jorges Wohnung |
Dafür bin ich dann auch jeden Tag 30
Minuten zur Stadt gelaufen und wieder zurück (zurück etwas länger
da Berg auf).
Voller Tatendrang habe ich mich dann
Dienstag in die Bibliothek von Arequipa begeben. Die ist recht klein.
Und voller Schüler. Scheinen wohl gerade Prüfungen anzustehen weil
alle strebsam mit dicken Heftern und Büchern dasaßen. Ich war die
einzige mit Netbook. Das steht mir übrigens noch treu zur Seite, bei
welcher Witterung auch immer :)
Biblioteca Regional Mario Vargas Llosa |
In der Bibo.. |
Im Computerraum, zu dem ich von 4 Tagen
nur einmal Zugang gewährt bekam, weil ich nicht über eine
Bibo-Karte verfüge, waren diverse Internetseiten gesperrt (Facebook,
Filmeseiten, Presseseiten), das hinderte meine Recherche etwas.
Ich hatte ja noch die Erkältung der
Busfahrt, sodass ich eine halbe Rolle an Klopapier zum Schnaufen
verbrauchte. Beschwert hat sich keiner im Raum. Als geschmackliche
Abwechslung hatte ich mir zum Mittagessen eine Art Dönerbrötchen
gegönnt (Hühnerfleisch vom Spieß mit Salat, Käse in einem
peruanischen Fladen).
Arequipa |
Expedition: Canyon!
Ich war noch mit Linda in Kontakt und
wir wollten eigentlich am Wochenende den Colca Canyon, den zweit
tiefsten der Welt (bis zu 4160 Meter, der tiefste liegt in der Nähe,
ist aber kaum erschlossen), erkunden. Da Linda dann aber etwas in
Zeitdruck war, hatten wir uns spontan für Mittwoch Morgen
verabredet. 11 Uhr am Busterminal und sie wollte die Tickets schon
kaufen. Ich war 10 vor 11 da, keine Linda. Es wurde 11, keine Linda.
10 nach 11, 20 nach 11. War ich am falschen Busterminal? Linda hat
kein Handy dabei, also konnte ich sie auch nicht kontaktieren. 11.45
Uhr sollte der Bus abfahren, ich setzte mir selbst die Deadline von
11.30 Uhr, dann wollte ich mir ein eigenes Ticket kaufen und ggf.
allein losfahren. 11. 24 Uhr kam Linda dann um die Kurve geprescht.
Sie hatte im Café ihre Jacke liegen lassen und musste auf halben
Wege mit dem Taxi noch einmal umkehren.
Erleichterung.
Die Busfahrt nach Cabanaconde dauerte
knappe 6 Stunden und war schon eine Attraktion für sich: wir fuhren
am Rande des Canyons vorbei mit Blick auf die Tiefebenen, durch
Tunnel, die so in Deutschland nie erlaubt wären (einspurig trotz
Gegenverkehrs, kein Licht, abbröckelnde Steine) und haben das Anden
Plateau in einer Höhe von 4800 Metern überquert. An der
Straßenseite die Rehe Perus: Alpacas überall. Mal hinter Zäunen
gezüchtet, mal wild. Wunderschöne Landschaft.
Auf dem Plateau |
Lama Lama Lama :) |
In Cabanaconde angekommen sind Linda
und ich zum Hostel. Ein Couchsurfer aus Arequipa, der gerade in
Cabanaconde arbeitet, hatte mich gefragt, ob wir uns nicht treffen
wollen. So stand er spontanerweise an der Rezeption hinter uns. Wir
verabredeten uns später am Markt, wo ich dann zum ersten Mal
Slacklining (auf einem gespannten Band balancieren) probierte. Ganz
ohne Hilfe ging´s nicht...Wir sind dann noch mit Michel, der
übrigens gut deutsch sprach, und seinem Kumpel Essen gegangen und
haben ein paar Drinks eingenommen. Lustigerweise habe ich
registriert, dass Lindas und mein Name im Spanischen doch recht
interessant sind. Wenn wir uns vorstellten: „Linda and Caro“
bedeutet das übersetzt so viel wie „hübsch und teuer/kostbar“.
Tolles Team!
lustige Runde |
Linda und mein Plan war, dass wir am
nächsten Morgen 6 Uhr frühstücken um 6.30 Uhr mit dem Bus zum
Condor-Aussichtspunkt zu fahren. Deshalb bin ich auch schon halb 12
zurück ins Zimmer. Linda wollte noch bleiben, sie hatte den
Schlüssel behalten. Kam dann nachts aber nicht ins Hostel, weil die
Tür sich nicht öffnen ließ. Da musste die Arme eine Nacht im
Nachbarhostel schlafen. Da sie keine Uhr besitzt, wachte sie
stündlich auf, um nach der Sonne zu schauen, um nicht den Bus zu
verpassen. Und ich hatte mir ein bissl Sorgen gemacht. So kam Linda
etwas zerstört am Morgen zum Hostel zurück, als ich bereits
frühstückte. Wir hatten den Bus 6.30 Uhr aber noch erwischt, der
hoffnungsvoll überladen war. Unter mir eine Frau mit Lämmchen auf
dem Schoß sitzend, hinter mir ein älterer Mann, der sich in jeder
Kurve hat auf mich gelehnt hat. Links neben mir die leidende Linda
und rechts neben mir ein Mann, der mich mit seinem Englisch
zugelabert hat.
ABER es hatte sich gelohnt, denn als
wir am Viewpoint ankamen, waren kaum andere Touristen da. Allerdings
auch keine Vögel. Aber die zeigten sich dann etwas später. Neben
den imposiven Condoren haben wir auch den größten Kolibri der Welt
gesehen und einen Wüstenfuchs. Drei Stunden später kam ein Bus
zurück nach Cabanaconde. Alles gepackt, letzte Einkäufe gemacht und
unser Trekking sollte starten.
Condor View Pont |
Linda und ich wollten drei Tage und
zwei Nächte im Canyon verbringen. Die erste Strecke aus dem Dorf
heraus war kein bisschen ausgeschildert, wir mussten unserem Instinkt
und den Hinweisen der Bevölkerung folgen. Aus dem Nichts kam ein
kleiner struppiger Hund und sollte fortan ein vollwertiges
Gruppenmitglied werden. Wir nannten ihn Amigo, Freund, und er hörte
sofort auf den Namen.
Amigo <3 |
Der Weg führte uns knapp vier Stunden
bergab. Und dabei meine ich nicht im Spaziergang. Es ging teilweise
steil bergab mit losem Geröll. Es war heiß und staubig. An einem
Punkt hielten wir an um zu trinken. Da kam ein Einheimischer an uns
vorbei und Amigo kläffte ihn an und wollte ihn in die Beine zwicken.
Guter Hund :D
los geht´s! |
effektiver als Glasscherben ;) |
dort oben sind wir gestartet |
so sah der Weg aus |
Das Bergablaufen war ziemlich
anstrengend. Es ging auf die Knie und Oberschenkel. Einen Teil ging
es dann mal gerade aus. Und dann wieder bergab, bis wir an heißen
Quellen ankamen. Leider zu tief unter der Brücke, um sie zu
erreichen. Den letzten Teil der Strecke mussten wir eine Stunde lang
bergauf laufen um dann die letzten 20 Minuten noch einmal steil
bergab zu gehen.
Am Ziel angekommen freuten wir uns wie
kleine Kinder auf die Thermalbäder. In Llahuar bzw. der Llahuar
Lodge gibt es drei Becken mit Wasser aus heißen Quellen (jeweils
drei unterschiedliche Temperaturen). Nachdem wir unser Zimmer bezogen
hatten sind wir direkt in eins der Becken und haben genossen. Die
Aussicht (die Becken liegen im Tal des Canyons mit direktem Blick auf
den Fluss), die Entspannung, das Leben.
man beachte den Bildausschnitt oben links |
Als es dunkel wurde, sind wir dann in
den heißesten Pool gestiegen, direkt am Fluss. Der war so warm, dass
man sich ohne Probleme auch einmal herausbeugen konnte ohne direkt
zu erfrieren (merke: Sonne weg=arschkalt).
Die Sterne gaben dem Ganzen ein
unvergessliches Ambiente. Allein dieser Moment war die Anstrengungen
des Tages Wert!
Zum Abendessen gab es für mich dt.
Tüten-Kartoffelbrei, ich hatte mal wieder Probleme mit dem Magen.
Linda aß im Restaurant der Herberge. Amigo wartete brav vor unserer
Hütte, die ganze Nacht. Am nächsten Morgen freute er sich wie
bolle, als wir endlich wieder aus der Hütte kamen.
Tag zwei des Trekkings
Oase Sangalle |
Oase II |
Und was das Wünschen nicht alles
ausrichten kann: siehe da, der weiße Pickup raste zu uns und hielt
auf unser Daumen-Hoch-Zeichen an. Einziges Problem: Amigo. Der ist
wohl noch nie in seinem Dorfhundeleben Auto gefahren. Ins Auto sollte
er nicht, also musste ich ihn schnappen und auf die Ladefläche
hieven (ihn herauszubekommen später war noch komplizierter). Aber
der kleine hat alles gut überstanden, obwohl der Fahrer recht rasant
um die Kurven preschte. Ca. 15 Minuten sind wir mit ihm gefahren, er
war unser Engel. Durch ihn hatten wir nicht nur eine Abkürzung zur
Oase gefunden (die aber super steil und gefährlich war), wir hatten
es zudem pünktlich zum Anpfiff geschafft. Der Weg bergab
strapazierte meine Knie, die anfingen zittrig zu werden. Linda hatte
da weniger Probleme. Wir machten einen kurzen Stopp um frische
Kaktusfrüchte zu essen (mirkokleine Stacheln in den Händen
inklusive).
Die Oase war recht schön, fast jede
Unterkunft hatte ihren eigenen Pool. Aber Linda und ich bevorzugten
es, noch am Abend den Bus zu nehmen um zurück nach Arequipa zu
fahren. Ich konnte so weiter an meiner Hausarbeit arbeiten und Linda
schneller nach Bolivien kommen.
Nach dem Spiel begannen wir unseren
Aufstieg. Der war steiler als der Abstieg am Vortag aber mein Körper
und ich waren froh über die Abwechslung der Muskelanspannung.
Bergauf war ich etwas fitter als Linda. Die wollte am liebsten mit
dem Esel hochreiten. Das Laufen sollte vier Stunden dauern, das
Eselreiten 2 und 40 Soles kosten (etwas mehr als 10 Euro). Allerdings
kam die Eseltruppe uns nicht noch einmal entgegen, sodass wir den
ganzen Weg hochgelaufen sind.
Und das war echt hart! Zumal wir an
diesem Tag bereits drei Stunden bergauf- und bergab liefen. Amigo
legte sich in jeder Kurve in den Schatten und wartete auf uns.
hier mussten wir hoch |
Verräter! |
Sind wir endlich da? |
Die Zeit zog sich endlos hin, wir
liefen aber auch im Schneckentempo. Man muss ja auch bedenken, dass
wir von der Oase knapp 1200 Höhenmeter überwinden mussten. Als wir
dann endlich oben ankamen, erwartete uns der Sonnenuntergang und
kalte Temperaturen. Da ich geschwitzt hatte, wurde mir sofort super
kalt und ich musste erst einmal die Klamotten wechseln (zum Glück
war um die Uhrzeit aufm Feldweg nichts los :D ).
Wir gingen Tickets für den Nachtbus um Mitternacht kaufen, zurück ins Hostel, duschen und packen. Dann Abendbrotessen bei einem lokalen Restaurant. Suppe, Tee und Hauptspeise (Alpacasteak mit Reis und Salat) für keinen 1,50 Euro. Dafür muss man dann auch mit Teilen von Hühnerfüßen in der Suppe leben, sogar noch mit Kralle dran (ich musste meinen Würgereiz unterdrücken). Den Hund im Restaurant hatte es gefreut. Amigo war übrigens nachdem wir ins Hostel gegangen waren, verschwunden. Aber das war auch gut so, so fiel der Abschied nicht so schwer.
Halb zehn konnten wir bereits in den
Bus und schlafen (wir waren sooo fertig! Alles hat weh getan, keine
Bewegung zu viel sollte es mehr sein, wir waren an diesem Tag mehr
als 7 Stunden getrekkt). Im Bus die Überraschung: zwei große
Fenster existierten nicht mehr. Dafür war an dieser Stelle
Klarsichtklebeband gespannt. Wir befürchteten eine verdammt kalte
Nachtfahrt, aber das Band hat super gut isoliert, wir mussten nicht
frieren.
Zurück in Arequipa
Arequipa |
göttlicher Beistand ;) |
Wir kamen am nächsten Morgen kurz vor
sieben in Arequipa an. Linda sprang gleich in den nächsten Bus
Richtung Bolivien, ich fuhr mit dem Bus zu meinem Gastgeber (den ich
zuvor durch einen Anruf wachmachte). Geduscht, gefrühstückt und
zurück in die Bibo. Erstaunlicherweise habe ich trotz der wenigen
Nachtruhe recht viel zustande gebracht.
Sonntag hatte die Bibo nur bis 13 Uhr
auf. Danach bin ich zu Jorges Restaurant gegangen und wurde zum
Mittag eingeladen. Den Rest des Tages verbrachte ich mit der Planung
für Bolivien.
Montag schließlich beendete ich dann
den Großteil meiner Hausarbeit und fuhr mit dem Nachtbus nach Puno
zum Titicaca-See, um dort im Früh den nächsten Bus nach Copacabana,
auch am Titicaca-See aber auf bolivianische Seite, zu nehmen.
Jetzt bin ich also in Bolivien. Und
dass ich nur noch ein paar Feinheiten an meiner Hausarbeit machen
muss, beruhigt mich ungemein. Ich kann also frei die nächsten 2 ½
Monate reisen.
An dieser Stelle möchte ich noch
meiner lieben Madlén und ihrem Jens zur Hochzeit gratulieren, sowie
meinem lieben Dirk zum 30. Geburtstag. Diese Feste verpasse ich
gerade. Und wenn sich das jetzt auch komisch anhört, aber es fühlt
sich richtig an. Ich habe neue Energie für´s Reisen und genieße
die letzten Züge meiner Weltexkursion. Natürlich vergesse ich meine
Lieben daheim nie. Und ich hoffe, dass die kleinen Aufmerksamkeiten
euch erfreuen werden. Alles Liebe und eine fette Umarmung nach Hause!
Ich bin bei euch!
Eure reisesüchtige Caro
Was ich NICHT an Peru vermissen
werde:
-Abgase überall
-das Verhalten der Peruaner auf dem
Gehweg (sie denken, der würde ihnen gehören und lassen mich lieber
auf der Straße laufen, als mir Platz zu machen)
-das Angehupe der Taxifahrer, die so
hoffen, dass man noch mehr auf sie aufmerksam wird
-Meerschweinchenfleisch
-kalte Nächte
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