"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Sonntag, 22. Dezember 2013

Das Mysterium Bhutan

Kususangpo!

Ich bin in Bhutan angekommen. Und das ging ziemlich schnell. Das Land macht es einem aber auch verdammt einfach: schöne Natur, freundliche Menschen, wenig Verkehr (und wenn, dann gesittet). Ich wurde am Flughafen (der übrigens echt niedlich ist) von Dorji abgeholt. Er ist Beates Mann und die beiden führen Laya-Tours, für die ich die kommenden Wochen tätig sein werde.

Flughafen Paro

Dorji holte mich in landestypischer Bekleidung ab. Sie besteht bei Männern aus einer Art Wickeloberteil und untenrum einen Rock (knielang). Die Damen tragen ein Oberteil, meist mit Brosche vorn und ebenso einen Rock (aber bodenlang). Beides in traditionellen Farben und Mustern.
Wir fuhren zunächst zum Haus von Dorji und Beate, dass in etwa am Ende von Paro liegt. Paro selbst ist aber sehr überschaubar, also keine derart großen Distanzen wie in Kathmandu. Eine Kleinstadtidylle eben.
Am Haus angekommen begrüßten mich zunächst die sechs Hunde der beiden, danach Beate. Wir saßen bei Kaffee zusammen und unterhielten uns sehr ausgiebig. Beate hat einen bayerischen Dialekt. Und das, obwohl sie schon zehn Jahre hier wohnt. Sie ist äußerst nett und ich fühle mich hier mehr als gut aufgehoben.
Unser Haus
Im Anschluss fuhr mich Dorji zum Bürogebäude. Darüber befindet sich eine Wohnung mit mehreren Zimmern, die von den Angestellten belegt sind. Eins davon wurde für mich hergerichtet. Die drei Mädels, meine Kolleginnen, begrüßten mich ebenfalls äußerst herzlich und reichten mir Tee. Später kochten sie für uns alle. Wir haben viel geredet und dann irgendwann war ich zu müde und habe mich bereits auf mein frisch gewaschen-duftendes Bett gefreut.

Am nächsten Morgen wurde ich dann von Beate und der Hundebande abgeholt. Wir haben einen Ausflug durch die Natur gemacht. Danach lud mich Beate noch auf Kaffee und Kuchen in einem Café ein. Der Kuchen hat überraschend gut geschmeckt. Es war nun Samstag Nachmittag und Zeit, die „Stadt“ zu erkunden.
Blick über Paro
Straße in Paro
Das ging auch ziemlich schnell, was aber die Nettigkeit der Stadt nicht schmälern soll. Überall ein paar kleine Lädchen (die Preise bei Lebensmitteln sind entweder direkt auf dem Produkt klein aufgedruckt oder müssen erfragt werden). Irgendwann musste ich mal die Toilette aufsuchen. Ich ging zu einem indischen Restaurant, vor dem ein Inder und ein Einheimischer saßen. Ich fragte beide, ob ich mal die Toilette benutzen dürfte und sie meinten, dass dies kein Problem sei.
Ich also rein, von einer essenden indischen Gesellschaft gemustert und auf die Toilette zu. Als ich wieder raus ging und mich noch einmal bedankte, kam ich mit dem Inder ins Gespräch. Woher ich wüsste, dass er Inder sei, fragte er mich. Ich meinte: „Gut, Sie sind der Besitzer eines indischen Restaurant und sehen indisch aus“. Woraufhin er meinte, dass ihm das gar nicht gehören würde, er auch nur Touri sei. Schön, dass er mich in ein fremdes Restaurant zum Pippimachen eingeladen hat :D

Samstag Abend haben wir dann gemeinsam Huhn zubereitet. Das gibt es hier nur als Ganzes zu kaufen. Ich durfte die Brust nach meiner Art zubereiten, eins der Mädchen auf ihre Art und Weise. Zu Hause nehme ich gern Paprika, Pfeffer und Salz um die Brust zu würzen. Hier hatte ich nur Salz. Ich entschloss mich spontan, Zwiebeln, Mehl und Knobi zu verwenden. War zwar etwas salzig, mir hat es aber geschmeckt. Und ich war froh drüber, diese Variante gemacht zu haben, denn die lokale Küche bereitet Huhn wie folgt zu:
-Huhn in ca. 4cm große Stücke zerhacken
-Stücke kochen, würzen, bissl anbraten
-essen

Ich fragte am Tisch, wie sie denn das bisschen Fleisch von dem ganzen Knochen abpulen wollen. Die Antwort kam überraschend: sie essen die weichen Knochen einfach mit. Die Mädels haben also auf den Hühnchenteilen rumgekaut und die Knochen zermürbt. Was nicht klein zu machen ging, ging wieder raus. Sie haben mir auch ihre Variante angeboten, aber ich musste dankend ablehnen.

Sonntag früh früh früh am Morgen, für mich war es noch Nacht (da dunkel), wütete hier so ein krasser Sturm, wie ich ihn selten (oder gar nicht?) in Deutschland erlebt habe. Bei uns ist alles heil geblieben, in anderen Orten Bhutans hat es viele Dächer abgedeckt. Die Einheimischen sind gegen „Wind“ nicht versichert, das Land unterstützt die Bewohner aber wohl beim Wiederaufbau.
Markt
Sonntag ist in Paro Markttag. Samstag auch, aber sonntags gibt es mehr und bessere Waren. Ich machte mich mit einem der Mädels los, die andere wollte nachkommen. Es läuft so ab, dass man an jedem Stand jeden Preis erfragt und dann entscheidet, ob man kauft. Wenn drei Mandarinen 10 Rupien kosten, dann kauft man eben drei, sechs oder neun (und so weiter), aber keine Anzahl dazwischen (Münzen gibt es hier nämlich übrigens nicht, der kleinste Schein sind 5, entspricht ca. 6 Cent). Danach habe ich noch die wichtigsten Dinge im Supermarkt gekauft, um nicht immer von den Mädels abhängig sein zu müssen (Klopapier, Essen). So etwas wie Schoki-Brotaufstrich gibt es nicht. Ich bin auf Erdnussbutter ausgewichen (schlechte Alternative).

Etwas später am Sonntag bin ich dann noch mit einem Mädel spazieren gegangen. Ich sah ein paar Touristen mit ihren Guide und realisierte, dass ich echt glücklich sein kann, auf diese Art und Weise das Land kennenlernen zu dürfen. Die Guides sind zwar nicht ständig an der Seite der Touris, dennoch haben diese ein festes Programm und aufgrund der hohen Tagespauschale (in etwa 230 Us-Dollar, je nach Gruppengröße, davon 65 Dollar Direktabgabe an das Land) nicht viel Zeit, einfach mal einen Tag lang nichts auf dem Programm stehen zu haben.
Mönchen begenet

Dzong in Paro (halb Kloster, halb Festung)
Montag wurde ich von Dorji abgeholt und Beate und ich haben in ihrem Haus meine Aufgaben besprochen. Wenn ich gleichsetze, was mir Laya Tours ermöglicht und was ich im Gegenzug zu tun habe, bekomme ich ein äußerst schlechtes Gewissen. Ich wüsste aber auch nicht, wie ich andernweitig mehr machen kann. Wobei, hier ein kleiner Versuch:

Leute, wenn ihr nach Bhutan reisen wollt, bucht mit Laya Tours&Treks! Die Angestellten sind alle mehr als freundlich, es gibt deutsche Ansprechpartner vor Ort und das Preis-Leistungs-Verhältnis stimmt auch. Wenn Bhutan – dann Laya Tours!

Ich hätte doch auch schon Lust, hier länger zu bleiben und wirklich was zu bewegen. Doch da stellt sich die Regierung quer. Ich weiß aber bereits jetzt, dass ich hier her noch einmal zurückkehren werde, weil ich Bhutan auch unbedingt mal im Sommer sehen möchte.

Apropos Sommer: tagsüber scheint die Sonne gnadenlos. Ich benutze für mein Gesicht Sonnencreme. Da der Wind ab ca. halb 3/halb 4 aber einsetzt, wird es kalt. Nachts ist es mehr als kalt. Der Heizer in meinem Zimmer ist ein paar Nächte ausgeblieben, weil die Steckdose einen Wackelkontakt hat. Eines Morgens habe ich dann auch meinem Atem im Zimmer sehen können und mein Duschgel ist nicht mehr flüssig sondern eine Art Gelee. Im Bad gibt es übrigens keine Heizung, warmes Wasser nur, wenn man den Boiler 3h vorher anstellt. Kein Wunder also, habe mich erkältet. Dorji und Beate hatten wohl Mitleid mit mir und ich durfte dann Montag Abend mit Dorji in ein nahegelegenes Super-Hotel in die Dampfsauna und richtige Sauna. Beides war mir aber zu kalt. Die Tropfen der Dampfsauna verursachten bei mir Gänsehaut, die richtige Sauna hatte nur 45 Grad. Beides also nicht wirklich förderlich, aber die heiße Dusche und der Kakao sowie die Plätzchen waren es seeehr sehr wert :)

 

Am 17.Dezember ist National Day.
Ich bin mit dem Taxi nach Timphu, der Hauptstadt gefahren. Ja, mit dem Taxi. Das hat eine Stunde gedauert (55 km) und kostet umgerechnet etwas über zwei Euro (aber nur, wenn noch mind. 3 weitere Personen mitfahren). Das Tacho ging bei beiden Autos nur bis 180.
Der Herr in gelb ist der aktuelle 5. König
Zum National Day gibt es eine Veranstaltung im Stadium in Timphu. Ich sagte dem Taxifahrer, er solle mich dahin fahren. Dann war eine Straße gesperrt und wir sind umgekehrt. Dann ließ er mich raus und ich fragte, wo ich denn langlaufen müsse. Seine Antwort: „I don´t know.“ (Ich weiß es nicht). Zum Glück ist Timphu aber auch sehr überschaubar sodass ich mich durchfragen konnte. Das Programm bestand aus traditionellen Tänzen, Aufführungen, Verlosungen von Preisen, einer laaangen laaaaaaaangen Rede vom König (ja, ich habe ihn live gesehen!) sowie am Ende Spaß und Spannung (kennt ihr noch Takeshi´s Castle? Das war eine  schlechte asiatische „Gameshow“, wurde auf RTL 2 gezeigt. Hindernisparcours mit Belustigung der Zuschauer. So in etwa könnt ihr euch das vorstellen). Es waren jedenfalls eine Menge Menschen da (Dorji schätzt an die 25.000). War ganz nett, ich konnte wenigstens noch ein paar Weihnachtseinkäufe für die lieben Menschen hier machen. 


Vorgestern habe ich die Plätzchen gebacken, die ich am Tag zuvor bereits vorbereitet hatte (aufgrund eines Stromausfalls war uns das backen am selbigen Tage zu unsicher). Vier verschiedene Sorten, die auch heute zur Firmenweihnachtsfeier gereicht werden. Sie schmecken zwar nicht 100%ig wie in Deutschland, sind aber doch schon ein adäquater Ersatz.
Gestern hatte es zum ersten Mal am Morgen klitze kleine Schneeflöckchen gerieselt.

Die Weihnachtsfeier: echt witzig. Wir waren in einer angemieteten Location, es gab Essen vom Buffet (lauwarm bis kalt). Danach sind die ersten der17 Feiernden bereits abgedüst. In Bhutan ist es nämlich so Sitte, dass man nach dem Essen unverzüglich auseinander geht. Ist bei uns in der „WG“ auch so. Da wird sich auch nicht gute Nacht gewünscht oder so. Aber seitdem ich weiß, dass das hier als normal gilt, habe ich auch keine Probleme damit. Jetzt komme ich wenigstens abends mal wieder zum Lesen, denn das Wifi funktioniert leider kaum noch.
Vom Ort der Feier bin ich zu Fuß zu unserer Wohnung zurückgelaufen. Hat ca. 1 Stunde gedauert (mit Fotostopps). 
On my way back home
Habe dann noch mit einem Straßenhundi geschmust was das Zeug hielt. Der ist auf meinen Schoß gekrochen und hat mit seinem nassem Fell meine ganzen Klamotten dreckig gemacht. Aber das war´s Wert :) Kurz vor unserem Haus habe ich noch ein Filmteam entdeckt. Ach wie musste ich lachen als ich sah, wie professionell sie doch arbeiten. Da werden Blätter in Scharen vor die Kamera geworfen, der Ton kommt aus einer Buchse und die Crew war auch sehr witzig. Ich bin dann mit dem Hauptdarsteller und gleichzeitig Regisseur ins Gespräch gekommen (natürlich war ich neugierig!). Es wird ein ca. 1h und 45-minütiger Film, dessen Dreh in Paro stattfindet und noch ca. einen Monat dauern wird. Gern hätte ich weitere Einstellungen gesehen, aber die Crew war fertig und es wurde langsam dunkel. Der Darsteller (ich habe leider seinen komplizierten bhutanesischen Namen vergessen) fragte mich nach meinen Kontaktdaten. Das war wieder einmal eine Chance, einer meiner Visitenkarten rauszurücken :) Mal schauen, ob ich es noch einmal schaffe, zum Dreh zu kommen. Kleine Anmerkung an dieser Stelle: während ich diesen Eintrag verfasste, dröhnte es „Discopogo“ von den Atzen aus dem Nachbarhaus. Ach ich liebe dieses Land!


Jetzt aber mal einen kurzen Abriss über dieses Land, das den wenigsten von euch vor meiner Reise überhaupt bekannt war:

*Bhutan ist ein Königreich, aber dennoch wird demokratisch gewählt
*es herrscht im ganzen Land Rauchverbot, aber dennoch hat das den Opi im Taxi wenig gestört
*die Maximalgeschwindigkeit betrifft 70km/h, aber dennoch halten sich die wenigsten (Taxi)Fahrer daran
*es herrscht Linksverkehr
*Bhutan ist abhängig von Indien. Die wenigen Erzeugnisse, die es selbst hervorbringt, decken nicht einmal den Bedarf der Bevölkerung (Grundnahrungsmittel), die meisten Produkte werden deshalb importiert (vorrangig aus Indien).
*obwohl das Land so reich scheint, hat es noch diverse Baustellen (und das auch im Sinnbildlichen). Die Straßen sind nur teilweise geteert. Eine staatliche Müllabfuhr gibt es nur im Timphu; in Paro ist sie privat und muss selbst bezahlt werden. Deshalb nutzen das auch nur die wenigsten Einwohner.
*das Land ist bekannt für den höchsten Brutto Nationalglück der Bewohner. Ja, sie lächeln schon viel und sind äußerst freundlich. Doch ist das bereits Beweis genug? Ich versuche es, herauszufinden.
*der Nationalsport ist Bogenschießen

Autowäsche Bhutan-Style


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