Freitag, 6.Dezember (Nikolaus! Habe ich
fast vergessen)
Meine Nacht war grauenvoll. Zwar war
die Maus ruhig, dafür nicht die Nachbarsköter und -hähne.
Die Matratze hart, das Kissen ebenso.
6.30 Uhr sollte ich ja eigentlich geweckt werden. Eine Stunde zuvor
begab sich aber bereits eine der Frauen (ich schätze mal die Oma)
ins Bad neben meinem Zimmer und röchelte an die 15 Minuten, bevor
auch der letzte Schleim ihren Hals verlassen hatte. Kann man netter
geweckt werden?
Das ist hier aber ganz normal. Genauso
wie das Schmatzen am Tisch, spucken und den Schleim aus der Nase
befördern überall. In diesen Sekunden vermisse ich Deutschland.
Auch sonst habe ich wohl zu viele Tage
für Kathmandu eingeplant. Wie bereits erwähnt raubt die Stadt mir
den Atem, aber nicht im positiven Sinne...
Heute habe ich zunächst Ramjee zur
Arbeit begleitet. Auf dem Weg dorthin hielten wir am größten
buddhistischen Tempel der Welt (sagt Ramjee zumindest). Für´s
Motorradabstellen mussten wir zahlen. Ramjee fragte mich nach Geld,
mit seinem Englisch habe ich da aber 3Mal nachfragen müssen und dann
war es ihm anscheinend zu dumm und er zahlte selbst. Über eine
Stunde sind wir dann quer durch Kathmandu gefahren, um im Büro zu
erfahren, dass Stromausfall herrscht. Es war 10.30 Uhr Ortszeit.
Spontanerweise beschloss Ramjee einen Ausflug nach Nargakot. Vor der
Abfahrt kündigte er an, dass ich heute mit Zahlen dran wäre bzw.
dass er nicht viel Bargeld dabei hat (komischerweise habe ich viele
Geldscheine beim Bezahlen der Parkgebühr gesehen). Aber gut, sehe
ich ein! Schließlich schlafe ich ja umsonst im Haus und bekomme auch
Essen (wenn ich es nicht ablehne weil ich vermute, dass ich
allergisch dagegen sein könnte).
Bodnath Stupa |
Nach Nargakot wollte ich auch
unbedingt. Auf dem Weg dahin hielten wir an einer Tankstelle und
Ramjee meinte, ich solle zahlen. Ich fragte: „Wie viel?“, er
meinte: „Dein ganzes Geld“. Nicht mit mir! Ich fragte erneut:
„Was kostet es?“, er antworte: „Hast du tausend?“ ich sagte
ja und kramte das Geld raus. [tausend Rupien sind in etwa 7,50
Euro-viel für die hiesigen Verhältnisse!]
Komischerweise stand auf der Zapfsäule
nur ein Betrag von 500. Ich meinte zu Ramjee: „Dann kannst du mir
ja das Restgeld zurückgeben.“ und er: „kein Restgeld, ich musste
tausend zahlen.“ Ich habe dann auf die Zapfsäulenanzeige gezeigt
und er redete wirres Zeug, was ich zum einen nicht verstand und was
dann sicher auch keinen Sinn ergeben hätte. Gut, sei es drum. Ich
wusste aber, dass ich aufpassen muss. Die Familie (besonders seine
Eltern), deuten mir zu oft darauf hin, wie arm Nepal doch wäre (und
schließen sich gleich ein). Und auch Ramjee barmt hin und wieder.
Sein Sohn soll für´s Medizinstudium ins Ausland gehen. Er redete
auch von Deutschland. Ich sagte ihm, dass es selbst für Deutsche
nicht einfach sei, in dieses Studienfach zu gelangen und dass die
Vorlesungen größtenteils in deutsch gehalten werden. Dann sprach er
wieder was, was ich nicht komplett verstand. Aber immerhin verstand
ich, dass sie hoffen, ich könne da was regeln...Ich hatte übrigens
bereits im Affentempel die Rechnung für unsere Getränke und seine
(!!!) Zigaretten übernommen. Mein Fazit: immer schön im Hinterkopf
behalten, dass diese offerierte Gastfreundschaft mit eindeutigen
Absichten verbunden sein könnte.
Aber zurück zu den positiven Dingen
des Lebens: Nargakot. Hier scheint das Tor zur Welt zu sein. Und wenn
nicht das, dann mindestens das zum Himalaya-Gebirge. Wir sind mit dem
Motorrad ganze zwei Stunden vom Büro bis dorthin gefahren. Wir
mussten Straßen passieren, die fern von Gut & Böse liegen.
Meine Oberschenkel verkrampften langsam, weil die Straße nie
entspannt geradeaus und auf einer Ebene verlief. Sandpiste,
Schotterpiste, Geröllhang – alles dabei. Nur keinen Helm für
mich. Aber wir kamen in keine gefährliche Situation und als wir
endlich den ersten Punkt erreichten, waren mein Körper und ich froh
über die Pause. Die Aussicht war atemberaubend. Natürlich habe ich
versucht, sie in einem Foto festzuhalten. Aber das spiegelt nicht im
geringsten die Realität wieder. Das Himalaya-Gebirge vor mir,
Terrassen-Hänge unter mir. Ich staunte. Über die Friedlichkeit
dieses Fleckchen Erde. Über die Fähigkeiten der Natur und die
Mächtigkeit der Berge. Da ragten sie vor mir in den Himmel, schön
nebeneinander gereiht, damit auch jeder einzelne von ihnen betrachtet
werden kann. Schneekuppen, kreisende Greifvögel, Klangkulisse eines
Dorflebens. Für einen Moment stellte ich mir ein Leben hier vor.
Zusammen mit der Familie. Die Tiere bewegen sich frei ums Haus, die
Familie lebt vom eigenem Anbau. Ein einfaches Leben, dafür mit einem
der schönsten Anblicke, die die Welt zu bieten hat. Ramjees Frage
riss mich aus meinen Gedanken. Auf zum nächsten Aussichtspunkt.
Nargakot |
Ich noch ohne Mondgesicht |
Der war natürlich nicht weniger schön.
Nur wurde es immer touristischer. Zwischendurch musste das
Motorrad
repariert werden, weil es nicht mehr anspring. Wir endeten
schließlich in einem Hotel/Restaurant, dass er selbst geplant hat.
Natürlich kennt Ramjee den Besitzer und sie kamen ins Plaudern,
währenddessen ich mich an der Natur satt sah. Wie schön muss es
hier erst im Sommer sein, wenn alles grünt und bepflanzt ist! Wie
voll müssen dafür aber auch die Aussichtspunkte sein...Wir waren
überall fast allein.
Irgendwann reichten mir die Eindrücke
(obwohl ich am liebsten dort übernachtet hätte, um den
Sonnenaufgang hinter dem Gebirge zu sehen) und wir traten den Heimweg
an. Genauso actionreich aber dafür auch „nur“ eine Stunde. Mein
Hintern wird sich sicher am nächsten Tag rächen.
Samstag, 7. Dezember/ 4. Tag:
Heute bin ich das erste Mal allein
aufgebrochen, obwohl heute Samstag und damit ein freier Tag für die
ganze Familie ist. Aber zuvor noch ein kleiner Ausflug zum
Aufstehritual Teil 2: Ich wurde wieder mit Röcheln 5.15 Uhr geweckt.
Konnte aber dank Schlafmaske und Ohrstöpsel bis um 7 schlafen, bis
der jüngste an der Tür klopfte und meinte, dass es ja schon um 7
wäre (an einem freien Samstag!!!). Hintergrund des Ganzen: Der
wollte am Rechner in meinem Zimmer zocken. Macht er jeden Tag. JEDEN.
Und wenn nicht zocken, dann Youtube-Videos schauen. Und wenn Ramjee
ran will, kämpfen die richtig um das Ding.
Heute fuhr ich zur White Monastery
(einem tibetischen Mönchskloster), aber es wollte keiner mit. Das
wäre zu weit. Ramjee hat mir zum Glück noch die Ausstiegspunkte
verraten und mich zum Bus gebracht. Die Hinfahrt zum ersten Stopp
lief problemlos (dauerte aber eine ganze Stunde, weil jede stehende
Person am Straßenrand gefragt wird, ob sie mitfahren will). Von dort
aus sollte ich ein Taxi nehmen aber ich versuchte es noch einmal mit
einem Bus. Die Locals vor Ort, die mich in einen Bus geschickt
hatten, hatten keine Ahnung. Ich fuhr nämlich die gleiche Strecke
wieder zurück und fragte skeptisch noch einmal den „Kassierer“
nach der White Monastery. Dann entstand ein Gespräch im Bus, weil
das anscheinend noch nicht viele kennen. Schließlich stellte sich
heraus, dass ich im falschen Bus war und ich stieg aus (bezahlen
durfte ich natürlich trotzdem).
Ich lief das Stück wieder zurück, um
vom Ausgangspunkt zwei Jugendliche zu fragen, wie ich denn zur
Monastery käme. Sie meinten: „Taxi“. Sie redeten daraufhin mit 2
Taxifahrern und die Preise waren natürlich zu teuer. Da alle
Beteiligten aber nur wenig Englisch verstanden und ich noch nicht
ganz dringend auf´s Geld achten muss, hab ich noch etwas gehandelt
und bin dann mit den Jungs im Taxi hochgefahren (da der Taxifahrer
den Weg nicht kannte). Naja, ganz hoch hat der uns auch nicht
gefahren. Das steilste Stückchen mussten wir noch per Fuß gehen. An
uns vorbeifahrend andere Taxis. Prima. Nicht nur abgezockt sondern
auch noch beschissen. Ich versuchte noch im Auto den Preis zu
drücken, aber plötzlich verstand wieder niemand Englisch. Da ich
leider nur einen großen Schein hatte, konnte ich auch nicht klein
bezahlen und einfach gehen.
Eingang yum Kloster |
Da bin ich dann zusammen mit den beiden
Jungs hochgelaufen, die mir unbedingt den Weg zeigen wollten. Ich
meinte, dass sie dies nicht tun müssten (mit den Hintergedanken,
dass sie auf mein Geld aus sind). Aber sie kamen mit. Am Kloster
angekommen liefen wir erst eine Runde. Ziemlich unspektakulär für
mich (ich habe nun schon bedeutend eindrucksvollere spirituelle
Plätze gesehen). Aber dann kamen wir zu einem großen Tempel, in dem
alle Mönche (Frauen und Männer) in ihrer roten Robe auf dem Boden
saßen und sagen, Instrumente spielten, beteten. Das war für mich
der schönste Moment des Tages. Wir blieben etwas an der Seite
sitzen, bis die Jungs meinten, wir müssen gehen, weil die Mönche
nun frühstücken. Dann bin ich raus mit den beiden, habe noch ein
Meine Guides |
Die Mönche im Kloster |
Den Gesängen der Mönche lauschend
schloss ich meine Augen um den Moment so intensiv wie möglich zu
erleben. Noch nie verging eine Stunde meines Lebens schneller. Gegen
12 Uhr trat ich den Rückweg an. Dieses Mal ohne Taxi, ging ja bergab
und ich kannte den Weg. 45 Minuten habe ich gebraucht. Mir kamen
Hunderte von Leuten entgegen, die zum Kloster wollen. War ich froh,
zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen zu sein!
Am Ausgangspunkt kaufte ich mir dann
noch zwei Bananen und eine Mandarine (die wachsen hier bestens). Das
war Frühstück und Mittag in einem. Das Frühstück im Haus hatte
ich ausgelassen, um nicht zu spät am Kloster zu sein. Und das war
die richtige Entscheidung.
Gegen halb 3 war ich wieder im Haus.
Heute habe ich mir das erste Mal meine Haare gewaschen und der Schaum
war nicht weiß.. Unter meinen Ohrringen habe ich schwarzen Dreck.
Mein Gesicht ist immer noch geschwollen, rot und juckend. Ich werde
heute mal nicht auf dem Kopfkissen schlafen (obwohl ich immer mein
Tuch drauf lege). Vielleicht ist das Problem damit bereits gelöst.
Sonntag, 8.12.
Ich komme mir bereits wie ein Teil der
Familie vor. Die Tagesrituale sind die gleichen: frühs von abartigen
Geräuschen geweckt werden, dann vergehen zwei Stunden und dann
gibt’s Frühstück (warmer Reis mit kalten Beilagen). Als ich heute
früh aufwachte, dachte ich, dass ich ins Krankenhaus müsse. Ich
hatte noch nie so ein geschwollenes Gesicht wie heute. Sogar mein
rechtes Auge war betroffen. Ich hätte heulen können. Die Nacht auf
meinem Kopfkissen (meine Jacke und andere Kleidungsstücke) hat also
nichts gebracht. Aber es muss dennoch am Bett liegen, weil sich die
Schwellung tagsüber wieder gibt. Komplett weg geht sie dennoch
nicht. Ich vermute eine Allergie. Dienstag werde ich mit dem Bus (6-8
h, 200km, 3,50 Euro) nach Pokhara fahren und dort 2 Nächte bei einem
anderen Couchsurfer pennen. Spätestens dann sehe ich ja, ob sich was
bessert. Vorsichtshalber habe ich heut Morgen+Abend einfach mal eine
Paracetamol genommen. Daumen drücken, dass das weg geht! Ein
aktuelles Foto erspare ich euch.
Nach dem Schock am Morgen bin ich dann
zusammen mit Ramjees Frau zu meinem nächsten Trip aufgebrochen. Ihre
Arbeitsstelle (Krankenhaus) lag auf dem Weg. Ich wollte nach
Bhaktapur, einer alten Königsstadt. Drittgrößte Stadt in Nepal.
Eintritt: 1100 Rupien – echt happig! Und obwohl dieser Ort der
touristischste ist, den ich bisher besucht habe, scheinen die
Menschen am bedürftigsten. Viele haben mich angebettelt, vor allem
die Kinder. Hier gibt es auch viele viele Straßenhunde, aber die
meisten von ihnen sind krank und / oder verwundet. Irgendwo habe ich
mal gehört, dass man den Lebensstandard eines Ortes an dem
Gesundheitszustand der Straßentiere ableiten kann. Sollte dem so
sein, geht es den Menschen hier schlecht. Da frage ich mich, wo die
ganzen Einnahmen der Eintrittsgelder hingehen, denn hier waren viele
Touris unterwegs.
In den Gassen von Bhaktapur |
Sitzenbleiben sollte man hier übrigens
auch nie, weil aller 5 Minuten jemand ankommt und etwas von dir will.
Die meisten wollen dein Tourguide sein und dich rumführen (natürlich
gegen Bezahlung). Da die Stadt aber gut allein erkundbar ist und ich
sowieso lieber mal abseits der Touristenpfade laufe, lehnte ich
mehrmals dankend ab.
Die Stadt an sich bzw. die
Sehenswürdigkeiten waren schon ganz nett. Aber wenn ich dazu den
hohen Eintrittspreis entgegensetze, ist das schon nicht ganz
gerechtfertigt.
Der h;chste Tempel Nepals |
Töpfermarkt |
Durbar Square |
Der Rückweg war etwas chaotisch. Den
ersten Bus hatte ich dank eines Locals, der mich fix mit dem Motorrad
zur Station fuhr (unentgeltlich!), gefunden. Dann musste ich nach 1,5 h aber umsteigen.
Mein Bus heimwärts |
Morgen hoffe ich, meinen Pass
vollständig mit Visa von der Botschaft Myanmar abholen zu können
und danach will ich mir Thamel anschauen (quasi das Zentrum, der
Tourihotspot) und eventuell noch den Pashupatinath Tempel. Hier
werden die Körper der Toten verbrannt. Ramjee meinte, da müsse ich
auch wieder 1000 Rupien Eintritt bezahlen. Das muss ich mir noch
überlegen, da es mich jetzt auch nicht soooo stark reizt, Leichen
brennen zu sehen. Ich werde mal recherchieren und dann entscheiden,
ob ich mir das zutrauen (oder antun?) will. Wer einen Eindruck davon haben möchte: http://www.youtube.com/watch?v=HMOJXPizC5E
Alltagsfeststellungen:
-Ich bemühe mich jetzt übrigens immer
schön gegen um 8 / um 9 ins Bett zu gehen. Warum? Hauptgrund: ich
bin wirklich müde. Ich erlebe tagsüber so viel! Weitere Gründe:
weil mich Tiere und Oma zwischen 5 und 6 eh wecken und weil es abends
keine Alternative gibt. Gestern hatte ich vorgeschlagen, einen Film
zu schauen. Ramjee, sein Jüngster und ich schauten G.I.Joe. Ich
schlief mehrere Male fast ein. Um 8 ging ich ins Bett :)
-Unterwegs bin ich immer die Einzige,
die bei 19/20 Grad im Shirt rumläuft. Die Einheimischen tragen
bereits Pullover, wenn nicht sogar Daunenjacken.
-Mindestens einmal täglich fällt der
Strom aus.
Bis auf´s Gesicht geht’s mir gut.
Keine Magenprobleme, trotz scharfen Essens. Habt also keine Sorgen um
mich!
Liebste Grüße,
Caro
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