"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Sonntag, 18. Dezember 2022

Jobsuche in Kanada - dieses Mal aber richtig

Jobsuche in Montréal

Meine Reisplanung sah vor, den Winter in Städten zu verbringen, da die Temperaturen schon immer frostiger und die Tage kürzer wurden und das Reisen damit schwieriger und weniger spaßig ist. Die Zeit wollte ich auch gut nutzen um neben den Vorzügen des Städtelebens auch etwas Geld verdienen. Immerhin hatte ich vor, knapp einen Monat in Montréal zu bleiben. 

Zwar hatte ich mich im Vorfeld auch schon online nach Jobs umgeschaut, aber einen richtigen Treffer gab es nicht. Es scheiterte dieses Mal nicht nur daran, dass ich ebenfalls wieder für kurze Zeit verfügbar sein würde...sondern auch daran, dass ich kein Französisch spreche. 

Als Beispiel dazu: Mir wurde auf mein Gesuch hin ein Job bei einem Saftladen in einer Markthalle angeboten. Ich meinte zum Chef, dass ich aber kein Französisch rede. Er sagte, dass ich trotzdem vorbeikommen sollte. Tat ich wie verabredet. Der Chef war nicht da, die Angestellte vor Ort wusste nichts. Wir haben kurz geplauscht. Der Chef schrieb mir auf meine Nachfragen Tage später, dass ich den Job nicht bekäme, weil ich kein Französisch spreche. Ich hab mich richtig verarscht gefühlt. Also legte ich fortan meinen Fokus auf Jobs ohne direkten Kundenkontakt.

beim Probesitten für "Pawsome Concierge"

Selbst für scheinbar nicht wirklich anspruchsvolle Jobs wie Nahrungsmittel für Kochboxen einpacken, hatte ich etwa 15-minütige Telefoninterviews. Auch als Tellerwäscherin musste ich mich einem Telefonat stellen. Mein Angebot in einer Facebook-Gruppe, mich als Deutsch-Tutorin zu Verfügung zu stellen, fand gar keinen Anklang - zumindest nicht gegen Bezahlung :D). 

Mit am Interessantesten waren die Jobs als Korrekturleserin für Deutsch-Übersetzungen in Videospielen und Tiersitterin sowie Gassigeherin gegen Bezahlung (ca.20 Dollar pro Stunde). Diese beiden Jobs jedoch dauerten zu lange in der Bewerbungsphase (für die Übersetzung musste ich in einem Interview Rede und Antwort stehen. Darin wurde ich u.a. gefragt, was ein Grund für mich wäre, zu kündigen. Da meinte ich sofort: Fehlende Wertschätzung. Darüber hinaus musste ich einen recht anspruchsvollen Deutschtest in 60 Minuten absolvieren, den ich natürlich bestanden hab ;) - gegeben hätte es dann nur knapp 15 Dollar; die Haustiersache war ein Startup, das noch genug Kunden akquirieren und die Angestellten in Seminaren anlernen musste). Sodass ich quasi die ersten Jobs hätte starten können, als ich schon wieder weiterziehen wollte.

Am Ende geriet ich dann doch wieder an einen Putzjob (durch einen eigens geschalteten Aufruf). Bei meiner Bewerbung wurde ich gefragt, warum ich denn sowas mit einem Masterabschluss machen wollen würde. "Weil ich es sauber mag, weil ich es als eine Art Workout ansehe und ich den Job kurzfristig machen kann". Hat wohl überzeugt. Ich putzte mit und für Merald. Der hatte unter anderem Büros und eine Kita als Kunden. Die Art und Weise, wie er die Arbeit verrichtete, war so ganz anders, als ich es in Halifax gelernt hab. Er war echt larifari unterwegs und hat tatsächlich nur das Nötigste gemacht. Motto: "Wenn der Papierkorb leer ist, wurde hier nicht gearbeitet. Dann musst du das Büro nicht sauber machen". Also seine Theorie stimmte zwar nicht immer, aber okay, weniger Stress für mich :D 

Merald hatte mich allerdings nur drei oder vier Mal beschäftigt. Zuvor war noch die Rede, das Unternehmen mit mir zusammen groß zu machen, war er doch so zufrieden mit meiner Gründlichkeit und Gewissenhaftigkeit. Und siehe da, von heute auf morgen hat er mich nicht mehr engagiert, weil er eine andere Person gefunden hatte, die länger als 3 Wochen für ihn arbeiten konnte. So läuft das hier eben...Leider.  

Spannend war auch eine Recherche-Arbeit. Das Gesuch hatte ich bei kijiji (sowas wie Kleinanzeigen) gefunden. Eine Person hatte vier Zitate/ Quellen aus der Filmbranche und suchte den Urheber. Für jede richtige Antwort sollte es 30 Dollar geben. Da man bei solchen Anzeigen ja auch immer etwas vorsichtig sein muss, hab ich erst einmal nach zwei gesucht und wurde relativ schnell (innerhalb einer Stunde) fündig. Ich kontaktierte die Person und bot meine Hilfe an. Und nachdem wie vereinbart hatten, wie die Zahlung ablaufen würde, erhielt ich tatsächlich keine 10 Minuten nach meiner Mail das Geld. 

Die beiden letzten Zitate waren sehr kniffelig. Denn alle Zitate waren natürlich nicht wortwörtlich, sondern eher wie "Person X sagte etwas über die Arbeit als Regisseur und die schweren Anfänge in Hollywood. Es war ein Interview vor etwa 10 Jahren vor Publikum". Das hat mich tatsächlich einige Zeit gekostet, weil einige Hinweise auch falsch waren. Aber ich bin ja ein sehr ehrgeiziger Mensch und hab das auch gelöst. Ich glaube übrigens, damit einem Studenten geholfen zu haben (oder eine Art Studientest für ihn gelöst zu haben). 

die Vergangenheit holt mich ein :D

Einmal hab ich auch für 20 Dollar die Stunde Ikeamöbel aufgebaut (jemand hatte bei kijiji handwerklich begabte Leute gesucht) und hab auf eine Anzeige hin in einer Privatwohnung eines Singles in Montreal die Bude geputzt. Ich glaube, das hat der Typ jahrelang nicht mehr gemacht. Ich hätte mich für ihn echt geschämt, jemanden das putzen zu lassen. In seinem Bad sah es aus wie auf einer Club-Toilette: dreckige Schuhabdrücke aufm Boden, klebrig, ekelig. Staub & Dreck überall. Mit seiner letzten Putzfrau sei er nicht zufrieden gewesen. Das verwunderte mich, denn jeder Handgriff hier hätte die Gesamtsituation wesentlich verbessert :D 

Augen zu und durch! Hatte meinen Freunden ja gesagt, dass ich in Kanada gern Jobs machen würde, die ich in Deutschland nie machen würde *oooops. Der Typ war wenigstens nett und ich hab mich selbst sehr viel besser gefühlt, als ich die Wohnung sauber verlasen hab. Nachteil für mich: wohl zu sauber, denn in der restlichen Zeit, die ich in Montréal war, beauftragte er mich nicht noch einmal *haha

Auf die meisten meiner Bewerbungen habe ich keine Antwort erhalten. Im Gegensatz zu Deutschland ist es in Kanada übrigens nicht erwünscht, ein Foto in der Bewerbung mitzuschicken. Genauso wenig wie das Geburtsdatum oder der Beziehungsstatus. Das soll vor Benachteiligungen und Diskriminierung schützen.

Parallel zu den kleineren Alltagsjobs hatte ich mich seit Anfang meiner Reise (September 22) nach meinem Traumjob gekümmert. Seit ich den Gedanken manifestiert hatte, nach Kanada zu gehen, seither war es auch einer meiner größten Wünsche, für einen Hundeschlitten-Tourenanbieter, sagen wir kurz " auf einer Huskyfarm" zu arbeiten. Denn dieser Job kombiniert gleich drei Dinge, die ich mag: Tiere, Abenteuer, Outdoor.  

Ich habe einfach bei Google Maps nach entsprechenden Tourenanbietern geschaut und mich initiativ beworben. Der Rücklauf war überschaubar. Mit einer Firma im Westen des Landes hatte ich ein Telefoninterview. Die suchten einen sogenannten "Musher", einen Hundeschlittenführer. Das für ein Einstiegsgehalt von 18 Dollar in einer super touristischen Gegend. Mein Interviewpartner selbst hat mir gesagt, dass ich mir das gut überlegen solle. Sie würden keine Unterkunft stellen und die Gegend dort sei mega touristisch und kostspielig. Sie suchten für sechs Monate jemanden. Aber das war mir zu lange. Ich bin ja nicht primär nach Kanada gekommen, um hier zu arbeiten, sondern eher um Land und Leute kennenzulernen. 

Ja und dann habe ich abgewogen, auf mein Bauchgefühl gehört und abgesagt. Aktuell bin ich mit einer weiteren Firma in Kontakt, die im Norden von Montreal sitzen und einen Fotografen für die Wintersaison suchen. Für etwa drei Monate. Da kommen wir der Sache doch schon näher :) 

Fazit meiner Jobsuche in Montréal: 

Ja, es kann schon recht frustrierend sein - Rückmeldungen und selbst Absagen gibt es kaum. Aber man hat hier auch viele Chancen, Dinge zu machen, für die man vielleicht nicht direkt qualifiziert ist. Quereinsteiger gibt es überall! Die Menschen, mit denen ich bisher zu tun hatte, hatten meist auch diverse, völlig branchenfremde Jobs in ihrem Leben. UND: Gerade in Facebook-Gruppen ("Jobs in Montreal" etc.)bekam ich von Leuten auch echt viel Hilfe angeboten und Links von Stellenangeboten geschickt bekommen. Man hilft sich untereinander!

Kanada gilt ja als Mekka für Einwanderer und das zeichnet sich auch auf dem Arbeitsmarkt ab: Es gibt viele Jobs, natürlich leider eher im niedrigeren Gehaltssegment. Aber irgendwo muss man ja anfangen. Und viele Jobangebote weisen ein Einstiegsgehalt aus, dass aber auch sehr schnell ansteigen kann. Manche Jobs bieten einen Startbonus und einen Bonus, wenn man eine bestimmte Zeit für das Unternehmen gearbeitet hat, an. 

Das Land braucht dringend Arbeitskräfte: Manche Fastfoodketten schließen früher als normal oder betreiben nur einen Drive-In (statt ebenfalls innenliegendenVerkauf) an, weil sie keine Angestellten haben. Wenn ich so manch einen Angestellten bei der Arbeit beobachte, bestätigt sich mein Eindruck, dass es durchaus einfach ist, an einen Job zu gelangen. Meine persönlichen Voraussetzungen waren halt nicht optimal (kurzfristiges Arbeitsverhältnis&Sprachdefizite), um in Montréal einen guten Job zu finden. 

Eine richtig gute Einnahmequelle soll übrigens das Kellern sein. Je nach Preiskategorie des Restaurant und eigener Expertise kann man schon mal mit 200 Dollar Trinkgeld am Abend nach Hause gehen. Die Kanadier haben - genau wie die Amerikaner- eine sehr große Trinkgeldkultur. Das ist fast obligatorisch. Die Frage ist nicht, ob man Trinkgeld (für einen guten Service) zahlt, sondern, wie viel. Los geht´s bei der Kartenzahlung mit einem Vorschlag von 15%, dann 20% und 30% (glaube ich). Man kann auch einen eigenen (prozentualen) Betrag angeben. Da muss man sich aber um ein paar mehr Knopfdrücker bemühen und das macht kaum jemand. Ich wurde übrigens in Montréal an einer Bar auch wirklich angemaunzt, dass ich Trinkgeld zahlen "müsste" ("you have to pay tips"). Für´s Öffnen und Hinstellen einer Flasche hatte ich das nicht als zwingend notwendig empfunden und wurde dann "freundlich" (haha) darauf verwiesen, dass es hier eben verpflichtend sei. Wenn mir jemand sagt, dass ich etwas tun müsse, was gar nicht stimmt, dann stehen die Chancen, dass ich dann noch aufrunde, eher schlecht :D 

Übrigens: Der Mindestlohn in der Provinz Quebec liegt aktuell bei 14,25 Dollar. Fastfoodketten wie Mc Donalds bieten um die 15 Dollar. Ich finde, dass das verdammt wenig ist für die hiesigen Lebensunterhaltskosten...

Gut, also wieder eher den Reise- als den Arbeitsfokus vom Visum erfüllt...aber meine Zeit wird kommen. Spätestens nach New York und somit zu Beginn des neuen Jahres möchte ich mich gern längerfristig niederlassen (etwa drei Monate), Geld verdienen und den Winter überstehen. Hoffentlich klappt es mit dem Job bei der Huskyfarm. Es bleibt spannend!  

Jobsuche in Toronto


Auch hier habe ich vornehmlich "Kleinanzeigen"-Websites wie kijiji oder indeed durchforstet und dort auch selbst Anzeigen geschaltet. Ich habe mich echt auf unzählige Jobs beworben. Allerdings nie auf solche, die eine lange Einarbeitung bedurft hätten oder auf Langzeit ausgerichtet waren. 

Eine meiner ersten Bewerbungen war als Promoterin auf den Unicampus. Promotionjobs hatte ich schon während meines Studiums und auf Leute zugehen fällt mir nicht schwer. Aber hier war die Kommunikation mit dem Anbieter so miserabel (ich wurde ständig Dinge gefragt, die ich bereits beantwortet hatte. Habe denen gesagt, dass ich auf jedem Campus mit Anbindung zu Öffis promoten könnte, sie fragten dennoch mehrfach nach, auf welchem denn genau...), dass es auch da nie zum Job kam. 

Auch hab ich mich als Teilnehmerin für eine bilinguale Studie beworben, die gutes Geld für wenig Einsatz versprach. Am Ende sollte ich aber tägliche Videos von mir aufzeichnen und darauf hatte ich dann auch keine Lust. Selbst als Tellerwäscher musste ich einen Lebenslauf schicken und wurde nach Runde eins zu einem 10-minütigen Online-Interview eingeladen. Dazu kam es dann jedoch meinerseits nie. 

Den besten Job fand ich auch auf den Kleinanzeigenseiten: als Gatekepper für das Wintervillage im Distillery District. Heißt auf Deutsch: Einlasserin für den Weihnachtsmarkt. Mit 20 Dollar pro Stunde recht lukrativ. Zusätzlich bekam man einen Verzehrgutschein pro Schicht. Ich hatte mich am 4. Dezember beworben und bekam am 5. Dezember eine Mail mit einer Einladung zum Telefonat, was wir noch am selben Tag hatten. Da wurden mir Fragen gestellt, warum ich den Job haben will, wie ich mit der Kälte umgehen und mit schwierigen Kunden umgehen würde. Außerdem sollte ich eine Situation benennen, in der ich mal Schwierigkeiten mit meinen Kollegen hatte und wie ich die gelöst hätte. Und da fiel mir tatsächlich ad hoc nichts ein! Ich schien mich ganz gut verkauft zu haben, denn am 7. Dezember wurden mir alle nötigen Unterlagen digital zugeschickt - und herrje, das waren einige! Am 11.12. hatte ich meinen ersten Arbeitstag. Ob es mir in der Praxis genauso gut gefallen hat, wie in der Theorie, erfahrt ihr hier


Weitere Jobs, bei denen ich mich beworben hatte, es aber nie zum Einsatz kam: 
"Children´s party hostess", "Overnight attendant" für ebenfalls eine Firma, die Haustierbetreuung betreibt, "Front desk host" für ein Restaurant (17-19 Dollar/ Stunde), "hostess" für einen Herrenfriseur (15-25 Dollar pro Stunde), als Webseitenoptimiereri für eine Privatperson und wieder als Putzdame für eine wohlhabende Familie, die allerdings nicht meinen Stundenlohn zahlen wollte (unter 20 wollte ich das nicht mehr machen). 

Übrigens
Der Mindestlohn in Ontario liegt bei 15,00 Dollar/ Stunde. Subjektiv betrachtet kam es mir vor, als hätte der Arbeitsmarkt Torontos wesentlich mehr Stellen zu bieten, als der in Montréal. 

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