"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Donnerstag, 26. Dezember 2013

Sitten und Bräuche

Wie ich euch bereits beim letzten Mal erzählt habe, war die Weihnachtsfeier für viele der Teilnehmer eher ein Treffpunkt zum Essen. Nach diesem gab es auch noch diverse Sorten Alkohol, Plätzchen und Kaffee. Was ich sehr amüsant beobachtete war, dass, sobald Beate (Chefin) außer Sichtweite war, sich einige der Angestellten mit „Proviant“ eingedeckt haben. Manche haben zuvor noch höflich gefragt, ob sie Muffins oder einen gewissen Schnaps mitnehmen dürften. Andere wiederum füllten sich einfach Alkohol in kleine Saftflaschen ab und stecken sich Muffins so ein.
Das Laya-Tours-Team bei der Weihnachtsfeier

Diese Bilder sollen das Haus schützen

Dieses Verhalten steht irgendwie absolut kontrovers im Verhältnis zu Religion (Mahayana-Buddhismus in einer tantrischen Form-> Wiedergeburt, Nirvana, Karma). Gläubige sollten nämlich keine Sünden begehen. Dazu gehören u.a. lügen, stehlen, rauchen und auch Alkohol trinken (diese Sünde nimmt man wohl nicht ganz so ernst).

Zur Religiosität eine kleine Anekdote aus unserem Alltag:
Eines Tage seilte sich eine Spinne in der Küche ab, genau über dem Geschirr. Ich habe die Gefahrensituation natürlich sofort erkannt und die Mädels darüber informiert. Da ich weiß, dass Buddhisten für gewöhnlich keine Tiere („aus Spaß“) töten, fragte ich, ob eine von ihnen die Spinne nicht nach draußen bringen könnte. Da wurde echt kurz abgewogen, ob man das wagen könnte, schließlich hätte die Spinne ihr zu Hause ja bereits in der Küche. Aber man hat die Spinne nach draußen geschafft und ich bedankte mich überschwänglich. Darauf die Antwort: Jetzt bist du zwar glücklich, weil die Spinne weg ist. Dafür ist die Spinne draußen jetzt sicher traurig.



links lang
und hier auch
Bestimmte Gebäude umgeht man immer von der linken Seite. Denn viele Dinge in der Religion besagen, dass alles mit dem Lauf der Sonne (links->rechts) verbunden ist. Am Anfang habe ich dem Ganzen nicht so viel Wichtigkeit zugemessen. Immerhin bedeutet diese Gehweise z.T. kleine Umwege. Mittlerweile ist es aber so, dass auch ich immer links an bestimmten Gebäuden vorbeigehe. Kann ja nicht schaden ;)




Der berühmteste Tempel Bhutans

Taktshang-Kloster im rechten Felsen oben

Sonntag haben wir den Taktshang-Tempel (auch als Tigernest bekannt) bestiegen. Bestiegen trifft es am ehesten, denn das Kloster liegt ca. 800m über Paro in einem Felsen. Der Aufstieg war beschwerlich. Ich immer noch erkältet mit laufender Nase auf zum Schluss 3000m Höhe ohne großartige sportliche Aktivitäten in den letzten Wochen hatte schon schwer zu atmen. Erstaunlicherweise war ich aber noch die Fitteste von uns allen (5 Mädels und ich). Gut, meine Kolleginnen bewegen sich unter der Woche von der Wohnung zum Büro und zurück. Kein Wunder also, dass eine von ihnen bereits nach unserer Ankunft in der Wohnung über starke Schmerzen in den Beinen klagte. Aber eins nach dem anderen:
steiler Weg
Wir wollten eigentlich 7.30 Uhr das Haus verlassen. Daraus wurde dann 8.15 Uhr. Noch ein paar Snacks eingekauft und dann mit dem Taxi (7 Personen auf 5 Sitzen) zum Fuße des Klosters. Ankunft: 9.12 Uhr. Unten war es noch kalt. Die Sonne schien aber bereits bestens und je höher wir kamen, desto mehr Kleidung konnten wir ablegen. Der Weg war uneben, kurvig, staubig und zum Teil steil. Leute mit viel Geld und ohne Kondition können mit Pferden den größten Teil des Weges zurücklegen (die armen Tiere). Choeden, eine meiner Kolleginnen, erwähnte, dass es übrigens auch eine Sünde sei, auf den Pferden den Weg zu beschreiten, denn die Tiere würden sich quälen.

Ausblick

Halbzeit auf einer Ebene mit Gebetsmühlen. Für mich Zeit für Fotos (ich hatte die Kamera des Chefs dabei) und für die anderen beiden Mädels, die mit mir waren, warten auf den Rest der Gruppe. Nachdem sie ankamen gab es ein zweites Frühstück (wir haben eine große Kanne Tee mitgeschleppt). Die Mädchen teilten ihre Waren mit den pausierenden Pferden und deren Treibern (anders kann man es nicht nennen). Das finde ich so bewundernswert an diesem Glauben (zumindest denke ich, dass das der Hauptgrund ist, warum viele Menschen hier so herzlich zueinander sind; siehe gutes Karma). Ich habe es in Deutschland sehr selten erlebt, dass man irgendwo unterwegs auf Ausflügen so schnell und selbstverständlich ins Gespräch mit anderen Reisenden kommt und ohne Nachfrage sein Essen und Trinken teilt. Hier scheint das selbstverständlich.
Halber Weg geschafft


Nach der Pause ging es weiter bergauf. Der Weg wurde enger und ging dann ab einem Punkt treppabwärts. Hier konnten wir bereits einen Blick auf das Kloster werfen. Umwerfend. Es brannte 1998 bis auf seine Grundmauern ab, wurde aber nach altem Vorbild wieder aufgebaut. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie die Menschen das so nah am Abhang erbaut haben. Ein wirklich beeindruckender Anblick. Wir mussten uns etwas sputen, denn ab 13 Uhr war Mittagsruhe und das Kloster würde für eine Stunde geschlossen werden. 





Auf dem Weg passierten wir noch einen Wasserfall. Aufgrund der frostigen Temperaturen nachts lag zu dessen Füßen ein riesiger Haufen Schnee (den haben wir auf dem Rückweg „näher untersucht“). 
Schneemann :)

Im Kloster mussten wir zu Beginn Rucksäcke und Kameras abgeben (sehr schade!). Danach gingen wir in einer bestimmten Reihenfolge in verschiedene Gebetsräume, vor denen man die Schuhe ausziehen muss, bevor man eintritt. Es waren neun an der Zahl. Kleine und größere, mit Holz-und Steinböden, mit Räucherstäbchen, Buddhaabbildungen und weiteren religiösen Gegenständen.

In jeden dieser Räume beteten die Mädels (gefaltete Hände von Kopf zur Brust in drei Schritten, danach auf die Knie gehen und mit der Stirn den Boden berühren). Ich tat es ihnen teilweise gleich. Nach dem Gebetsvorgang spendeten sie noch materielle Dinge wie Lampenöl, Duftstäbchen und Geld. Die Besichtigung dauerte in etwa eine Stunde. Meine Füße waren eiskalt.
Auf dem Weg zurück machten wir Halt an einer kleinen Bude, einem Meditationsraum. Ein älterer Herr bot uns Tee an und gab uns heißes Wasser für unsere Instant-Nudeln. Der perfekte Ort für ein Mittagsmahl (inkl. Blick auf den Tigertempel).

Der Weg bergab war fast anstrengender als bergauf, aber natürlich ging er schneller vonstatten. Unterwegs gab es dann noch den letzten Rest Tee und Kekse. Ein paar finale Erinnerungsfotos gemacht und dann runter zum Ausgangspunkt. Weil ein Taxi von hier doppelt so teuer wäre (da Leerfahrt von Paro aus), entschieden die Mädels, dass wir noch ein Stück laufen. Mir war das ganz recht, meinetwegen hätten wir den kompletten Weg zurück laufen können (ich hatte ja auch keine Schmerzen ;)). Unterwegs hielt aber ein Auto neben uns an. Choeden kannte den Fahrer, der uns ein Stück mit Richtung Stadt nahm. Wir stiegen am Haus von Beate und Dorji aus, da im Nachbarhaus ihre Haushälterin wohnt und wir zum Tee eingeladen waren. Ich erzählte den Mädels, dass wenn wir uns dehnen würden, wir nicht so große Schmerzen am nächsten Tag hätten. Gesagt getan und so habe ich in der guten Stube den Vorturner gemacht. War sicher sehr witzig anzusehen! Ich jedenfalls hatte auch am Tag danach keinerlei Schmerzen (obwohl der Auf-und Abstieg inkl. Pausen + Besichtigung 6 Stunden gedauert hat).
glücklich zurück am Boden
Die Überraschung des Tages war nach der Ankunft im Haus, dass wir immer noch kein Wasser hatten (wie bereits am Morgen). Sehr schön. Wir mussten also im Dunkeln manuell mit Eimern Wasser aus den Tanks schöpfen. Dafür ging das Internet. Hier scheint beides gleichzeitig aktuell nicht möglich zu sein...

Weihnachten in Bhutan

Unser Christbaum
 Zurück zum Thema Sitten und Bräuche: Weihnachten habe ich mit Beate, Dorji, deren Haushälterin und wiederum deren zwei Kindern verbracht. Am Weihnachtsmorgen hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben Brezn-Teig vorbereitet (gebacken werden mussten sie bei Beate, weil wir in unserem Haus keinen Ofen haben). Also dafür, dass wir hier weder Messbecher, noch Waage, noch Frischhefe aus dem Kühlregal haben waren sie sehr deliziös. Ich hatte extra Brezn gemacht, weil Beate ja Bayerin ist und diese hier vermisst. Dorji und Beate haben sich sehr gefreut.

Zum Mittagessen gab es Eierkuchen, die Hauptmahlzeit gab es erst am Abend. Der 24. Dezember ist auch gleichzeitig Dorjis Geburtstag. Als er das Haus verließ, um noch Beates Geschenk abzuholen, hatte ich die Ehre, seinen Geburtstagskuchen mit Zuckerguss zu verzieren. Beate, die Kinder des Hausmädchens und ich schmückten dann noch unseren Tannenbaum, den Dorji und ein Helfer am Morgen aus dem Wald geholt hatten.

Im Anschluss begannen bereits die Vorbereitungen für das Abendmahl. Dorji hat einen Truthahn aus  Thailand einfliegen lassen. Ein Prachtexemplar! Weil keiner von uns je einen zubereitet hatte, schauten wir im Internet nach Rezepten. Da nicht alle Zutaten vorrätig waren, sind wir selbst kreativ geworden (Füllung: statt Maronen getrocknete Feigen, statt Äpfel Honigmelone). Ich hatte die Aufgabe, den Vogel in einem gewissen Abstand mit Öl und Gewürzen zu bestreichen.
Zwischendurch kamen noch deutsche Gäste, die gerade mit Laya Tours in Paro unterwegs waren, auf einen Kaffee vorbei. Als Dorji wiederkam, feierten wir erst einmal seinen Geburtstag und schnitten den Kuchen an. Danach ging es nahtlos mit der Weihnachts-Geschenkübergabe weiter. Selbst ich bekam ein tolles Geschenk: eine Umhängetasche und ein Etui aus Yakwolle sowie ein Schlüsselanhänger und Pin von Bhutan. Äußerst schön! Ich selbst hatte neben den Brezn „nur“ einen selbstgebundenen Adventskranz, deutsches Bier und Hallorenkugeln dabei.

Nach der Geschenkübergabe war es Zeit, das Festmahl zu genießen. Und es war wirklich eins! Ich habe noch die Soße für den Braten kreiert, das Hausmädchen Tshewang hat Knödel selbst gemacht. Es gab außerdem noch Country Potatoes, Tomaten in Balsamico und die Brezn. Zum Menü gab es Weihnachtslieder. Ich habe so viel und gut gegessen, wie es wohl die nächsten Monate nicht mehr der Fall sein wird. Wir saßen dann noch bis abends zusammen am Baum und haben ein paar Legoautos von Tschewangs Sohn zusammengebaut. Ich hätte kein besseres Weihnachtsfest außerhalb von Deutschland haben können und bin sehr sehr dankbar für diese Erfahrung.
Festtagsschmaus
Frohes Fest!
Als ich abends in unserem Haus ankam, habe ich den Mädels jeweils noch Wolle geschenkt, da diese gerne stricken. Sie haben sich einen Tag danach mit einem Federmäppchen in traditioneller bhutanesischer Herstellungsart revanchiert. Aber das hätten sie gar nicht machen müssen, denn sie tun hier schon so viel für mich. Nicht nur die Freundlichkeit, die mir von Anfang an entgegengebracht wurde. Nein, ich bekomme immer den besten Platz (sei es im Taxi oder auf Ausflügen), frühs Tee, wenn ich mag und abends Reis mit Beilage (Mittagessen optional). Natürlich habe ich auch schon gekocht, aber auf ihren Reis konnten sie dennoch nie verzichten :)
Am 1. Feiertag sind wir Büromädels dann zum Kaffeeklatsch in Beates Haus eingeladen gewesen, der 2. Feiertag (also heute) war wieder ein ganz normaler (Arbeits)Tag.

Am 29.12. habe ich die Ehre, einen deutschen Journalisten eine Teilstrecke seines Aufenthaltes in Bhutan zu begleiten. Er wird viel viel Kameraequipment mitbringen (20kg). Ich darf 11 Tage lang Teil der „Reisegruppe“ (der Journalist, Dorji als Guide und ein Fahrer) sein und erhoffe mir dabei nicht nur Bhutan besser kennenzulernen, sondern auch von meinem „Kollegen“ viel zu lernen. Wir hatten bereits Mailkontakt und ich freue mich sehr auf den Trip. Zugegebenermaßen auch ein klein wenig auf eine Badewanne :)

Den nächsten Eintrag erhaltet ihr also nach meinem Trip.

Da ich sicher nicht zu gegebener Zeit online sein werde: guten Rutsch an euch alle und wir hören bzw. lesen uns wieder im nächsten Jahr!

Caro


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen