"Jeder Mensch bekommt zu seiner Geburt die Welt geschenkt. Die ganze Welt. Aber die meisten von uns haben noch nicht einmal das Geschenkband berührt, geschweige denn hineingeschaut."

Montag, 22. Juni 2020

Neuseeland - Maori-Kultur am East Cape

Am Abend sind wir dann bei Gary in Gisborne angekommen. Wir kannten Gisborne aus dem Film „The dark horse“ (2014, auf einer wahren Geschichte beruhend), den wir zusammen auf Julies Empfehlung während unserer Zeit in Cable Bay geschaut hatten. Da geht es um einen schachbegeisterten Mann, der mit seiner Leidenschaft andere ansteckt und der Großteil des Settings ist eben in Gisborne. Wir haben erfahren, dass hier sehr viele sozial schwache Menschen leben. Die meisten davon haben den kulturellen Background der Maori. Leider sagt man vielen nach, dass sie zu Gewalt und Alkoholismus neigen und eher am unteren Rande der Gesellschaft stehen.

Ich habe nicht richtig verstanden, warum das so ist. Ich glaube aber, mich zu erinnern, dass es so sei wie mit den Aborigines in Australien: Dass Einige „den Raub ihrer Kultur“ nicht verkraftet haben...Jedenfalls gibt es nicht viele Sehenswürdigkeiten in Gisborne, die originalen Schauplätze haben wir auch nicht entdeckt (haben aber auch nicht explizit danach gesucht). Den Film würde ich aber weiterempfehlen, weil er nicht nur inhatlich stark ist, sondern auch mal Neuseelands Randgesellschaft abbildet, über die niemand redet, wenn er über dieses tolle Land spricht!


Pavlova

Wir blieben nur eine Nacht. Trotzdem hat uns Gary mit einem BBQ und Pavlova willkommen geheißen. Pavlova ist eine Art Baiser-Torte, die mit Früchten oberhalb dekoriert wird und ist eine der wenig typisch neuseeländischen Spezialitäten :) Wir haben uns hier echt wohl gefühlt! Gary ist echt ein entspannter Typ (gut, wie die meisten Neuseeländer, die wir getroffen haben – zum Glück). Er erzählte uns, dass er auch Armee-Autos aus dem 2. Weltkrieg hat und wir eine Spritztour hätten machen können. Leider hatten wir nicht die Zeit dazu. Und das Wetter war auch nicht sooo gut. Also zogen wir am nächsten Morgen weiter.

 

Vorher haben wir uns allerdings noch ein Waffelfrühstück bei Gary gegönnt, der dann schon zur Arbeit musste. Und bevor wir los machten, hat sein Hund Jess noch in die Küche gekackt. Und nicht gerade formschön. Wir waren im moralischen Zwiespalt: abhauen und so tun, als wäre das nach unserer Abreise passiert oder Augen zu und durch und weg machen? Ich weiß gar nicht mehr, wie wir diese wichtige Entscheidung getroffen haben aber Silja als Hundemama hat sich erbarmt und das Malheur beseitigt. Ich bin dann noch ne kleine Runde mit der Hundedame spazieren gegangen im Falle dass da noch was kam...aber nee, war schon alles in der Küche :D

Also echt fette Daumen hoch für Siljas Einsatz. Sie wird sicher mal ne gute Mutti *haha

 

Nächstes Ziel: Der östlichste Punkt Neuseelands, das East Cape


Impressionen von unterwegs

 

Diesen „Umweg“ fahren nicht viele, denn es gibt eine sehr gut ausgebaute Straße quer durch´s Land nach Opotiki (140km). Wir entschieden uns allerdings bewusst für diesen Weg (330km), denn man sagte dieser Gegend nach, dass hier noch sehr viel Maori-Kultur spürbar sei und viele Maoris hier leben. Außerdem war es ganz nett, den östlichsten Punkt des Festlandes zu sehen, nachdem wir den nördlichsten und südlichsten auch schon abgehakt haben :)

Kurz nachdem wir die Stadt verließen, haben wir erfahren, dass es in Gisborne nachts ein Erdbeben der Stärke 7,4 gab. Unserem Host ist zum Glück nichts passiert.

ein 600m langer Steg in der Tolaga Bucht

 

 

Auf dem Weg zum East Cape haben wir an den Stränden Surfer beobachtet, an Aussichtspunkten angehalten und worauf ich mich besonders gefreut hab: An der Tikitiki Kirche einen Halt gemacht. Diese Kirche ist bekannt dafür, dass sie komplett durch maorische Handwerkskünsten ausgetattet wurde. Auf dem Parkplatz hat uns Sarah dann nochmal unfreiwillig herzlich zum Lachen gebracht: Sie wollte durch die Scheibe nach hinten schauen, ob die Straße frei war, dabei hat sie den Abstand wohl etwas unterschätzt und schön ihr Gesicht dagegen gepresst. Danach waren Abdrücke am Fenster. Es ging ihr gut also konnte sie dann auch mitlachen. Aber die Rache kam wenige Minuten später...

 

Die Tikitiki Kirche

 

Die Kirche war leer, wir haben auf gut Glück geschaut, ob eine Tür offen war. Es war Dienstag. Als ich noch die erste Tür überprüfte, waren Sarah und Silja schon weitergelaufen. Die nächste Tür war offen und ich habe mich so gefreut und war gedanklich so weit weg, dass ich gleichzeitig so dermaßen erschrocken war, als Sarah bereits drinnen auf mich wartete und mich direkt hinter der Tür versteckt, erschrak. Mein Schrei hat schön durch die Kirche gehallt :D

 

Alle Wände waren handwerklich verziert

 

 

Am östlichsten Punkt der Insel steht ein Leuchtturm, von dem man natürlich sehr schön den Sonnenaufgang sehen kann. Der Weg dahin war allerdings so richtig ätzend: die letzten Meter waren 20 Kilometer feinste Schotterpiste. Wir bangten um das angerissene Fenster, die Zündspule und Queenies Allgemeinzustand. Hoffentlich bleiben wir nicht in dieser Pampa mit einem Platten stecken!

Wir wollten natürlich so schlau sein und uns so nah wie möglich am Leuchtturm für die Nacht positionieren, damit wir umso länger schlafen können, weil wir den Sonnenaufgang dort oben sehen wollten. Doch nix da. Am Leuchtturm wohnte eine einzige Familie und deren Mutter hat uns mitgeteilt, dass wir nicht über Nacht campen durften. Wir haben dann erst einmal gekocht und beraten, wie wir weiter verfahren wollen. Keiner von uns hatte Bock diese Strecke eine Stunde lang im Dunkeln zurückzufahren, um morgen sie wieder für den Sonnenaufgang herzufahren. Deshalb dachten wir, „ach, klingeln wir doch einfach mal um die Ecke bei den Nachbarn und fragen, ob wir den Van da nachts unterstellen können. Hat ja in Takaka auch super funktioniert. Aber die Häuser hier waren irgendwie immens weit weg von deren Einfahrten, an denen auch nicht immer eine Klingel war. Zudem war es gegen 21 Uhr...Ich glaube da hätte niemand Bock gehabt, uns aufzumachen. Also Plan verworfen.

Wir fuhren die Strecke ein Stück zurück und fanden ein Plätzchen am Meer, wo kein Camping-verboten-Schild stand. Weil wir uns nicht sicher waren, ob das hier legal war oder nicht, haben wir ein bisschen gepokert. Aber da wir eh 6 Uhr aufstehen wollten, gingen wir das Risiko ein. Mit vollem Erfolg: Wir wurden nicht nur nicht kontrolliert, die Nacht war sehr mild und wir schliefen mit Meeresrauschen zwischen den Dünen ein. Als wir in der Dämmerung aufstanden, standen Wildpferde um den Van herum. Wundervoll.

Was so eine Reise mit mir macht

Wer mich kennt, weiß, dass ich super gern ausschlafe, so nichts ansteht, was das toppen kann. In Neuseeland konnte aber immer etwas das toppen, sodass es mir echt schnell auffiel, dass ich auf dieser Reise die meiste Zeit, wenn nicht sogar mehr als 90%, sehr viel früher aufstehe, als in Deutschland.

Und es stört mich gar nicht. Gut, wir gehen auch die meiste Zeit recht früh ins Bett. Zumindest wenn wir im Van pennen. Aber sonst lohnt es sich halt auch meistens immer. Und wenn dann Sarah noch mit ihrer guten Laune um die Ecke kommt, fällt doch alles gleich leichter :)

Dieser Morgen war ein guter Morgen. Wir sind zurück zum East Cape Leuchtturm gefahren und haben uns dann etwas in Eile die 800 Stufen nach oben gekämpft, um den Sonnenaufgang nicht zu verpassen. Kurz nach dem Aufstehen und auf nüchternen Magen nicht die schnellste Fortbewegung.

Sieben andere Autos standen bereits auf dem Parkplatz, von dem wir letzte Nacht noch verjagt wurden. Kurz vor 7 Uhr waren wir dann oben. Und der Himmel war am Leuchten. Die indirekt angestrahlten Wolken waren dann auch tatsächlich schöner als der Sonnenaufgang an sich. Es war ziemlich windig und frisch. Aber auch hier hat es sich wieder gelohnt, extra früh auszustehen. Das könnte ich eigentlich in Deutschland auch mal machen ;) 

 

Weiter ging es dann nach Wairau. Hier haben wir am Strand gefrühstückt, bevor wir uns die Raukokore Kirche und deren durchaus speziellen Friedhof mit recht einzigartigen Grabsteinen angeschaut haben. Dann noch kurz chillen am Strand von Te Kaha, weil gerade mal die Sonne raus kam. In Ohope endetete der Tag für uns.

Die Kirche Raukokore
und der dazugehörige Friedhof

 

Leider begann der nächste mit Regen. Wir sind nach Whakatane gefahren und haben uns erkundigt, ob es Möglichkeiten gibt, die White Island zu besichtigen. Diese vorgelagerte Insel ist Neuseelands einzig aktive Vulkaninsel. Die Insel ist so aktiv, dass man Teile davon nur mit Atemmaske besichtigen kann. Das klingt nach Abenteuer pur und deshalb bin ich natürlich sofort Feuer und Flamme dafür. Bereits in Deutschland hatte ich im Vorfeld recherchiert, ob der Besuch möglich sei. Der Vulkan ist 2019 das letzte Mal ausgebrochen. Das kostete leider 22 Menschen das Leben, die zu diesem Zeitpunkt dort eine Tour gemacht haben. Seitdem ist die Insel für „Fußgänger“ gesperrt. Und das war auch vor Ort noch so. Rundflüge werden angeboten, aber das war uns keine 249 Dollar wert. Ein bisschen schade fand ich es schon, weil wir die Insel bereits vom Festland aus sehen konnten. Und es kribbelte regelrecht in meinen Fingern. Aber unter den Umständen war das eben keine Option für uns. 

Wir haben die weiße Insel vom Strand aus sichten können

 

Obwohl Whakatane einen echt schönen Eindruck machte und der Strand quasi auch vor der Tür lag, entschieden wir uns weiterzuziehen, denn die Wetterprognose sollte sich nicht so schnell bessern. Wir kamen in Tauranga an, schauten uns die Stadt an und vertrödelten unsere Zeit bei Starbucks, denn es regnete immer noch. Sarah nutzte die Chance und knüpfte den Kontakt zu Jake von Couchsurfing. Jake wohnte etwas außerhalb in einem umgebauten (Schul-)Bus, mit dem er auch ab und an durchs Land reiste. Sein Cousin war zu Gast. Wir quatschten ne Runde und Jake bot uns an, im Bus zu pennen. Da die Raumverhältnisse aber relativ beengt waren, schliefen wir lieber kuschelig nebenan im Van, hatten aber trotzdem einen coolen Abend in Gesellschaft.

Nachdem uns die Laute von bellenden Hunden und meckernden Ziegen geweckt hatten, sind wir nach einer Dusche in Jakes Bus zum Mount Maunganui gefahren. 576 Stufen und 25 Minuten später waren wir oben. An uns sind viele Sportler vorbeigerannt, heute war wohl irgendein offizieller Lauf. Aber generell scheinen die Neuseeländer auch so gern Berge/ Hügel vor der Arbeitszeit zu belaufen. Ist mir schon öfter aufgefallen. Beim Aufstieg blieben wir zum Glück trocken. Im Ort fing es dann aber wieder an, sodass wir Richtung Tairua aufgebrochen sind. 

 

Blick auf Tauranga

Tairua lag nicht wirklich auf unserer Route. Und wir waren ja auch schon mal hier.


Tairua vom Mt. Kenu aus

 

Aber wir trefen auf alte Bekannte, waren wir dort mit den Schweizern verabredet, die wir ganz am Anfang am 90 miles beach kennengelernt hatten und mit denen wir sporadisch die ganze Zeit in Kontakt waren. Die hatten ebenfalls ein ziemlich nettes Apartment während des Lockdowns gefunden und wir wollten sie über´s Wochenende dort besuchen. Ich war dran mit fahren. Es war bereits dunkel und die Auffahrt zum Haus mega steil. Der nasse Boden mit der Kombination der Schwere des Vans führten zu der Situation, dass wir mit Queenie nicht nach oben kamen, ich auf halber Strecke auf der Breme stand und die Handbremse betätigte, aber Queenie trotzdem nach unten rollte. Und ich damit einen Briefkasten, der mit einem Pfahl im Boden steckt, umfuhr, ohne dass ich es gecheckt hab. Oooops. Toller erster Eindruck :D Und tolle Steilvorlage für Klischees... Aber hey, die Jungs nahmen es zum Glück mit Humor. Und wir ließen Queenie dann einfach unten in der Einfahrt stehen.

Wir kochten für alle unser heiß geliebtes Süßkartoffelcurry und bevor wir aßen, haben wir uns alle die Hände vor dem Essen gehalten und unsere Dankbarkeit ausgesprochen. Das war das Ritual der Jungs. Ungewohnt aber irgendwie auch cool. Mit Kartenspielen und Whiskey Cola endete Abend ungewohnt spät.

hinten rechts der Mt.Kenu :)
Während die Boys bei einem Golftunier waren, checkten wir den Mount Kenu aus, den wir bei unserem ersten Besuch hier nicht hoch sind. Natürlich fing es da auch wieder an zu regnen. Wir sind dann noch durch den Ort und irgendwann zurück zur Wohnung. Es war Samstag und wir wollten zu einem Auftritt einer Band. Aber irgendwie war nach der Pasta-Völlerei keiner von uns mehr in Stimmung dazu. War auch nicht weiter schlimm, denn morgen wollen wir ja bereits weiterziehen und da ist es ja ganz praktisch, wenn nicht alle verkatert sind :D 

Bis ganz bald ihr Lieben!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen