"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Freitag, 22. August 2014

Chile Teil 2: Sex, Drugs and Rock´n´Roll (oder so ähnlich)

La Serena


Meine Mitfahrgelegenheit, der Trucker Ramon, hatte mich nahe eines Shoppingcenters herausgelassen. Dort konnte ich nicht nur das kostenlose Wifi nutzen, um meinem Host Cristian Bescheid zu geben, ich konnte auch günstig zu Mittag essen und die Sanitäranlagen benutzen. Meine Bedinung war nicht ganz von der cleveren Sorte: mein Kaffee kostet 850 Pesos, ich gab ihr 1050 und sie muss den Taschenrechner für das Ausrechnen des Wechselgeldes benutzen...
So verging die Zeit und ich bin am frühen Abend mit dem Collectivo zu Cristian. Collectivos sind Taxis, die in eine bestimmte Richtung/ in einem best. Gebiet fahren und jeder Passagier zahlt nur wenig Geld, wird aber bis vor die Haustür gefahren. Ich finde die Idee prima. So sehe ich nicht nur mehr von der Stadt, sondern auch, wie und wo die anderen Leute wohnen ;)

Bei Cristian angekommen war ich jedenfalls froh nicht schon eher gekommen zu sein. Das Haus in dem er wohnt ist ziemlich sanierungsbedürftig und kalt. Wir hatten den Kamin im Wohnzimmer erst sehr spät angemacht. Überall roch es sehr spezifisch. In dem Zimmer, wo ich schlafen sollte, nach Muff und vielleicht auch leicht Schimmel. Je näher man seinem Zimmer kam, desto mehr roch es nach Marihuana. Nicht verwunderlich, hat er eine nette kleine Plantage neben seinem Bett...

Cristian ist 38, hat als Übersetzer gearbeitet aber keinen Bock mehr auf den Job. Jetzt bäckt er ab und an Pizza in seinem Pizzaofen im Garten und verkauft diese an Freunde und Bekannte. Und andere selbstproduzierte Pflanzen auch. So hält er sich über Wasser. Das kann man jetzt verurteilen. Aber Cristian war einer ist einer der lockersten und vorurteilfreisten Personen, bei denen ich unterkam. Wenigstens gab es heißes Wasser in der Dusche, sodass es sich dort aushalten ließ. Die gemeinsamen Abende waren auch äußerst interessant!

Am ersten vollen Tag in La Serena bin ich erst einmal zusammen mit Cristian zum Strand. Leider
war das Wetter nicht auf unserer Seite. Das hielt Cristian aber nicht davon ab, surfen zu gehen. Verrückter Kerl!
Danach bin ich in die City, bin ein bissl durch die Läden gezogen um die ein oder andere Sache für Torres del Paine zu besorgen (wie beispielsweise eine Thermostrumpfhose und Woll-Einlegesohlen für meine Schuhe). Eigentlich wollte ich auch ein paar neue (Trekking)Schuhe kaufen. Doch dann habe ich überlegt, dass ich dafür 1. kein Platz habe, 2. meine jetzigen Nikes perfekt eingelaufen sind und 3. ich damit keine unnötige Ausgabe habe. Also Gedanken verworfen.
Der Nachmittag war schnell rum und ich kehrte zurück zu Cristians Haus. Dort war dann ein neuer Surfer aus Neuseeland eingetroffen. Ich habe seinen Namen vergessen denn innerhalb von kurzester Zeit war er mir äußerst unsympathisch. Die ganzen Vorurteile über Deutsche habe ich nicht weiter kommentiert. Aber er hatte so eine provozierende Art an sich, die ich überhaupt nicht mochte. Sobald Cristian aus dem Raum war, schwiegen der Neuseeländer und ich uns an. 




Am Tag darauf bin ich wieder zum Strand, dieses Mal mit schönerem Wetter. Lange konnte ich das aber nicht genießen, dann kam die Strandpatroille und machte darauf aufmerksam, dass es gefährliche Quallen im Meer gab. Als ich daraufhin meinte, dass ich nicht vorhabe, schwimmen zu gehen und ob auch am Strand Gefahr bestünde, meinten sie, es wäre besser, Abstand zum Wasser zu nehmen. Da alle anderen Leute ebenfalls gegangen bin, schloss ich mich an.
Ich bin wieder in die Innenstadt, in der aber die meisten Geschäfte aufgrund eines Feiertages geschlossen waren. Ich bin deshalb wieder zur Mall und habe da ein bisschen meine Zeit vertrödelt (können Frauen ja bekanntlich ganz gut dort).
Tagsüber war einer der drei Hunde von Cristian entlaufen, weshalb die Stimmung am Abend weniger prickelnd war. Die beiden Jungs wollten eigentlich feiern gehen, aber Cristian hat dann nachts lieber seinen Hund gesucht- und auch gefunden. Ich zog am nächsten Tag weiter.


Vina del Mar/ Valparaiso



Wieder dort hingestellt, wo mich Ramón herausgelassen hatte und innerhalb von einer Minute hielt Enrique der Trucker an. Zu diesem Zeitpunkt war ich weniger wählerisch, was die Mfg anging, aber nach dieser Fahrt sollte sich meine Einstellung ändern.
Ich verstand Enrique ziemlich schwer. Nicht nur, dass die Chilenen das „s“ gern weglassen, Enrique schien gern mehr wegzulassen. Eine Konversation war äußerst mühselig sodass ich nach einer Weile meistens nur nickte und verbale Bestätigung gab (und hoffte, dass das gesagte keine Frage war). Die Zeit verging nicht. Wir fuhren wohl auch recht viele Umwege, um keine Straßengebühren zu bezahlen. Zudem war der Truck voll beladen (45 Tonnen), sodass wir bergauf nur 20-30kmh fuhren. Und es gab viele Berge.
Nach 6 ½ (!!!) Stunden ließ er mich nahe zur Autobahn nach Valparaiso heraus. Mein Ziel war allerdings Vina del Mar (ca. 15 Min davon entfernt), wo ich mich mit Rodrigo verabredet hatte.

Von der Autobahnauffahrt nahmen mich zwei Jungs aus Valparaiso (Valpo) mit. Die sprachen zum Glück Englisch, waren super nett und auch Couchsurfing-Hosts. Wir machten einen Zwischenhalt im Haus des einen, dort konnte ich das Klo benutzen und wir haben Rodrigo angerufen. Mit dem Bus bin ich dann nach Vina del Mar gefahren.

Es war dann bereits nach 18 Uhr und Samstag Nacht. Ich wollte unbedingt mal wieder Party machen und bei Rodrigo war ich da an der richtigen Stelle. Er hatte zwar bereits die Nacht zuvor ziemlich gefeiert und war etwas müde, aber mit ein bisschen Vodka und den Besuch seiner Freunde in der Wohnung (3 weitere Mädels und ein Typ der dem Musiker Pharell Williams verdammt ähnlich sieht) war das schnell vorbei. Wir tranken und redeten bis halb zwei (?- meine Erinnerung zu diesem Zeitpunkt war bereits etwas vom Vodka eingenommen) und sind dann alle zusammen in einen Club gefahren. Gut, dass Andrés, der Kumpel von Rodrigo auf mich und ein anderes Mädel „aufgepasst“ hat, ich wär sonst etwas orientierungslos gewesen. Aber die Party war sehr gut, soweit ich mich erinnern kann. Und ich hab mich mit Andrés so gut verstanden, dass ich bei ihm gepennt habe und am Folgetag auch meine Sachen zu ihm gebracht hab. Er ist DJ und hatte im Gegensatz zu Rodrigo, der hauptberuflich im Marketing beschäftigt ist, Zeit mir die City zu zeigen.

Wir sind spät aufgestanden und sind dann im Restaurant seines Bekannten Mittagessen gegangen. Für
Andrés gab es Cerviche, für mich Sushiiii. Komischerweise gibt es in diesen zwei Städten enorm viele Restaurants davon. Aber glücklicherweise recht günstig! Andrés und ich teilten eine Platte mit 34 Teilen für knappe 13 Euro. Ich habe Andrés zu Liebe sein Getränk probiert, scheint hier sehr beliebt zu sein. Zitronensaft wird in einem Glas mit Salzrand hingestellt und mit Bier aufgefüllt. Das war für mich widerlicher als pures Bier :D Ich hielt mich ans Sushi.
Im Anschluss sind wir zum Meer. Das Wetter war bestens. Sonne pur, nur der Wind war etwas frisch. Das hielt die Leute aber nicht davon ab, im Meer baden zu gehen. Nichts für mich.




ausnüchtern...

Wir schlenderten noch ein bisschen durch die Stadt, die Künstler hatten die Promenade erobert. In jeder Ecke gab es Unterhaltung. Und für uns zum „Abendessen“ sozusagen (es war 17.30 Uhr) einen Eisbecher. Perfekter Tag zum Ausnüchtern :)




Der Tag darauf war weniger prima. Die Stadt war vom Nebel umhüllt, es
nieselte vereinzelt. Andrés und ich sind zusammen mit seinem Hund eine grooooße Runde spazieren gegangen. Aufgrund der vielen Straßenhunde in Valpo war das aber nicht immer entspannt. Trotz des tristen Wetters zeigte sich die Stadt mit ihren farbigen Häusern und Graffitis von ihrer bunten Seite. Am Nachmittag gab es Kaffee und Kuchen auf irgendeinem zentralen Platz. Dann musste Andrés zurück zur Wohnung, ein bissl arbeiten. Und ich bin noch in eine Galerie gegangen und habe eingekauft, um am Abend für uns beide zu kochen.
Am dritten Tag bin ich dann wieder weitergezogen. Mit dem Bus bin ich Richtung Autobahnauffahrt. Dieses Mal musste ich Nerven beweisen, denn ich wurde nicht wie sonst in den ersten 5 Minuten mitgenommen. Nach fast 40 Minuten und einem Ortswechsel hat sich Daniel bereiterklärt, mich mitzunehmen. Er arbeitet als Kurierfahrer und pendelt immer zwischen santiago und Valpo (dürften um die 100 Kilometer sein). Ich hätte fast den Bus genommen, weil ich vor 14.30 Uhr in Santiago, der Hauptstadt sein wollte, um meine Sachen in der Wohnung von Ivan abstellen zu können. 





Santiago de Chile


Alles lief gut, Daniel fuhr mich bis vor die Haustür von Ivans Wohnung (die im 23. Stock eines Hochhauses ziemlich zentrumsnah liegt). Die Putzfrau öffnete mir die Tür, ich legte meine Sachen ab und verschwand gleich wieder. Nach einem Fastfood-Mittagessen bin ich pünktlich 15 Uhr zur Kathedrale am Plaza de Armas gegangen, um an einer Free Walking Tour teilzunehmen. Die ging fast vier Stunden, war aber sehr interessant und deckte die Hauptattraktionen der Stadt ab. Zudem gab´s eine kostenlose Stadtkarte.

Innenstadt
Kirche
Regierungssitz
Bankenviertel

Den zweiten Tag in Santiago habe ich im Kunstmuseum verbracht,
sehr sehenswert. Und ich habe ihn dazu genutzt, um nach weiteren Klamotten für Torres del Paine (meinen Aufenthalt in Patagonien) zu schauen. Santiago gilt als günstigste Stadt in Chile, zumindest haben mir das immer alle Personen, die ich getroffen habe, gesagt. Und ja, es gibt günstige Ecken, aber man muss diese erst einmal finden. Ich hatte die Auswahl zwischen billigem Ramsch und normalpreisiger Ware. Ich habe nichts gekauft. Ich werde erst einmal nach Punta Arenas fliegen. Da werde ich sehen, was mich an Temperaturen erwartet. Ich habe Minustemperaturen in Uyuni mit meinem Bestand an Sachen ausgehalten. Sollte es gar nicht gehen, so gibt es in Punta Arenas ein zollfreies Gebiet, wo Markenwaren recht günstig sein sollen.

Hier noch einige Facts zu Santiago de Chile, die in der Tour vermittelt wurden:

-aufgrund der Nähe zu den Anden kann die Luft nicht zirkulieren. Die Stadt ist meistens in Smog gehüllt, manche Tag so schlimm, dass es Alarm- und Evakuationslevel gibt. Bei zweiterem darf kein Auto auf der Straße fahren und es ist gesünder, in der Wohnung zu rauchen als rauszugehen und zu atmen
-da die Jugend Chiles meist bis ins hohe Alter (Ende 20) bei den Eltern wohnt, gibt es kein Platz für Liebkosungen mit den Partnern. Deshalb sind die Parks und Grünflächen voll mit umschlungenen Pärchen. Unser Guide meinte, nachts sollte man eher nicht zu diesen Orten gehen...
-der Eintritt für ein Theaterschauspiel muss günstiger sein als der für ein Fußballspiel, sonst würden die Leute eher zum Fußball als ins Theater gehen
-in Santiago de Chile gibt es die höchste Besteuerung für Bücher weltweit (19%)
-7 Millionen Menschen wohnen hier, in ganz Chile sind es 17 Millionen
-dazu kommen 400 000 Straßenhunde (die oftmals von Passanten gefüttert und gepflegt werden).

Zwei volle Tage waren genug für diese Stadt. Ich wollte zwar noch auf den Berg Cristobal (höchster Punkt hier), aber aufgrund des Smogs wäre die Aussicht nicht lohnenswert gewesen.

Mal wieder versuchte ich, mit Trampen zu meiner nächsten Station, Concepción zu gelangen. Aber es war mir nicht möglich, nahe genug an die Autobahn zu gelangen und an der Auffahrt zu dieser wollte niemand stoppen. Ich habe es an 4 verschiedenen Stellen versucht. Nach drei Stunden gab ich auf und nahm den Bus. Für knapp 10 Euro sitze ich jetzt sechs Stunden fest. Dafür muss ich mit niemandem reden und habe Zeit, einen neuen Eintrag zu verfassen ;)

Hasta luego,

Caro


Allgemeine Feststellungen:
-mein Nachname hat bereits für viele Lacher in Chile gesorgt. Denn „mi tulla“ bedeutet übersetzt so viel wie „mein Penis“. Nur gut, dass ich in Deutschland lebe...
-der Preis für Brötchen berechnet sich nach deren Gewicht
-Benzin kostet ca. 1 Euro pro Liter

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